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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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bitte schön, ist mein ›reproduktives Echo‹? Irgend eine Metapher, vermute ich, aber wofür? Für meinen Körper, meine – Gestalt? Was mag es sein, das einen Menschen nicht von der Innenausstattung eines Flugzeuges unterscheiden kann und ihn auf eine Stufe mit einem Business-Class-Sessel und einem Feuerlöscher stellt? Eine Maschine? Eine Maschine, die noch nie einen Menschen ›gesehen‹ hat? Die nicht weiß, was ein Mensch ist?
    Mit wem – mit was – habe ich mich soeben unterhalten?
    »Schließen Sie jetzt die Tür!« reißt mich die Stimme in die Wirklichkeit zurück. Ist sie vielleicht gar nicht verzerrt? Ich packe den Griff und schiebe die Tür zu. Sie läuft wie geschmiert, sinkt in die Kabinenwand und verriegelt sich selbst. Von draußen ist ein Geräusch zu hören, einem tiefen, erleichterten Seufzen ähnlich. Ich eile zu einem der Fenster. Die Schleuse leuchtet nicht mehr, hat sich schon über die Hälfte der Distanz in den schwarzen Leib des Schiffes zurückgezogen. Verdammte Scheinwerfer, ich kann es nicht deutlich erkennen. Ist es eine Art Zeppelin? Es besitzt keine Rotoren, aber auch keine Düsen oder Tragflächen, nur einen gigantischen, platten, ovalen Leib, der es aussehen läßt wie ein riesiges Eierbrikett. Unter dem Rumpf ragen Auswüchse aus dem Schiff, von denen ich nicht sagen kann, ob es Landestützen sind oder riesige Gliedmaßen. Sie wirken wie herabhängende Baukräne.
    Das Schiff dreht sich, sinkt gleichzeitig lautlos in die Tiefe zurück. Die Scheinwerfer erlöschen, draußen herrscht wieder Dunkelheit. Alles beim alten. Fast alles. Seetha ist bei ihnen.
    »Hören Sie mich?« fragt die Stimme unerwartet.
    »Ja.«
    »Tun Sie nichts.«
    Sehr hilfreich. »Und was weiter?«
    »Warten Sie.«
    »Teufel auch, das tue ich bereits seit zwei Tagen!« schreie ich ungehalten. »Wie lange denn noch?«
    Ich erhalte keine Antwort.

 
Alphard 15
     
     
    DIE DRUCKWELLE MUSSTE MICH durch den halben Raum bis gegen die Wand geschleudert haben. Meine rechte Körperhälfte fühlte sich an wie von einem Pferd getreten. Es dauerte eine Weile, bis ich in der Lage war, mit den geblendeten Augen wieder etwas zu erkennen. Der Läufer war mitsamt der Treppenflucht verschwunden. An ihrer Stelle klaffte ein enormes Loch, durch das ich ins untere Stockwerk hinabschauen konnte. Die Strahlenwaffe lag neben mir. Ich nahm sie an mich, verbarg sie hinter meinem Rücken. Ein tiefes, unangenehmes Surren erfüllte den Raum, dann wurde der stahlblaue Himmel, der durch die zerstörte Gebäudedecke zu sehen war, von einem gewaltigen Schatten verdeckt, der über den Turm schwebte. Die Unterseite des Draggers glich dem Bauch eines Käfers, schimmerte in metallischem Schwarzblau. Aus seinem Zentrum wuchsen ein halbes Dutzend kranartiger Gebilde, die am Rumpf des Schiffes angewinkelt waren wie die Beine einer toten Spinne. Ihre Enden waren mit Greifzangen versehen, die einen Pottwal hätten umklammern können. Neben diesen gewaltigen Montagearmen gab es eine Vielzahl dicker, tentakelartiger Gebilde, die in so etwas wie Kameralinsen ausliefen, ferner zwei schwenkbare Gebilde, die mich unweigerlich an Zwillingskanonen erinnerten, obwohl sie eine Form besaßen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Die Spitzen dieser Kanonen glühten weiß, waren aber nicht auf das verwüstete Turmzimmer gerichtet. Zwei der Kameratentakel glitten lautlos durch die zerstörte Decke hinab in den Raum. Einer verschwand im klaffenden Boden, der andere schwebte auf mich zu. Ich kroch in die nächstgelegene Ecke. Die Kamera folgte meiner Bewegung.
    »Bleib wo du bist, Stan«, erklang die Stimme eines Lords vom Schiff herab. »Wir werden dich an Bord holen. Wo ist dieser Gamma?«
    Ich hustete mir die Kehle frei. »Das weiß ich nicht«, rief ich.
    »Sei nicht töricht, Stan. Wir werden es ohnehin erfahren.«
    Ich richtete die Strahlenwaffe ohne ein weiteres Wort in die Höhe und schoß. Verfehlen konnte ich den Dragger nicht. Alles, was schwarz glänzte, war das Ziel. Der unsichtbare Strahl hinterließ eine klaffende Schneise im Schiffsrumpf, und aus dem Surren des Antriebs wurde ein mißtönendes Heulen. Die beiden Kameratentakel wurden aus dem Raum gerissen, als der Lord versuchte, sein Schiff aus der Schußlinie zu manövrieren. Einer der kranartigen Unterbauten, den der Energiestrahl ebenfalls durchtrennt hatte, löste sich behäbig vom Schiffsrumpf und stürzte gen Boden. Ein entferntes Krachen zeugte von seinem Aufschlag. Das Lordschiff sackte

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