Lords und Ladies
würden sogar die ganze Welt zerschmettern, wenn sie sicher sein könnten, daß dabei ein interessantes Geräusch erklingt«, antwortete Nanny. Sie trat wieder nach draußen, tastete unter den Vorsprung des niedrigen Dachs – und brummte triumphierend, als sie den Besen hervorholte.
»Ich verstaue ihn immer dort«, erklärte sie. »Damit die Kinder ihn nicht stibitzen und durch die Gegend fliegen. Du setzt dich hinter mich – aber stell bloß keine Dummheiten an.«
Casanunda schauderte. Die meisten Zwerge litten an Höhenangst, was anatomische Ursachen hatte.
Nanny kratzte sich am Kinn. Es hörte sich an, als riebe jemand Sandpapier aneinander.
»Und wir brauchen eine Brechstange«, sagte sie. »Bestimmt werden wir in Jasons Schmiede eine finden. Steig auf, Junge.«
»So etwas habe ich eigentlich nicht erwartet.« Mit geschlossenen Augen tastete sich Casanunda am Besen entlang. »Ich dachte an einen heiteren, unbeschwerten Abend. Nur du und ich…«
»Wir sind allein.«
»Nein. Ein Besen leistet uns Gesellschaft.«
Sie hoben ab, und Casanunda hielt sich verzweifelt an den Borsten fest.
»Wohin fliegen wir?« stöhnte er.
»Zu einem ganz bestimmten Ort weiter oben in den Bergen«, sagte Nanny. »Ist eine Ewigkeit her, seit ich zum letztenmal dort gewesen bin. Esme hält sich davon fern, und Magrat ist zu jung, um darüber Bescheid zu wissen. Früher war ich oft dort. Damals, in meiner Jugend. Junge Frauen gingen hin, wenn sie… Oh, Mist.«
»Was ist denn?«
»Etwas ist am Mond vorbeigeflogen, und ich bin ziemlich sicher, daß es nicht Esme war.«
Casanunda versuchte sich umzusehen, während er auch weiterhin die Augen geschlossen hielt.
»Elfen können nicht fliegen«, murmelte er.
»Von wegen«, erwiderte Nanny. »Sie lassen sich von Schafgarbenhalmen tragen.«
»Von Schafgarbenhalmen?«
»Ja. Hab’s selbst mal versucht. Man kann mit den Dingen aufsteigen, aber sie sind verdammt unbequem. Bekam davon immer einen wunden Hin… Allerwertesten. Wie dem auch sei.« Nanny stieß Casanunda an. »Eigentlich solltest du diese Sachen kennen. Magrat meint, Besen gehören zu den sexuellen Metaffern * , was auch immer sie damit meinen mag.«
Der Zwerg öffnete ein Auge gerade lange genug, um auf ein Dach hinabzublicken. Übelkeit stieg in ihm hoch.
»Der Unterschied besteht darin, daß ein Besen länger oben bleibt«, fuhr Nanny Ogg fort. »Und man kann ihn benutzen, um das Haus sauberzuhalten, im Gegensatz zu… Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Dies alles gefällt mir überhaupt nicht, Frau Ogg.«
»Ich wollte dich nur ein wenig aufmuntern, Herr Casanunda.«
»Gegen Munterkeit und dergleichen habe ich nichts«, erwiderte der Zwerg. »Aber derzeit bringe ich dem ›auf‹ gemischte Gefühle entgegen.«
»Bald geht’s wieder nach unten.«
»Das wäre mir sehr recht.«
Nanny Oggs Stiefelsohlen kratzten über den festgetretenen Boden vor der Schmiede.
»Ich lasse die Magie laufen, dauert nur einen Augenblick«, sagte sie, ignorierte den Hilferuf des Zwergs, sprang vom Besen und verschwand in der Schmiede.
Dort hatten sich die Elfen nicht ausgetobt. Wegen des Eisens. Nanny nahm eine Brechstange und eilte wieder nach draußen.
»Hier, nimm«, sagte sie zu Casanunda – und zögerte. »Nun, Glück kann man nie genug haben, oder?« Sie kehrte noch einmal in die Schmiede zurück, war schon nach wenigen Sekunden wieder draußen und schob sich etwas in die Tasche.
»Bist du soweit?« fragte sie.
»Nein.«
»Also los. Und halt gut Ausschau. Mit offenen Augen.«
»Nach Elfen?« erkundigte sich Casanunda, als der Besen im Mondschein abhob.
»Ich glaube schon. Sonst fliegt hier nur noch der Banshee Herr Ixolit, und der schiebt immer einen Zettel unter der Tür durch, bevor er startet. Damit’s keine Probleme mit dem Flugverkehr gibt.«
Dunkelheit umhüllte den größten Teil der Stadt. Das blasse Mondlicht schuf ein kariertes Muster auf der Landschaft. Nach einer Weile fühlte sich Casanunda etwas besser; die gleichmäßige Bewegung des Hexenbesens wirkte beruhigend.
»Ich nehme an, du hast schon viele Passagiere befördert, oder?« fragte er.
»Ab und zu, ja«, antwortete Nanny.
Casanunda gab sich den Anschein, über etwas nachzudenken. Als er weitersprach, klang wissenschaftliches Interesse in seiner Stimme mit. »Hast du jemals versucht, auf dem Besen…«
»Nein«, sagte Nanny fest. »Man würde herunterfallen.«
»Du weißt doch gar nicht, was ich fragen wollte.«
»Glaubst du? Wie wär’s
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