Lord Gamma
beruhigte es sich, wie die Oberfläche eines Sees, die sich nach einem Steinwurf wieder glättet. Was übrig blieb, war ein kugelrundes Nichts.
Ich pfiff anerkennend durch die Zähne. Mein Mentor hatte nicht zuviel versprochen. Nach und nach produzierte ich elf weitere Materielöcher in der Landschaft, wobei ich mich bemühte, die Intensität des Strahls von Schuß zu Schuß zu erhöhen. Der letzte Einschlag besaß einen Durchmesser von gut vier Metern. Zufrieden ließ ich die Waffe sinken und schaute mich um. Der Wüstenboden sah aus wie nach einem Meteoritenschauer.
»Okay, Gamma«, murmelte ich. »Wir sprechen uns, das verspreche ich dir!«
Am nächsten Bunker sah alles aus wie immer, das Betondach war ein beliebig austauschbares Motiv in der Landschaft. Die Luft roch nach nichts, die Stille lastete über allem. Kein Läufer war zu sehen. Falls man mich tatsächlich erwartete, dann zumindest nicht mit Schlachtrössern und Kanonen. Während der Fahrt hatte ich entschieden, den Eingangsbereich – schon aufgrund der Erfahrung in der zurückliegenden Station – außer acht zu lassen. Statt dessen würde ich einen der Lüftungskamine benutzen, um ins Innere zu gelangen.
Nachdem ich den Wagen am Fahrbahnrand geparkt hatte, suchte ich aus dem Kofferraum die Ausrüstung für den Abstieg zusammen: ein starkes Nylonseil und Schraubkarabiner, Abseilbremsen, einen Sitzgurt, ein Stirnband mit einer altmodischen Xenonlampe, eine Brechstange und ein kleines Etui mit Werkzeug. Dazu zwei Paar Steigklemmen, ein taschenbuchgroßes Kopiergerät und zu guter Letzt den Schlüssel. Bis auf die Brechstange verstaute ich alles in einem Rucksack.
Nacheinander inspizierte ich die Belüftungsaufbauten. Wie auf jedem Stationsdach gab es zwölf etwa einen Meter hohe Entlüftungskamine und einen gewaltigen Belüftungsschacht, der vier Meter aus dem Dach emporragte und über fünfzehn Meter Durchmesser besaß. Der Belüftungsschacht war durch ein solides, schweres Metallgitter gegen das Eindringen von Fremdkörpern geschützt. Mit dem Brecheisen hatte ich keine Chance, es aufzustemmen und einen Durchlaß zu schaffen, der mir ein Hineinschlüpfen erlaubte. Hinzu kamen Luftfiltermatten, die schachtabwärts im Abstand von jeweils fünf Metern installiert waren. In etwa zwanzig Metern Tiefe folgte dann die offene Zuluft-Turbine mit ihren riesigen Rotoren, die einen Menschen zu Tatar verarbeiten konnte, wenn er den Halt verlor und hineinstürzte. Der Belüftungsschacht schied definitiv aus.
Meine Spezialität waren die Entlüftungskamine. Sie stanken wie die Hölle, besaßen etwa eineinhalb Meter Durchmesser, waren nur durch leichte Gitter verschlossen und führten hindernislos in die Tiefe. Das einzige Problem waren auch hier die Ventilatoren an ihrem Ende. Gegenüber dem Rotor-Ungeheuer im Zuluftschacht glichen sie jedoch harmlosen Propellern, die selbst ein stabiler Stiefel zu stoppen vermochte.
Mit dem Stemmeisen hebelte ich das Gitter eines Schachtes aus, von dem ich annahm, daß er in eine etwas weiter abseits gelegene Zone des Bunkers führte. Das Stemmeisen trug ich zum Wagen zurück, es war zu schwer und zu sperrig, um es mitzuschleppen. Nach einem Rundblick über die Wüste aktivierte ich das Kraftfeld, um zu verhindern, daß die Läufer den Wagen in seine Bestandteile zerlegten, während ich mich in der Station aufhielt.
Wieder am Kamin angelangt, legte ich den Sitzgurt und das Stirnband mit der Lampe an, schlang das Nylonseil um den Kamin und führte es durch die Abseilbremse. Dann befestigte ich den Sitzgurt am Seil, beugte mich über den Schacht und warf einen Blick nach unten. Ein atemberaubender Gestank blies mir ins Gesicht; Rauch, Schweiß, Parfüm, Essen, Fäkalien, Haarspray. Der gebündelte Strahl der Lampe erfaßte die Rotoren am Schachtende. Ihr Surren erinnerte an einen Hornissenschwarm. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß das Seil am Kamin festsaß und dieser meinem Gewicht standhalten würde, überprüfte ich den Sitz meiner Waffen und ließ mich langsam in den Schacht hinabgleiten.
Vor Jahren hatte ich mich (auf der Erde) mit Freunden in den Incredible Pit abgeseilt, einen senkrechten, 135 Meter tiefen Schacht der Ellison’s Cave in Georgia. Ihm gegenüber verlor sich ein fünfzig Meter tiefer Lüftungskamin in Bedeutungslosigkeit. Nach einer Minute erreichte ich die Ventilatoren, spreizte die Beine und fand beidseitig des Turbinengehäuses Halt. Vor mir befand sich die Verschlußklappe des
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