Lords of Salem: Roman (German Edition)
anderen Frauen, ihre » Schwestern«, waren andere Hexen aus Salems Vergangenheit. Nein, nicht ganz – sie waren immer noch Lacy und ihre Schwestern, aber sie hatten auch etwas anderes an sich, und das hatte Heidi gesehen. Ihre Augen wirkten wahnsinnig und ihr Lächeln aufgemalt. Als sie die Hände hoben, schossen die Flammen um sie herum in die Höhe. Hier und dort brachen im ganzen Theater unvermittelt Feuer aus. Der Boden begann, grollend zu vibrieren. Der Saal füllte sich mit Rauch, und sie konnte kaum noch etwas sehen. Sie spürte, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten und ihr Hals brannte, aber die Kreatur hielt sie an Ort und Stelle fest, umklammerte ihre Kehle und hinderte sie daran zu husten oder zu würgen.
Sie hörte Herman ihren Namen rufen. Nein , versuchte sie zu sagen. Renn weg! Rette dich! Doch kein Wort kam heraus.
» Erhöre mich, Herr«, sagte Margaret Morgan mit glockenklarer Stimme von der Bühne. » Ich bin bereit, dein gesegnetes Kind zur Welt zu bringen! Es soll hervorbrechen aus dem Leib deines Feindes Hawthorne!«
Die drei Schwestern spielten weiter. Die Musik wurde lauter. Immer mehr Frauen warfen ihre Kleider ab, begannen, sich gegenseitig zu streicheln, wanden sich vor Lust und stöhnten. Heidi erschrak, als sie bemerkte, dass sie dasselbe tat und die Frau neben sich liebkoste, während die Kreatur in ihr sabberte. Sie wollte aufhören, doch es gelang ihr nicht.
Sie spürte, wie sie nach vorn zur Treppe gezogen wurde, nicht nur von der Kreatur in ihr, sondern auch von dem Ruf der Hexen. Sie zwangen sie, zur Bühne zu kommen und zu ihnen aufzublicken.
» Adelheid Elizabeth Hawthorne«, sagte Morgan, während sie sie verächtlich anstarrte. » Dein Vorfahr John Hawthorne hat uns im Namen des Lamms verflucht und gefoltert. Aber jetzt werden wir durch dich Rache üben. Wir haben nach dir verlangt. Wir haben dich in unseren Besitz gebracht.«
Morgan stieß ein lautes gackerndes Lachen aus. Sie schlug so fest mit dem Knochen auf die Trommel, dass die Spitze zersplitterte. » In Ehrfurcht vor Satan verkünde ich Strafe und Schande für diejenigen, die sich nicht lossagen und die Sklaverei der Kirche zurückweisen!«, rief sie. » Satan, komm zu mir! Wir sind bereit!«
Die Luft um sie herum war schwarz vor Rauch. Auch das Theater selbst hatte sich verändert; zuerst hatte es geschwankt und gezittert, dann war es an den Rändern verschwommen, bis kein Raum mehr vorhanden war. Die Mauern stürzten ein oder lösten sich in schwarzem Rauch auf, und Heidi fand sich im Freien wieder, auf einer mondbeschienenen Lichtung im Wald. Gleich hinter ihr, so dicht, dass sie die knisternde Hitze spüren konnte, loderte ein Lagerfeuer. Um sie herum standen dieselben Frauen wie zuvor. Viele von ihnen trugen Felle und Ledermäntel, aber einige hatten sie auch ausgezogen und zu Boden geworfen, um ihre nackten schmutzigen Leiber zu entblößen, die mit seltsamen Zeichen bemalt und mit Blut beschmiert waren. Die drei Frauen vor ihr hatten jegliche Ähnlichkeit mit Lacy und ihren Schwestern verloren und waren voll und ganz zu den Hexen aus Salems Vergangenheit geworden.
» Endlich bist du gekommen!«, sagte Morgan. » Hawthorne: Ich, Margaret Morgan, beanspruche dich für meinen Herrn, den Lord Satan.«
Heidi wollte zurückweichen, doch es ging nicht, ihr wurde kaum gestattet zu atmen. Margaret fuhr mit den Händen durch die Luft und malte ein Zeichen, das einen Augenblick lang flackernd leuchtete.
» Gesegnet seist du tausendmal mehr als das Fleisch und Blut des Lebens«, intonierte sie. » Weil du nicht von menschlichen Händen geerntet wurdest noch ein menschliches Wesen dich gemahlen und zerstoßen hat. Nimm diese erlauchte Jüngerin. Nimm sie, mein dunkler Erretter. Bring sie heim!«
Die anderen Frauen um sie herum, die sich gestreichelt und gewunden hatten, begannen plötzlich zu fauchen. Sie fielen wie Furien übereinander her. Manche bückten sich nach Steinen oder anderen Waffen und versuchten, den Kontrahentinnen damit den Schädel einzuschlagen. Sie schrien und kreischten, und hier und dort erblickte Heidi zwischen den Hügeln und dem Lagerfeuer das Innere eines zerfallenen Theaters.
Sie beobachtete das Gemetzel um sich herum. Noch immer konnte sie sich nicht rühren.
» Es war unser Lord Satan, der dich zur Mühle des Grabes geführt hat«, sagte Morgan von ihrem Hügel herab, » damit du zum Brot und Blut der Offenbarung und des Abscheus wirst.«
Die beiden Frauen an Morgans Seite
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