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Lord Gamma

Lord Gamma

Titel: Lord Gamma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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bevölkerten die Station, aber außer Zoë und den drei aufgetakelten Gestalten, die zu Beginn an mir vorbeigewandelt waren, hatten wir keinen von ihnen gesehen. Wußte der Lord von meiner Anwesenheit? War das Mädchen eine Falle?
    »Wo sind die Leute?« wollte ich wissen, als ich das Gefühl hatte, wir liefen ziellos im Karree.
    »Im Club«, lautete die knappe Antwort.
    »Alle?«
    »Frederick legt Wert darauf, daß die Oberschicht vollzählig anwesend ist.« So, wie Zoë sprach, hatte sie sich mittlerweile mit meiner Amnesie abgefunden.
    »Die Oberschicht?« wunderte ich mich. »Was soll das sein?«
    »Oben ist oben, unten ist unten. Was ist dir eigentlich auf den Kopf gefallen, Stan? Die Oberschicht bevölkert diese Ebene, die Unterschicht logischerweise die Ebene unter uns.«
    Zwei Ebenen? Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Und – wer bestimmt, wer zu welcher Schicht gehört?«
    »Babalon.«
    Noch ein Name, der mir nicht geläufig war. Konnte es sein, daß diese Kolonie von zwei Lords geführt wurde? Das wäre eine völlig neue Perspektive. Zwei Ebenen, zwei voneinander getrennte Bevölkerungsschichten, zwei Bunkerherren.
    Ich fragte: »Kennst du Babalon?«
    »Jeder kennt Babalon.« Zoë warf einen Blick über ihre Schulter. »Zumindest fast jeder …« Sie blieb stehen, stemmte dann die Hände in die Hüften. »Na, worauf wartest du? Willst du erst anklopfen, ob du vielleicht schon zu Hause bist?«
    Ich sah auf die Tür, neben der sie stand. »Eine hervorragende Idee!« Ich packte das Mädchen am Arm, postierte mich so, daß man mich von der Tür aus nicht gleich sehen konnte, hob die Pistole und schlug mit dem Griff gegen das Holz.
    »Du bist völlig bescheuert!« kommentierte Zoë.
    Eine Weile blieb alles ruhig, dann betätigte jemand hinter der Tür den Öffnungsmechanismus. Das Mädchen spannte sich und hielt die Luft an. Eine Sekunde später schwang die Tür auf, und mein Ebenbild – nur in Flanellhose und mit einer Zahnbürste im Mund – blickte auf den Flur hinaus. Der Stan-Klon sah zuerst Zoë, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Ehe er jedoch die Tür wieder zuschlagen konnte, fiel sein Blick auf mich.
    Das Mädchen starrte mit aufgerissenen Augen meinen Doppelgänger an, dieser mit ungläubigem Staunen auf mich. Das waren die Augenblicke, die ich liebte!
    »Hi, Stan!« begrüßte ich mich und hob die Pistole. »Ich möchte mir ein paar Klamotten von dir borgen.«
     
    Stan II verdaute die Tatsache, einen Doppelgänger zu haben, nach dem ersten Schock relativ gut. Ganz im Gegensatz zu Zoë, die mit kreidebleichem Gesicht in einem Schalensitz saß und kein Wort mehr von sich gegeben hatte, seit wir die Wohnung meines Alter Egos betreten hatten. Stan II tat so, als hätte er sich unter Kontrolle. Zumindest anfangs. Es hätte mich gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Trotzdem hatte ich beide sicherheitshalber gefesselt, bevor ich ein Bad genommen und mich rasiert hatte und nun in den Schränken nach passender Kleidung kramte. Der Zustand, sich kaum bewegen zu können, trieb Stan II den Schweiß auf die Stirn. Zuerst glaubte ich, er müsse pinkeln, dann, er habe tatsächlich Angst. Als ich ihn fragte, nannte er inneren Streß als Ursache.
    »Sie verstehen das nicht, um Gottes Willen«, jammerte er. »Ich muß in den Club! Ich muß!«
    »Sei still, verdammt noch mal!« fuhr ich ihn an. »Das ist ja erbärmlich! So kenne ich mich gar nicht. Als ob sich Frederick aus deinem Magen eine Mütze und aus deinen Därmen Schnürsenkel machen wird, wenn du nicht auftauchst. Fein rasiert bist du übrigens. Und dieses Parfum; welche Marke ist das? Riecht wie Sojasoße mit einem Schuß Hustensaft.«
    Stan II ließ deprimiert den Kopf hängen.
    »Was hättest du heute angezogen?« fragte ich und warf ihm ein Kleiderbündel vor die Füße. »Denk nicht lange nach, du weißt es doch.«
    Er nickte in Richtung eines freistehenden Kleiderständers, auf dem ein beiger Gesellschaftsanzug hing.
    »Dieses Ding?« Sprachlos lief ich hinüber. »Und das hier auch?« wollte ich wissen, wobei ich einen Schlips und ein paar Lackschuhe in die Höhe hob.
    Stan II zuckte mit den Schultern.
    »Puh, du lieber Gott. Aber wenn’s sein muß …«
    Der Kopf meines Doppelgängers zuckte hoch. »Wenn was sein muß? Wollen Sie etwa …?«
    Ich zog mir einen Hocker herbei und setzte mich, nur mit Unterhose bekleidet, den beiden gegenüber. »Genau das will ich, Stan. Du bis eine wahre Leuchte. Wann mußt du im Club

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