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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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ein mörderisches Gefecht stattgefunden, da die
Ohnmächtigen herumlagen, als seien sie Leichen. Er ahnte nur, daß irgend etwas
an ihm... Er schaute an sich hinab, er sah nichts als ein bleiches Skelett —
und da verlor auch dieser abgebrühte Halunke die Fassung. Er schlotterte, die
Pistole fiel aus seiner Knochenhand. Jetzt wäre er kaum fähig gewesen, mir
Widerstand entgegenzusetzen, wenn ich ihn gepackt hätte. Doch ich kam nicht
dazu.
    Ein
anderer, der durch solch grauenvollen Anblick nicht einzuschüchtern war,
spielte mir einen Streich: der Große Koyote. Eigentlich hielt sich dieser
geheimnisvolle Feind Onkel Rabs ja immer irgendwo im Hintergrund. Jetzt aber
schoß er um eine Hausecke — alles lief so schnell ab, daß ich auch heute noch
nicht weiß, was zuerst geschah.
    Ich
hörte Onkel Rab am Galgen kreischen: der Große Koyote versuchte, ihn in die
zappelnden Kaninchenbeine zu zwicken. Onkel Berni setzte über den Platz — der
Große Koyote kniff den Schwanz ein. Rascher, als ich denken konnte, war er beim
Tödlichen Colt, kläffte ihm irgend etwas zu — ich
verstand nicht, was — doch packte das Tödliche-Colt-Gerippe den Großen Koyoten
am Schwanz. Gemeinsam spurteten sie in einer Art Hürden-Hindernislauf über die
Körper der ohnmächtigen Zuschauer: da stand noch der prächtige schwarze
Mustang. Das Skelett warf sich in seinen Sattel, gab ihm die Knöchel-Sporen —
die Hufe donnerten, Pferd, gespenstischer Reiter und Koyote verschwanden in der
Straße. Die Häuser entzogen sie unseren Blicken. Sie waren geflüchtet, bevor ich
es noch recht wahrgenommen hatte. Und doch hörte ich noch den Fluch des
Tödlichen Colts, er kam mir erst hinterher — in der Erinnerung — zu Bewußtsein:
»Rache! — Rache!« Ich konnte ihm eine gewisse Achtung nicht versagen, daß er
auch in dieser für ihn so unbehaglichen Lage seinen beschränkten Verstand so
rasch wieder beisammen hatte.
    Das
Weitere ist rasch berichtet. Tante Turkie flog auf den Ast des Galgenbaumes,
zerhackte mit ihrem scharfen Schnabel den Strick. Onkel Rab plumpste zunächst
wie ein Sack herab, kam aber dann geschickt wie eine Katze auf dem Boden auf.
Er nahm den Hut ab, verbeugte sich, schwenkte seine Kopfbedeckung und rief
»Hepp !« , als sei er ein Zirkuskünstler. Da war es
wirklich bedauerlich, daß ihn fast niemand sah, weil kaum einer bei Besinnung
war. Und wer nicht in Ohnmacht lag, der war reichlich benommen von allem.
    Doch
nach und nach hoben einige die Köpfe, schauten sich um wie nach einem Traum.
Sie standen auf und gingen verwirrt umher. Da ließ ich (dankbar für die Nuggets
meines Freundes, des Häuptlings Blinde-Kuh) unter dem Galgenbaum Freibier und
Whisky ausschenken. Immer höher stieg ich dadurch in der Achtung des Wirtes vom
Hotel Weite Prärie. Und diejenigen Bürger, Männer und Frauen, die jetzt langsam
ins bewußte Dasein zurückkehrten, versetzte ich schleunigst wieder in einen
Zustand leichter Beneblung. Ich tat es nicht leichtsinnig, sondern in der
Hoffnung, daß der milde Rausch wie eine sanfte Medizin wirke.
    Und
das tat er auch.

Der Clown
     
    Ich
selber entsinne mich kaum noch, wie wir uns trennten. Es mochten wohl einige
Stunden vergangen sein, ehe die letzten Zuschauer nach Hause gewandert waren,
die meisten leise summend und keiner sicher auf den Beinen.
    Doch
weiß ich bestimmt, daß Mr. Miller seine schöne Frau, die mit ihrem roten Tuch
nirgends zu übersehen war, eng unterfaßte und eifrig auf sie einredete.
Mehrmals schauten sie zu uns — oder genauer: zu Onkel Rab — herüber. Dann
steckten sie wieder die Köpfe zusammen und tuschelten.
    Onkel
Rab bemerkte es auch, es machte ihn vergnügt. Er benahm sich ein wenig albern
und geziert — auffälliger, als es sich für einen Lord Shnatterman geziemt —
selbst dann, wenn er aus dem Jenseits zurückgekehrt war.
    So
riefen ihn denn auch Onkel Berni und Tante Turkie mehrmals zur Ordnung, doch
ohne Erfolg.
    Zirkus-Joe
sprach dem Whisky mehr zu, als mir lieb war. »Was wird aus Ihrer Vorstellung,
wenn Sie morgen einen dicken Kopf haben ?« fragte ich
ihn. Er winkte in der großspurigen Art derer, die einen in der Krone haben, ab:
»Mohogen biin iisch wilder auf Draht...« behauptete er. »Da kennen Sü dön altön
Joe niischt...« Und außerdem meinte er: »Wö-wönn überhaupt noch jömand kommmmmt !«
    Schließlich
zog ihn Little-Byrd ins Haus, führte ihn zu seinem Bett, wo sie ihn nur
umschubste. Da fiel er hinein und versank in tiefen Schlaf. Sie

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