Loreley - Basalt
die Wohnung betrat, beachtete sie mich kaum. Ich habe den Revolver einfach auf den Küchentisch gelegt, mich geduscht, einige Schlaftabletten genommen, bin ins Bett gegangen und habe bis zum nächsten Morgen tief und fest geschlafen«, beteuerte Frau Wagner.
»Was war mit dem Revolver?«, hakte Schuster nach.
»Am nächsten Morgen war der Revolver verschwunden.«
»Haben Sie nie Ihre Schwester nach dem Verschwinden des Revolvers befragt?« Jil sah die Frau ungläubig an.
»Nein, wieso auch? Mir war alles egal.«
Schuster wollte schon gehen, als Jil noch eine Frage stellte. »War außer Ihrer Schwester noch ein anderer Besuch an diesem Abend bei Ihnen?«
»An der Tür klingelte es, als ich ins Bad ging. Mir war aber alles egal und deshalb ging ich unter die Dusche und kümmerte mich nicht weiter darum. Ich weiß nicht, ob sie geöffnet hat und wer es war, ich habe sie nicht danach gefragt«, fügte Frau Wagner mit leiser Stimme an. Sie schien die Wahrheit zu sagen. Jedenfalls glaubte Jil ihr. Ein Blick zu Schuster und Jil war sich sicher, dass er dasselbe dachte.
»Glauben Sie, meine Schwester hat Müller getötet?«, erkundigte sich Frau Wagner.
»Ich denke nicht, dass es Ihre Schwester war«, meinte Schuster und verließ zusammen mit der Kommissarin das Krankenzimmer.
»Was jetzt? Sollen wir den großen Unbekannten suchen, dem Frau Lorenz an jenem Abend möglicherweise die Türe geöffnet hat?«, erkundigte sich Jil im Flur.
»Es wird uns nichts anderes übrig bleiben.«
»Dann fahren wir jetzt zu Frau Lorenz?«
Schuster nickte.
Unterwegs telefonierte Jil mit ihrem Kollegen Hansen. Er teilte die Theorie von Kommissar Schuster. »Frau Lorenz hatte doch mal ein Verhältnis mit Hagen Kaasten. Es kann doch sein, dass er an jenem Abend Frau Lorenz bei ihrer Schwester aufgesucht hat.«
Nach dem Gespräch mit Hansen griff Jil erneut zum Autotelefon und wählte die Nummer des Krankenhauses, in dem Frau Wagner lag. Auf ihr Drängen hin wurde sie nach einer längeren Diskussion mit Frau Wagner verbunden.
»Wieso war Ihre Schwester überhaupt an jenem Abend in Ihrem Haus. Sie lebte doch zu diesem Zeitpunkt in Koblenz. Außerdem war sie nach eigenen Aussagen, mit dem Anwalt Weinand in Koblenz unterwegs«, hinterfragte Jil die Aussage von Frau Wagner.
»Wie ich schon sagte, meine Schwester hatte immer einen Schlüssel von unserem Haus. Sie hatte am nächsten Morgen einen Termin in Rüdesheim. Es ging um ein Grundstück, das sie sich ansehen und eventuell kaufen wollte. Meine Schwester hatte die Absicht, nach Rüdesheim zu ziehen.«
»Waren Sie nicht verwundert, dass in dieser Nacht noch jemand an Ihrer Tür geklingelt hat?«
»Mir war in dieser Nacht doch nichts mehr wichtig. Ich hatte doch gerade meinen Mann …«, hörte Jil Frau Wagner stammeln.
Jil beendete das Gespräch. Für sie war die Erklärung von Frau Wagner plausibel. Die restliche Fahrtstrecke blickte Jil gedankenversunken aus dem Fenster.
»Guten Tag, Frau Lorenz«, grüßte Schuster die Anwältin beim Betreten der Kanzlei.
»Was kann ich für Sie tun?«, reagierte Elisabeth Lorenz sichtlich entnervt.
»Wir haben noch einige Fragen an Sie«, kam Jil dem Kommissar zuvor.
»Kommen Sie mit in mein Büro.« Elisabeth Lorenz eilte voraus.
»Sie waren uns gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen.« Jil sah die Frau scharf an. »An dem Abend als Ihr Schwager ermordet wurde, haben Sie in seinem Haus übernachtet. Dafür gibt es Zeugen.«
»Ja, das stimmt. Aber ich habe ihn nicht ermordet.« Elisabeth Lorenz zündete sich nervös eine Zigarette an und tat einen tiefen Zug.
»Wer hat denn in jener Nacht noch geläutet?« Diesmal war Schuster schneller mit seiner Frage.
»Hagen Kaasten. Er hatte getrunken und muss mein Auto unten stehen gesehen haben. Meine Schwester war auch erst gerade nach Hause gekommen und ich war im Wohnzimmer noch Akten am Lesen. Ich konnte nicht schlafen«, gab sie mit gleichgültiger Stimme zu. »Eigentlich hatte ich in Koblenz bleiben wollen, doch der Abend mit Weinand war langweilig gewesen und deshalb bin ich nach Rüdesheim gefahren.«
»Wie lange war Hagen Kaasten denn bei Ihnen?«, Schuster blickte Frau Lorenz fest in ihre Augen und fügte noch hinzu: »War Hagen Kaasten auch in der Küche gewesen?«
»Ob er in der Küche war?«, Frau Lorenz sah ihn nachdenklich an. »Ja, jetzt erinnere ich mich. Er hat sich etwas zu trinken geholt während ich meine Unterlagen noch weggeräumt habe. Warum ist das wichtig für
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