Loreley - Basalt
Fall habe ich vor Jahren schon einmal gehabt. Die Menschen kommen manchmal auf die absurdesten Ideen, leider«, bekundete der Pathologe seine Abneigung.
»Danke für die Auskunft. Ihren schriftlichen Bericht dazu bekomme ich dann morgen Früh?«, vergewisserte sich Schuster, bevor er das Gespräch beendete. Erneut vertiefte er sich in die vor ihm liegenden Unterlagen. Am Tatort, direkt neben der Leiche, war eine halb volle Zigarettenschachtel gefunden worden, sowie eine Zigarettenkippe. Schuster überlegte, ob möglicherweise der Mörder die Schachtel verloren hatte. Vielleicht waren es aber auch die Zigaretten des Opfers. Ein Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, dass es Zeit wurde, Hoffmann über die Neuigkeiten zu informieren und nach Rüdesheim zu fahren.
Keine zehn Minuten später stiegen beide in ihren Dienstwagen. Schuster nahm auf dem Beifahrersitz Platz und griff gleich zum Handy. Während Hoffmann den Wagen durch St. Goarshausen lenkte, fiel Schusters Blick auf den Loreleyfelsen. Es war ein herrlicher Sommertag. Viele Touristen waren unterwegs.
»Ich werde die Absperrung morgen Früh wieder aufheben. Machen Sie sich keine allzu großen Sorgen«, versicherte Schuster dem Vorsitzenden der Touristikgemeinschaft, mit dem er gerade telefonierte. Dieser hatte Bedenken, dass sich der Mord negativ auf den Tourismus auswirken könnte.
»Bald ist ’Rhein in Flammen’, wir erwarten Tausende von Menschen. Nicht auszudenken, was ein unaufgeklärter Mord für Auswirkungen haben könnte«, jammerte der Vorsitzende.
»Bis dahin haben wir den Mord bestimmt aufgeklärt.« Kommissar Schusters Stimme klang optimistisch.
Anschließend telefonierte er mit dem Bürgermeister und dem Landrat. Nachdem er versucht hatte alle zu beruhigen, legte er mit einem Seufzer das Handy zur Seite.
»Was ist eigentlich mit meinem Urlaub nächste Woche?«, brachte Hoffmann unsicher über seine Lippen.
»Wir haben einen Mord aufzuklären«, raunte Schuster und schüttelte seinen Kopf. Hoffmann musste sich mit dieser kargen Antwort begnügen. Die nächsten zwanzig Minuten verbrachten die Kollegen schweigsam.
* * *
Etwa zur gleichen Zeit rief ein Mann in Bad Marienberg, im Westerwald, die Polizei an und berichtete, im Basaltpark eine männliche Leiche entdeckt zu haben. Der Mann wurde angewiesen, am Tatort zu bleiben und auf das Eintreffen der Kripo zu warten.
»Nur gut, dass ich ein Handy dabei hatte«, stotterte der Jogger, als Kommissarin Jil Augustin am Tatort eintraf.
Ihre Kollegen von der Spurensicherung machten sich sofort daran, den Fundort der Leiche abzusperren. Jil Augustin war extra aus Montabaur gerufen worden, denn diese Dienststelle war für die Bearbeitung von Mordfallen in der Region zuständig. Während sie mit dem Jogger, einem Herrn Weinand, redete, registrierte sie, dass auch der Journalist Manfred Luck gekommen war. Die Kommissarin vermied es aber ihn anzusprechen.
»Sicherlich können wir bereits morgen Früh in der Zeitung darüber lesen«, flüsterte sie ihrem Kollegen Hansen zu, nachdem sie Weinand in den herbeigerufenen Krankenwagen begleitet hatte.
Jil betrachtete die Leiche und den Fundort gewissenhaft. Erste Erkenntnisse der Spurensicherung wiesen daraufhin, dass der Fundort auch der Tatort war. Nachdem sie alles Wichtige gesehen hatte, fuhr sie mit Hansen nach Montabaur zurück in ihr Büro.
»Was glauben Sie Hansen, warum wurde der Mann ausgerechnet im Basaltpark von Bad Marienberg erschossen?« Die Kommissarin ging mit einer Tasse Kaffee im Büro von Hansen auf und ab.
»Ich bin mir nicht sicher. Natürlich habe ich schon darüber nachgedacht, ob der Tatort im Zusammenhang mit dem Motiv für den Mord steht. Doch im Augenblick kann ich noch keinen Zusammenhang erkennen«, äußerte Hansen nachdenklich.
Mit Hansen arbeitet die Kommissarin schon seit zwei Jahren zusammen. Seit dieser Zeit lebte sie im Westerwald. Früher wohnte Jil in Hamburg. Eine gescheiterte Ehe und die Scherben einer weiteren zerbrochenen Beziehung veranlassten die Kommissarin in den Westerwald zu ziehen. Die erste Zeit lebte Jil bei ihren Eltern in Kundert, einem kleinen, romantischen Dorf in der Nähe von Hachenburg. Die Eltern hatten dort ein herrliches Anwesen gekauft, eine alte Dorfschule, die wegen Kindermangel geschlossen worden war und zum Verkauf anstand. Vom ersten Tag an hatten sich die Eltern in dieses Kleinod verliebt. Der um das Dorf herum gewachsene Wald bot die Möglichkeit langer Spaziergänge oder zum
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