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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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vergeht nicht .«
    Wenn
ich auch nicht für Onkel Rabs Leben fürchtete — hatte er denn überhaupt ein
Leben? — so war mir trotzdem nicht wohl, wenn ich an den Spektakel dachte, den
es geben würde. Am liebsten wäre ich weit fort gewesen.

Am Galgen
     
    Ich
überschlage nun alles, die schlaflose Nacht, die ich verbrachte, die bangen
Morgenstunden... ich überschlage die Vorbereitungen zur Hinrichtung meines
lieben Rab.
    Sie
war auf die elfte Vormittagsstunde angesetzt. Es war ein graufeuchter Tag, so
recht geeignet für eine derart unerfreuliche Veranstaltung.
    Schon
ab zehn Uhr füllte sich der Platz. Ich meinte, es kamen sogar besonders viele
Leute, als sie hörten, wer der Verbrecher war, der da baumeln sollte.
Wahrscheinlich wären viele Frauen und Kinder, vielleicht auch einsichtige
Männer dem abscheulichen Schauspiel ferngeblieben, wenn der Strick auf einen
normalen Pferdedieb gewartet hätte, auf einen armseligen, unglücklichen Cowboy
oder Landstreicher. Aber bei Onkel Rab war das wohl etwas anderes. Meine
Vorfahren erschienen — mit Recht — der ganzen Bevölkerung als so absonderlich,
daß die Neugier stärker war als Mitleid oder Entsetzen.
    Von
oben, aus meinem Zimmer, war es ein sehr buntes Bild, das der Galgenbaumplatz
bot. Zwar trugen die Männer meist braune und graue Anzüge, auch braune Hüte,
desto farbiger waren aber die Frauen gekleidet, mit leuchtenden Röcken,
duftigen Blusen, Jacken und Kopftüchern. Und dazwischen wimmelten Kinder jeden
Alters in großer Zahl.
    Es
fehlte uns freilich auch nicht an Teilnahme. Während sich der Wirt des Hotels
nicht so recht zu entscheiden vermochte, was für ein Gesicht er machen sollte
angesichts der Tatsache, daß ein Gast seines Hauses in der befremdlichen
Gestalt eines Kaninchens zum Galgen kam, so gelang es mir nur schwer,
Zirkus-Joe, und Little-Byrd zu beruhigen, die mir fast pausenlos mit den
verrücktesten Plänen zur Rettung von Onkel Rab in den Ohren lagen und meinen
zur Schau getragenen Gleichmut nicht zu verstehen vermochten.
    Immerhin
aber ahnten sie, daß die Hinrichtung wohl nicht so enden würde, wie sich das
der Tödliche Colt wünschte. Viel schwieriger noch war das Gespräch mit Mr.
Miller und seiner schönen, schwarzhaarigen Frau Millie — Onkel Rab hätte vor
Glück geglüht, wäre er Zeuge dieser Zusammenkunft gewesen. Und einmal kam mir
der Verdacht, daß Onkel Rab das ganze Schauspiel raffinierterweise absichtlich
veranstaltet hatte, um auf Mrs. Miller eine so nachhaltige Wirkung zu erzielen:
diese Aufwallung der Gefühle.
    Doch
lasse ich es bei diesen Andeutungen bewenden, um die Hinrichtung selber zu
schildern. Der Tödliche Colt, als falscher Sheriff, hatte sehr laut überall
verkündet, daß er ein Beispiel unnachsichtiger Gerechtigkeit geben wolle. Er
hatte jedem, der es hören oder nicht hören mochte, klar gemacht, daß er nur dem
Gesetz diene... und was derartiger Sprüche mehr sind, die im Munde eines
Verbrechers dadurch nicht besser werden, daß er sie ständig wiederholt.
    Kurz,
er tat alles, was Onkel Rab gewünscht hatte, denn auch die Erfüllung letzter
Wünsche gehörte zu dem Mäntelchen unbestechlicher Gerechtigkeit, das er sich
umhängte.
    Er
hatte selbst den schwarzen Mustang zum Sheriff-Office geritten. Nun stand das
rassige Tier vor der Tür, mit glänzendem Fell, leuchtenden Augen, nervösen Nüstern,
kräftiger Mähne, federndem Hals... wie gut verstand ich Onkel Rab. Ich
verweilte kurz vor dem Pferd, als ich die Gitarre in das Office brachte. Der
Tödliche Colt nahm mir das Instrument auf der Schwelle ab, er ließ mich nicht
eintreten, wies auch meine Bitte, den Verurteilten noch einmal zu sprechen,
kurzerhand ab. »Er bekommt jetzt seine Henkersmahlzeit«, brummte er barsch und
überaus hochnäsig. »Da darf er nicht gestört werden. Und im übrigen hat er
unter dem Galgen noch Gelegenheit, drei letzte Worte an Sie zu richten .«
    Ich
dachte mir, daß der falsche Sheriff wohl ein Galgenbaumwunder erleben würde, an
dem er wenig Vergnügen fände, drehte mich schweigend um und ging zu meinen
Freunden. Man machte mir Platz, als ich mich durch die Menschenmenge zwängte.
Um den verdorrten, mächtigen Baum war ein kreisrunder Raum freigelassen worden,
indem man kräftige Holzpfähle in den Boden gerammt und mit einem Seil verbunden
hatte. Little-Byrd, Zirkus-Joe, Mr. und Mrs. Miller standen ganz vorne, mit dem
Rücken zum Hotel und so, daß sie Onkel Rab ins Gesicht sehen konnten. Neben
ihnen Onkel Berni

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