Lords und Ladies
Kraft…«
Ein Elf verlor das Gleichgewicht. Die Königin schwankte.
»Ach, ich habe keine Zeit für solchen Unsinn«, sagte sie und schnippte mit den Fingern.
Einige Sekunden verstrichen, ohne daß etwas geschah. Die Königin sah sich um, blickte zu ihren Untertanen.
»Sie können ihre Waffen nicht einsetzen«, sagte Oma. »Und eigentlich entspricht das auch gar nicht deinen Wünschen, oder? Es wäre zu einfach.«
»Du bist nicht in der Lage, meine Krieger zu kontrollieren! Soviel Kraft hast du nicht!«
»Möchtest du herausfinden, wie groß meine Macht ist, werte Dame? Hier, auf dem Boden von Lancre?«
Sie trat vor. Magie knisterte in der Luft. Die Königin wich zurück.
»In meinem eigenen Revier?« fügte Oma hinzu.
Erneut ohrfeigte sie die Königin, fast sanft und zärtlich.
»Nun?« fragte sie. »Kannst du mir nicht widerstehen? Was ist mit deiner Macht, werte Dame? Fehlt sie dir jetzt?«
»Du dummes altes Weib!«
Alle lebenden Wesen in einem Umkreis von fast zwei Kilometern spürten es. Kleinere Geschöpfe starben. Vögel fielen tot vom Himmel. Elfen und Menschen sanken ins Gras und hielten sich den Kopf.
Im Oma Wetterwachs’ Garten starteten die Bienen.
Wie Dampf kamen sie aus den Stöcken heraus, hatten es dabei so eilig, daß sie gegeneinanderprallten. Dem dumpfen, kanonenbootartigen Brummen der Drohnen gesellte sich das hektische Sirren der Arbeiterinnen hinzu.
Noch lauter war das Pikkolopfeifen der Königinnen.
Die Schwärme stiegen in weiten Spiralen über der Lichtung auf, teilten sich und flogen los. Sie blieben nicht allein. Weitere Schwärme kamen, aus Weidenkörben in Hinterhöfen, aus hohlen Bäumen. Sie bildeten eine dunkle Wolke am Firmament.
Nach einer Weile bildete sich ein Muster in dieser Wolke. Die Drohnen flogen an den Flanken, brummten wie Bomber. Die Arbeiterinnen bildeten einen langen Kegel, der aus Tausenden von kleinen Körpern bestand. Ganz vorn, an der Spitze, flogen hundert Königinnen.
Stille senkte sich auf die Wiesen hinab, als die Schwärme fort waren.
Blumen neigten sich einsam im Wind hin und her. Nektar floß ungetrunken. Es blieb den Blüten überlassen, sich selbst zu befruchten.
Die Bienen waren zu den Tänzern unterwegs.
Oma Wetterwachs kniete und preßte beide Hände an die Schläfen.
»Nein…«
»O doch«, erwiderte die Königin.
Esme Wetterwachs hob die Arme. Anstrengung und Schmerz krümmten ihre Finger wie Krallen.
Magrat stellte fest, daß sie die Augen bewegen konnte. Der Rest ihres Körpers fühlte sich schwach und nutzlos an, trotz Kettenhemd und Brustharnisch. Jetzt war es also soweit. Mindestens tausend Jahre trennten sie von Ynci, aber trotzdem glaubte sie, das spöttische Lachen der Kriegerin zu hören. Sie hätte nicht einfach so aufgegeben. Magrat war nur eine weitere jener einfältigen und apathischen Frauen, die bloß lange Gewänder trugen und sich um die Sache mit der Thronfolge kümmerten…
Bienen strömten vom Himmel herab.
Oma Wetterwachs wandte sich an Magrat.
Ganz deutlich hörte die jüngere Frau eine Stimme hinter ihrer Stirn:
»Möchtest du Königin sein?«
Und dann war sie frei.
Die Müdigkeit fiel von ihr ab. Ynci schien aus dem Helm zu strömen, um die Leere in Magrat mit Kraft und Entschlossenheit zu füllen.
Es regnete noch mehr Bienen, und sie bedeckten die zusammengesunkene Gestalt der alten Hexe.
Die Königin drehte sich um, und das Lächeln in ihrem Gesicht erstarrte, als Magrat die Gestalt straffte und vortrat. Gedankenlos hob sie die Streitaxt und holte damit aus.
Die Königin bewegte sich noch schneller. Ihr Hand zuckte nach vorn und schloß sich um Magrats Unterarm.
»Hast du wirklich geglaubt, daß es so einfach ist?« fragte sie und lächelte.
Anschließend drückte sie noch etwas fester zu und verdrehte die Hand. Es bliebt Magrat nichts anderes übrig, als die Axt loszulassen.
»Und du willst eine Hexe sein?«
Die Bienen bildeten unterdessen einen braunen Nebel, hinter dem sich nur noch vage die Gestalten von Elfen abzeichneten. Mit Pfeilen ließ sich gegen die Insekten kaum etwas ausrichten – sie waren viel zu klein. Darüber hinaus kamen sie mit natürlicher Immunität Glamour gegenüber, und mit dem festen Willen zu töten.
Magrat spürte, wie es in ihren Knochen vibrierte.
»Die alte Hexe ist erledigt«, sagte die Königin und zwang Magrat nach unten. »Ich will keineswegs behaupten, sie sei nicht gut gewesen. Aber sie war eben nicht gut genug. Und du bist es ganz gewiß
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