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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Döschen mit Nasenpulver, auf dem der Name des Apothekers stand.
    »Und dann möchte ich davon auch noch ein Döschen«, sagte sie. »Das Zeug ist wirklich ausgezeichnet – einfach wunderbar. Ich nehme es seit Jahren und bin einfach begeistert. Und allen meinen Freundinnen empfehle ich es auch, besonders gegen Heuschnupfen. Eine von ihnen kommt übrigens oft hier an Ihrer Apotheke vorbei, und sie hat mir erst gestern erzählt, was sie mit ihrem Heuschnupfen immer durchzustehen hat. ›Meine Liebe‹, hab ich zu ihr gesagt, ›du brauchst dir nur mal ein Döschen von diesem hervorragenden Zeug zu kaufen, dann hast du den ganzen Sommer nichts mehr damit zu tun.‹ Sie war mir ja so dankbar, daß ich ihr das gesagt habe. War sie wohl schon hier?« Und damit beschrieb sie Mary Whittaker, so gut sie konnte.
    Man wird inzwischen schon festgestellt haben, daß im Kampf zwischen Miss Climpsons Gewissen und dem, was Wilkie Collins das »Detektivfieber« nennt, das Gewissen auf der Strecke blieb und bei den ungeheuerlichsten Lügen, die es früher sofort auf den Plan gerufen hätten, nur noch Augen und Ohren verschloß.
    Der Apotheker aber hatte Miss Climpsons Freundin noch nie zu Gesicht bekommen. Folglich blieb ihr nichts anderes übrig, als das Feld zu räumen und darüber nachzudenken, was sie als nächstes tun wollte. Miss Climpson verließ den Laden, doch vor dem Hinausgehen ließ sie heimlich ihren Hausschlüssel in einen großen Korb mit Badeschwämmen fallen, der neben ihr stand. Vielleicht, so überlegte sie, brauchte sie einen Vorwand, um die South Audley Street noch einmal aufzusuchen.
    Ihr Gewissen seufzte tief, und ihrem Schutzengel tropfte eine Träne auf die Badeschwämme.
    Miss Climpson ging in die nächste Teestube am Weg, bestellte eine Tasse Kaffee und versuchte sich einen Plan zurechtzulegen, wie sie die South Audley Street am besten durchkämmen könnte. Sie brauchte dazu erstens einen Vorwand – und zweitens Verkleidung. Wagemut wallte auf in ihrem welken Busen, und so fiel ihr erstes Dutzend Ideen denn auch mehr abenteuerlich als praktisch aus.
    Zu guter Letzt aber kam ihr doch noch ein wirklich blendender Gedanke. Sie war (das versuchte sie gar nicht vor sich selbst zu verbergen) genau der Typ, den man sich ohne weiteres mit einer Sammelbüchse in der Hand vorstellen kann. Überdies konnte sie sogar mit einem guten Zweck aufwarten. Die Kirchengemeinde, der sie in London angehörte, unterhielt eine Mission für die Elendsviertel, die dringend Geld benötigte, und Miss Climpson besaß noch eine Anzahl Spendenkarten mit dem Vermerk, daß sie uneingeschränkt berechtigt war, Spenden für besagte Mission entgegenzunehmen. Was war natürlicher, als hier in dieser vornehmen Wohngegend eine Haussammlung zu versuchen?
    Die Frage der Verkleidung war auch nicht so schwierig, wie man hätte meinen mögen. Miss Whittaker kannte sie nur gut gekleidet und von wohlhabendem Aussehen. Klobige Schuhe, ein Hut von ebensolcher Häßlichkeit und ein schlecht sitzender Mantel nebst Sonnenbrille würden sie von weitem völlig unkenntlich machen. Ob sie von nahem erkannt würde, spielte keine Rolle, denn wenn sie Mary Whittaker erst Auge in Auge gegenüberstand, war ihre Aufgabe erfüllt – dann hatte sie das Haus gefunden, das sie suchte.
    Miss Climpson stand auf und bezahlte. Dann eilte sie, die Sonnenbrille zu kaufen, denn ihr fiel ein, daß Samstag war. Nachdem sie eine gefunden hatte, die ihre Augen genügend verbarg, ohne gleich allzu geheimnisvoll zu wirken, kehrte sie in ihre Wohnung am St. George’s Square zurück, um für ihr Abenteuer die geeignete Kleidung auszuwählen. Daß sie mit ihrer Arbeit nicht vor Montag beginnen konnte, wußte sie natürlich – der Samstagnachmittag und Sonntag sind aus der Sicht des Spendensammlers einfach hoffnungslos.
    Mit der Auswahl der Kleidung und sonstigen Zutaten war sie den größten Teil des Nachmittags beschäftigt. Als sie endlich mit sich zufrieden war, ging sie hinunter zu ihrer Hauswirtin, um sie um etwas Tee zu bitten.
    »Aber natürlich, Miss«, sagte die gute Frau. »Aber ist das nicht schrecklich, Miss, mit diesem Mord?«
    »Was für ein Mord?« fragte Miss Climpson uninteressiert.
    Die Wirtin reichte ihr die Evening Views, und dort las sie den Bericht über Vera Findlaters Tod.
    Der Sonntag war der schlimmste Tag, den Miss Climpson je erlebt hatte. Sie, die aktive Frau, war zur Untätigkeit verdammt und hatte ausgiebig Zeit, über die Tragödie nachzudenken. Da

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