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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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mich schießt? Zum Glück hatte ich die Möglichkeit, auf den Prill-Klon zurückzugreifen.«
    »Du hast mir das Nasenbein gebrochen!«
    Gamma packte mich am Kragen, zog mich hoch und lehnte mich gegen die Hauswand. Mein Kopf schmerzte, geronnenes Blut verstopfte meine Nasenlöcher und klebte mir im Gesicht. Wir befanden uns in einer engen, bergab führenden Gasse. Sie sah aus wie alle anderen, die wir bei unserer Ankunft in der Stadt durchschritten hatten. Einige der Häuser bildeten stockwerkhohe Brücken, unter denen die Gasse hindurchführte. Die Häuserfenster waren entweder leer oder zugemauert. Es war nicht der Ort, an dem mich Gamma niedergestreckt hatte. Er mußte mich hierhergeschleppt haben. Neben uns vernahm ich das Plätschern von Wasser. Als ich mich erhob, um das Blut abzuwaschen, mußte ich erkennen, daß der Brunnen, von dem es kam, kein Wasser führte. Ich konnte es hören, aber nicht sehen oder fühlen.
    »Die Ebene kollabiert«, erklärte Gamma. »Die Stadt löst sich auf. Ich wollte dir das, was du in wenigen Augenblicken erfahren wirst, ersparen, aber deine Unvernunft war ja dagegen.«
    »O, halt den Mund«, fuhr ich ihn an.
    »Ein wenig mehr Dankbarkeit, wenn ich bitten darf!« entgegnete Gamma. »Normalerweise hätte man dich längst aufgegriffen und die Ebene mit dir verlassen. Dann wäre alles umsonst gewesen, und Norom würde sinnlos vergehen.«
    Ich schwieg, rührte in dem leeren Brunnen herum, in der Hoffnung, eine Handvoll unsichtbares Wasser zu ertasten. »Wo sind die Lords?«
    »Sie observieren die Straßen. Nicht mehr lange, und sie werden uns gefunden haben.«
    »Es sind nur noch neun.«
    »Neun Dragger, aber weiterhin elf Lords«, korrigierte Gamma. »Die beiden, deren Schiffe du getroffen hast, konnten sich retten und befinden sich irgendwo in der Stadt.« Er trat neben mich, zwang mich, ihn anzublicken. »Du solltest wissen, daß ich für dein Überleben nun nicht mehr garantieren kann. Mit unseren Mitteln können wir dich nicht mehr rechtzeitig aus dieser Ebene transferieren. Mein Paragon wäre dazu in der Lage gewesen, aber nicht dieser Prill-Klon. Du wirst wie die Lords mit der Stadt kollabieren.
    Eigentlich wäre das nicht so heikel, denn du würdest dich zusammen mit dem Lord auf unserem Schiff manifestieren. Aber da ist etwas, das ich dir bisher nicht erzählt habe: Wir haben einen Klon von dir unter die Originale gemischt, der seit deinem Aufenthalt in der Bunkerebene deinen Platz unter den Flugzeugpassagieren einnimmt; deinen Alpha-Klon. Er stellt allerdings ein Paradoxon dar, denn er reflektiert zwar ein unmanipuliertes bioneurales Muster, bestätigt dich aber nicht als Original. Das Sublime folgert daraus: du befindest dich an Bord und gleichzeitig nicht an Bord der Maschine. Es wird beim Löschen dieser Ebene mit Sicherheit alle in ihm enthaltenen Aspekte und Komponenten von dir zusammenfügen, um jeden Irrtum in Bezug auf deine Identität auszuschließen.«
    »Und das bedeutet?«
    »Das es fürchterlich zwicken wird, Stan.« Gamma lächelte säuerlich. »Es wird euch vereinen.«
    »Was? Mich und so eine Ektoplasma-Kreatur?! – Zu einer Person?«
    Mein Mentor hob bedauernd die Schultern. »Ich weiß, was du für die Klone empfindest. Ironie des Schicksals, Stan.«
    »Niemals!« keuchte ich. »Niemals! Das lasse ich nicht zu!« Ich lief zur anderen Straßenseite, trat aufgebracht gegen eine Häuserwand, daß der Lehm abspritzte, und marschierte wieder zu Gamma. »Das müßt ihr verhindern, hörst du! Tötet den Klon!«
    »Nein, Stan.«
    »Tötet ihn!« schrie ich. »Vernichtet diese Kreatur!«
    Gamma schüttelte zeitlupenhaft den Kopf. »Es ist zu spät, Stan. Leider ist das noch nicht alles. Wir können nicht voraussagen, wo euch das Sublime als Einheit manifestieren wird. Dein Klon ist im Flugzeug, aber wir befinden uns hier irgendwo im BRAS-Archiv. Dieser Ort ist räumlich nicht ermittelbar. Es wird euch höchstwahrscheinlich irgendwo innerhalb der Altosphäre vereinen.
    Ein Mensch ohne Raumanzug überlebt im natürlichen BRAS-Raum nach unseren Berechnungen sechzig Sekunden. In ihm herrscht ein Unterdruck, der fast schon den Stickstoff in deinem Blut zum Sieden bringt. Der Sauerstoffgehalt im Zentrum der Altosphäre liegt bei vier Prozent. Aufgrund des Unterdrucks empfehle ich dir, nicht nach Luft zu schnappen, selbst wenn der Inkarnationsschock es dir eingibt. Die BRAS-Station liegt zur Zeit auf der Tagseite des Mondes, wodurch die Innentemperatur der Sphäre auf

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