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Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes

Titel: Lord Peter 03 - Keines natürlichen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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die alte Dame versehentlich oder absichtlich zu Tode erschreckt wurde.«
    »Schon – und so oder so wäre das juristisch gesehen kein Mord. Jedenfalls lohnt sich’s, glaube ich, sich die Sache einmal näher anzusehen. Dabei fällt mir etwas ein.« Er läutete. »Bunter, würden Sie einen Brief für mich zur Post bringen?«
    »Gewiß, Mylord.«
    Lord Peter zog einen Schreibblock zu sich her.
    »Was willst du schreiben?« fragte Parker, indem er ihm amüsiert über die Schulter sah.
    Lord Peter schrieb:
»Ist die Zivilisation nicht etwas Wunderbares?«
    Er unterschrieb diesen simplen Satz und steckte das Blatt in einen Umschlag.
    »Wenn du vor albernen Briefen sicher sein willst, Charles«, sagte er, »trag dein Monomark-Zeichen nicht im Hut spazieren.«
    »Und was schlägst du als nächstes vor?« fragte Parker.
    »Du willst mich doch hoffentlich nicht zu Monomark schikken, um den Namen eines Kunden zu erfahren! Ohne amtlichen Auftrag ginge das nicht, und die würden wahrscheinlich einen furchtbaren Krach machen.«
    »Nein«, antwortete sein Freund, »ich gedenke nicht, das Beichtgeheimnis zu verletzen. Jedenfalls nicht in diesen Gefilden. Aber wenn du dich für einen Augenblick von deinem mysteriösen Brieffreund losreißen könntest, der wohl sowieso keinen Wert darauf legt, gefunden zu werden, würde ich dich bitten, mit mir eine Freundin zu besuchen. Es dauert nicht lange. Ich glaube, sie wird dich interessieren. Ich – eigentlich bist du sogar der erste, den ich zu ihr mitnehme. Sie wird sehr gerührt und erfreut sein.«
    Er lachte ein bißchen verlegen.
    »Oh«, machte Parker, peinlich berührt. Obgleich sie so gute Freunde waren, hatte Wimsey doch stets seine Privatangelegenheiten für sich zu behalten gewußt – nicht indem er sie versteckte; er ignorierte sie einfach. Diese Enthüllung jetzt schien eine neue Stufe der Vertrautheit einzuleiten, und Parker wußte nicht recht, ob ihn das freuen sollte. Er selbst lebte nach den kleinbürgerlichen Moralvorstellungen, die er seiner Abstammung und Erziehung verdankte, und wenn er auch theoretisch anerkannte, daß in Lord Peters Welt andere Maßstäbe galten, so hatte er sich noch nie gewünscht, praktisch damit konfrontiert zu werden.
    »– eigentlich ein Experiment«, meinte Wimsey gerade etwas schüchtern. »Jedenfalls sitzt sie jetzt ganz gemütlich in einer kleinen Wohnung in Pimlico. Du kannst doch mitkommen, Charles, ja? Ich möchte wirklich, daß ihr beide euch kennenlernt.«
    »Ja, ja, natürlich«, sagte Parker eilig. »Sehr gern. Äh – wie lange – ich meine –«
    »Ach so, nun, die Sache läuft erst seit ein paar Monaten«, sagte Wimsey, schon auf dem Weg zum Lift, »aber sie scheint sehr erfreulich zu funktionieren. Das erleichtert mir natürlich so einiges.«
    »Natürlich«, sagte Parker.
    »Aber du verstehst, daß ich – mich über die Einzelheiten erst auslassen möchte, wenn wir da sind, und dann siehst du ja selbst«, plauderte Wimsey weiter, indem er unnötig wuchtig die Fahrstuhltür zuknallte, »aber wie gesagt, du wirst feststellen, daß es sich um etwas völlig Neues handelt. Ich glaube nicht, daß es etwas in genau der Art schon einmal gegeben hat. Natürlich, es geschieht nichts Neues unter der Sonne, wie schon Salomo sagte, aber ich möchte behaupten, daß ihm da die vielen Weiber und Kohlkusinen, wie der kleine Junge sagte, ein bißchen die Optik getrübt haben, meinst du nicht?«
    »Sicher«, sagte Parker. Armer Irrer, fügte er im stillen an; daß sie doch immer glauben, bei ihnen wär’s ganz was anderes!
    »Ein Ventil«, sagte Wimsey, und dann energisch: »Hallo, Taxi! … Ein Ventil – jeder braucht ein Ventil – St. George’s Square 97 A – und man kann den Leuten eigentlich keinen Vorwurf machen, wenn sie doch wirklich nur ein Ventil brauchen. Ich meine, warum schimpfen? Sie können doch nichts dafür. Ich finde es viel netter, ihnen ein Ventil zu geben, als sich in Büchern über sie lustig zu machen – und ein Buch zu schreiben ist ja nun wirklich nicht schwer. Besonders, wenn man entweder schlechte Geschichten in gutem Englisch oder gute Geschichten in schlechtem Englisch schreibt, und darüber scheint man heutzutage ja nicht mehr hinauszukommen, findest du nicht auch?«
    Mr. Parker pflichtete ihm bei, und Lord Peter schweifte in die Gefilde der Literatur ab, bis das Taxi vor einem dieser großen, schrecklichen Häuser anhielt, die einst für viktorianische Familien mit nimmermüder Dienerschaft gedacht gewesen

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