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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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im … Ein letzter verzweifelter Versuch, mich ans Licht zu klammern. Meine Hand fährt haltlos hindurch. Da ist kein Widerstand, der Flugzeugrumpf ist ein Trugbild. Ich habe die Luft angehalten, die Augen weit aufgerissen. Kein Vakuum bläht mich auf, der Kälteschock bleibt aus. Licht auch hier, außerhalb des Flugzeugs. Sein Leib bleibt über mir zurück, eine leuchtende Form in einem strahlend weißen Nichts. Ich kann atmen hier draußen. Aber was ist mit meinen Händen passiert? Das sind doch keine Hände mehr!
    Ich sehe an mir herab, blicke in mich hinein, in einen langen Schlauch aus Licht und transparentem Gewebe. Was geschieht mit mir? Ich bestehe durch und durch aus Gallert und Licht. Keine Knochen mehr, keine Muskeln, keine Blutgefäße …
    Bin ich das dort unten? Kilometerweit entfernt, ein anderes Ende von mir … Nein, nicht …
    Freier Fall!
    Mein anderes Ich und ich selbst schießen aufeinander zu, wie straff gespannte Gummibandenden, die man gleichzeitig losgelassen hat … O, das geht nicht gut, das geht nicht gut, das geht viel zu schnell… diese Geschwindigkeit ist reiner Wahnsinn!
    Aufhören, bitte! Das wird ganz gehörig …
     
    Welch ein Schmerz! Was für eine Vereinigung! Hitze, Kälte, sämtliche Körperatome sprengen wild auseinander. Ein Urknall der Zellen. Ein Sturm aus Bildern und Gefühlen. Alles ist fremd und vertraut zugleich. Eine zweite Seele in mir. Ein zweiter Mensch … Hallo, Stan, hallo, Stan …
    Ordnung, Ordnung, Ordnung …
     
    Licht. Weiterhin strahlendes Licht und Stille. Meine Sinne suchen eine Form, einen Ton. Vergebens. Ich summe eine Melodie. Sie klingt dumpf und falsch. Aber das läßt mich zumindest erkennen, daß ich nicht taub bin. Und auch nicht blind. Blinde sehen nicht weiß. Oder? Ich hebe eine Hand. Fünf Finger, hautfarben (ja, so sieht eine Hand aus!), ein wenig zu kränklich im Teint. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter, wenn ich an diesen organischen Schlauch denke, den ich noch vor Sekunden verkörpert habe. Eine Ranke, ein Menschenstrang. Ekelhaft anzusehen. Ekelhaft anzufühlen. Ein Ding, das nicht sein darf. Auch jetzt noch. Ich bin ein halber Klon. Es ist widerlich! Danke, Stan. Fühlst dich auch nicht anders an als sonst.
    Ektoplasma … Ich könnte kotzen. Ob das Sublime erfreut wäre, wenn ich mich in sein universelles Weiß erbrechen würde?
    Die Luft, die ich atme, besitzt kein Aroma. Sie ist weder warm noch kalt. Um mich herum ist nichts zu erkennen, die einzige Geräuschquelle ist mein Körper. Weder das Flugzeug, noch Norom sind zu sehen. Ebensowenig ein Lord, der mein Schicksal teilt. Ich bin allein. Wie lange bin ich schon hier? Habe kein Zeitgefühl mehr. Meine Sinne haben sich beruhigt, mein Kreislauf ebenfalls. Bin ich in der Krankenstation des Sublime? Drei Tage Ruhe in der Rekonvaleszenzebene?
    Ich habe es mir anders vorgestellt. Das Sublime ist nichts. Das Sublime ist trostlos. Ich schwebe ziellos dahin, ordne weiterhin Gedanken. Bin ich tot? Hat mich einer der Lords in letzter Sekunde abgeknallt, und ich hab’s nicht gemerkt? Erhabenes Etwas, hast du mitgekriegt, daß ich hier bin? Mach bitte keine halben Sachen, ja? Hallo? Antworte mir!
    Pah! Das Sublime ist taub. Wo bleibt Gamma mit dem Rettungsteam?
     
    Mein Puls beginnt zu rasen, als ich die Kälte spüre.
    Das Licht schwindet und mein gesamter Körper wird von einer Kraft erfaßt, die mich auseinanderzureißen droht. Tränen schießen mir in die Augen, gefrieren an meinen Wimpern zu Eis. Mein Hals schwillt an und mein Bauch bläht sich auf wie der einer Schwangeren. Ich habe die Augen durch den Schock weit aufgerissen, fürchte, jeden Moment das Platzen meiner Lungen zu spüren. Die Kälte wird unvorstellbar, die Finsternis vollkommen und der zerrende Unterdruck zu einer Offenbarung aus Schmerzen. Ich balle mühsam die fast erfrorenen Hände zu Fäusten, fühle, wie mir die Luft und das Blut aus dem Körper gezogen werden. Schleim quillt mir aus der Nase, verklebt in meinem Gesicht sofort zu einem eisigen Brei. Ich versuche, meine Augen zu schließen, aber es ist nicht mehr möglich.
    Vielleicht sterbe ich …
    Sterbe ich?
    Sterbe ich?
    Verdammt, antwortet mir, ihr fetten Kreaturen in euren Draggern! Ist das der Preis? Zerebrale Neustrukturierung der Manipuliermasse durch Hirntod? Ah, ich ahne, was ihr mir weismachen wollt! Nichts sei wahr gewesen, ich selbst nur ein Muster. Super-Stan-Paragon, ready to take off. Gamma Tango Charly, over and out! Die Propeller stehen

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