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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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der Riegel beiseite geschoben, und ein Auge erschien an einem sehr winzigen Spalt.
    »Ja?«
    »Du bist Fuhrmann, der Bäcker, nicht wahr?«
    »Ich bin Weber, der Dachdecker.«
    »Und weißt du, wer ich bin?«
    »Fräulein Knoblauch?«
    »Laß mich rein!«
    »Bist du allein?«
    »Ja.«
    Der Spalt verbreiterte sich, bis er Magrat genug Platz bot.
    Im Zimmer dahinter brannte eine Kerze. Weber wich zurück, bis er auf eine ziemlich unbequeme Weise am Tisch lehnte. Magrat sah an ihm vorbei.
    Die übrigen Familienmitglieder hockten unterm Tisch. Vier Augenpaare blickten furchtsam zu Magrat auf.
    »Was geht hier vor?« fragte sie.
    »Äh…«, antwortete Weber. »Habe dich mit dem Flügelhelm zuerst nicht erkannt, Fräulein…«
    »Solltest du nicht bei der Vorstellung sein? Was ist passiert? Wo sind denn alle? Wo ist mein zukünftiger Gemahl?«
    »Äh…«
    Ja, wahrscheinlich lag es tatsächlich am Helm. Das vermutete Magrat später. Bestimmte Gegenstände – zum Beispiel Schwerter, Zaubererhüte, Kronen und Ringe – übernehmen etwas vom Wesen ihrer Eigentümer. Königin Ynci hatte wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben keine Tapisserie gesehen, und zweifellos war ihr Vorrat an Geduld schon nach kurzer Zeit zur Neige gegangen, möglicherweise bereits nach einigen New Yorker Sekunden. * Derzeit hielt es Magrat für besser zu glauben, daß der Helm tatsächlich etwas von Yncis Selbst beinhaltete – etwas, das sich nun wie eine ansteckende Krankheit auf sie übertrug. Mit Situationen wie der gegenwärtigen kam Ynci sicher besser zurecht.
    Sie packte Weber am Kragen.
    »Wenn du noch einmal ›äh‹ sagst, hacke ich dir die Ohren ab.«
    »Äh… oh, ich meine… es sind die Herren und Herrinnen, Fräulein Königin!«
    »Es stecken wirklich die Elfen dahinter?«
    »Bitte!« stieß Weber flehentlich hervor. »Nenn nicht den Namen! Wir haben gehört, wie sie durch die Straßen zogen, Dutzende von ihnen. Sie haben die Kuh des alten Dachdeckers gestohlen, und dann auch noch Skindels Ziege. Sie brachen Türen auf und…«
    »Warum hast du eine Schüssel mit Milch nach draußen gestellt?« fragte Magrat.
    Webers Mund öffnete und schloß sich mehrmals. »Weißt du«, brachte er schließlich hervor, »meine Eva sagte, daß ihre Oma immer eine kleine Schüssel mit Milch für sie rausgestellt hat, damit sie sich freuen und zufrie…«
    »Ich verstehe«, unterbrach Magrat den Mann kühl. »Und der König?«
    »Der König?« wiederholte Weber, um etwas Zeit zu gewinnen.
    »Der König«, bestätigte Magrat. »Eher klein, tränende Augen, abstehende Ohren – im Gegensatz zu jemandem, der gleich keine Ohren mehr haben wird.«
    Webers Finger waren ständig nervös in Bewegung, wie Schlangen, die nicht genau wußten, in welche Richtung sie fliehen sollten.
    »Nun… nun… nun…«
    Er sah Magrats Gesichtsausdruck und gab nach.
    »Das Stück wurde aufgeführt«, sagte er. »Mehrmals habe ich vorgeschlagen, statt dessen den Stock-und-Eimer-Tanz zu tanzen, aber sie wollten nicht auf mich hören. Ja, und deshalb führten wir das Stück auf, und zuerst ging alles gut, und dann, und dann, und dann… Plötzlich erschienen sie, zu Hunderten, und alle liefen weg, und jemand rempelte mich an und da bin ich in den Fluß gefallen, und dann gab’s überall diese komischen Geräusche, und ich sah, wie Jason Ogg vier Elfen niederschlug, und zwar mit dem ersten Gegenstand, den er zur Hand bekam…«
    »Mit einem anderen Elfen?«
    »Ja, und dann fand ich Eva und die Kinder, und viele Leute flohen nach Hause, und wir begegneten ihnen, sie saßen auf Pferden, und ich hörte sie lachen, und schließlich trafen wir hier ein, und Eva meinte, ich sollte ein Hufeisen an die Tür nageln, und…«
    »Was ist mit dem König?«
    »Keine Ahnung. Als ich ihn zum letztenmal sah, lachte er über Dachdeckers Strohperücke.«
    »Und Nanny Ogg und Oma Wetterwachs? Was ist mit ihnen passiert?«
    »Weiß nicht. Hab’ sie nirgends gesehen. Überall hat es von Leuten gewimmelt, die versuchten, sich in Sicherheit zu bringen…«
    »Und wo hat sich das alles ereignet?«
    »Bitte?«
    »An welchem Ort begann das Chaos?« fragte Magrat und versuchte, möglichst deutlich zu sprechen.
    »Bei den Tänzern. Du weißt schon. Die alten Steine und so.«
    Magrat ließ den Mann los.
    »Ja«, murmelte sie in sich hinein. »Erzählt Magrat nichts. Sie braucht von dieser Sache nichts zu erfahren. Die Tänzer, wie? Na schön.«
    »Uns trifft keine Schuld. Ich meine, wir haben nur unsere

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