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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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minus 116 Grad Celsius gestiegen ist. Wenn ich dir einen Rat geben darf: schließ die Augen, halt die Luft an und beiß die Zähne zusammen. Die Sphäre besitzt einen Durchmesser von sechzehn Kilometern. Es wird nicht leicht sein, dich innerhalb einer Minute darin aufzuspüren. Wollen wir also hoffen, daß das Timing stimmt.«
    Ein tiefes Brummen ließ uns aufblicken. Über die Häuserzeile glitt wie ein Insekt aus einem japanischen Monsterfilm der schwarze Leib eines Draggers. Er kreiste über der Gasse, schwebte dann langsam tiefer. Ein zweites Lord-Schiff tauchte etwa zweihundert Meter entfernt über der Häuserschlucht auf. Das Surren der Antriebsaggregate brachte den Boden zum Vibrieren.
    Während ich gebannt in die Höhe blickte, versetzte mir Gamma unvermittelt einen kräftigen Stoß, der mich zu Boden warf. »Falls du glaubst, du wärst in einem der Dragger vor dem BRAS-Raum geschützt, dann vergiß es«, sagte er. »Die Schiffe werden ebenso vergehen wie die Stadt. Tut mir leid, Stan. Ich hielt es für angebracht, dich vorzuwarnen. Du wolltest es ja nicht anders.«
    Ehe ich reagieren konnte, hatte Gamma den Strahler gegen sich selbst gerichtet und abgedrückt. Er gab keinen Ton von sich, sah mich nur an, während Prills Körper von der Energie verzehrt wurde. Ich starrte auf die Häuserfront, suchte irgendeine Bewegung, etwas Unsichtbares, das davonlief. Gamma hatte die Strahlenwaffe nicht losgelassen. Sie war mit ihm und dem Schlüssel in Prills Nacken verglüht. Ich erhob mich, meine Beine zitterten. Trotz der lauten Draggerantriebe vernahm ich die Schritte hinter mir. Sie näherten sich langsam von zwei Seiten, ohne Eile.
    Meine Reise war zu Ende.
    Die der Lords auch.
    Ich wußte das. Sie nicht. Daher drehte ich mich um, steckte die Hände in die Jackentaschen und grinste. Jeder der beiden konnte Nikobal sein. Oder Salmeik. Oder Garbol. Sie trugen keine Waffen. Wozu auch, die Dragger schwebten ja über uns.
    »Was ist so lustig, Stan?« fragte der Lord links von mir.
    Ich zuckte die Schultern. »Nichts. Gar nichts.« Ich schüttelte den Kopf, betrachtete meine Stiefelspitzen. »Hat mir einer von euch beiden vielleicht eine Zigarette?«
    Der Himmel färbte sich weiß. Heimlich hatte ich gehofft, daß er schwarz werden würde und mit lautem Glockengeläut das große, finstere Nichts über die Stadt hereinbräche; aber es war ein strahlendes Weiß. Es war weißer als die Albinohaut der Lords, weißer als ihre uniformen Anzüge und so strahlend, daß es die bizarren Schatten ihrer Schiffe auszublenden drohte. Die Helligkeit kam von allen Seiten, nicht nur aus dem Zenit, gleich einer Hohlkugel aus Licht, die rasend schnell kleiner wurde. Die Stadt war ihr Zentrum. Ich war ihr Zentrum! Schade, daß ich nicht auf einem der Türme stehen und es in seiner Gesamtheit überblicken konnte. Es mußte berauschend aussehen, wie es über die Ebene auf die Stadt zufloß, in all seiner Pracht und Endgültigkeit.
    Und die Lords …
    Sie starrten, jeder von ihnen in eine andere Richtung. Der namenlose Fleischberg, dem mein Grinsen mißfallen hatte, riß sich vom Anblick der Lichtwoge los, sah mich an. »Der Zeitstrang löst sich auf«, erkannte er entgeistert. »Was …?« Dann hüllte uns das Licht ein. ›Entgeistert‹ beschreibt anschaulich, was in sein Gesicht geschrieben stand. Ein geistloses »Was?« Mehr nicht. Das Gleißen raubte ihm die Worte. Ich breitete die Arme aus, schloß die Augen, ließ mich fallen.
    Licht.
    Sublime.
    Lux infiniti.

 
Naos 11
     
     
    GLANZ UND GLORIE.
    Die gesamte Kabine hat zu leuchten begonnen. Alle Kontraste verblassen, werden überstrahlt von diesem unirdischen Weiß. Es dringt durch die Lider meiner geschlossenen Augen, durch meine Hände, die ich schützend vors Gesicht hebe. Was machen diese Verrückten? Schießen sie auf das Flugzeug? Bringen sie es zum Schmelzen?
    Ich fühle keine Hitze, taste mit einer Hand blind umher, während ich mit der anderen weiterhin meine Augen vor dem Licht zu schützen versuche. Ich sehe keine Wände mehr, keine Sitze, keine Menschen, stehe in reinem Licht … sinke in reines Licht! Himmel, was geschieht hier? Der Boden gibt unter mir nach! In Panik versuche ich, mich irgendwo festzuhalten, doch da ist nichts, an das ich mich klammern könnte.
    »Aufhören!« schreie ich. »Hört auf damit!« Keine Worte, kein Klang. Ich spucke Licht. Gleite durch das Unterdeck. Der Boden ist wie flüssiges Wachs … Jesus, ich bin unter dem Flugzeug! Ich bin draußen

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