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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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noch im Blickfeld, den einen am rechten, den anderen am linken Rand des Gucklochs.
    »Lass mich gleich zur Sache kommen. Spielmann«, begann der Graf, nachdem Jammrich seine Sackpfeife auf dem Tisch abgelegt hatte. Das Instrument erhob sich zwischen den Männern wie ein unförmiges Tier, aus dem die Pfeifenrohre wie Kn o chenfortsätze hervorragten.
    »Ich weiß deine Kunst zu schätzen«, fuhr Graf Wi l helm fort, »jeder hier hält dich für einen großen Mus i kanten.«
    »Ihr schmeichelt mir, Herr«, sagte der Lange Jam m rich, klang aber keineswegs b e eindruckt. Fee hatte das Gefühl, als brenne der Spielmann darauf, endlich den eigentl i chen Grund seines Hierseins zu erfahren. Er wäre nicht der Erste seiner Zunft gewesen, der sich unvermi t telt im Kerker irgendeines Landesherren wiedergefunden hätte. Wah r scheinlich überlegte er fieberhaft, ob es etwas gab, das der Graf ihm zur Last legen konnte, und er schien nicht ernsthaft mit einem erfreulichen Fortgang des Gesprächs zu rechnen.
    »Deine Kunst wird überall gerühmt, Spielmann. Ich habe an vielen Orten von dir reden hören. Und wenn auch so manches Mal Unmut über einen deiner … nun, Streiche darin mitschwang, äußerten sich die meisten doch höchst angetan über dein Talent.«
    »Seid versichert, Herr«, sagte der Lange Jammrich, »wer Schlechtes über mich zu erzählen hat, der hat ve r dient, was ihm widerfahren ist.«
    Fee wunderte sich. Wenn der Graf dem Spielmann ta t sächlich einen Handel vo r schlagen wollte, warum tat er es dann nicht ohne all den Honig, den er dem Langen Jammrich ums Maul schmierte? Wilhelm von Katzenel n bogen war ein mächtiger Mann, sein Einfluss reichte bis zum Thron, und doch verhielt er sich dieser ungebildeten, sittenlosen Vogelscheuche gegenüber wie ein Bittsteller. Was immer ihr Onkel vorha t te, ihm musste wahrlich eine Menge daran liegen.
    »Ich will dir ein Angebot unterbreiten, Spielmann«, sagte der Graf und machte eine Pause, um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen. Doch falls er erwartet hatte, dass der Lange Jammrich ihn mit neugierigen Fragen bedrängen würde, so sah er sich g e täuscht. Der Musikant saß gelassen am Ende der Tafel und runzelte nicht einmal die Stirn.
    »Ihr Spielleute liegt oft im Streit mit Soldaten, Bü r germeistern und – «
    »Mit Männern wie Euch«, führte Jammrich den Satz zu Ende. »Mit Verlaub, Herr.«
    Der Graf schenkte ihm ein dünnes Lächeln. »Mit Mä n nern wie mir, in der Tat. Aber das könnte für dich ein Ende haben. Niemand würde dir mehr etwas anhaben können.«
    Der Lange Jammrich hob eine Augenbraue. »Ihr bietet mir einen Freibrief an?«
    »Mit dem Siegel meines Hauses. Mein Name ist nicht unbedeutend. Dem Leibm u sikanten eines Grafen von Katzenelnbogen würden alle Türen offen stehen, meinst du nicht auch?«
    »Einem … Leibmusikanten?« Der Spielmann räuspe r te sich. Fee sah ihm an, dass er sich trotz des verlocke n den Angebots keineswegs wohl in seiner Haut fühlte. »Nun, Herr, wie stellt Ihr Euch das vor?«
    »Das weißt du sehr wohl, denke ich«, entgegnete der Graf und beugte sich vor, bis sein breiter Brustkorb seine verschränkten Hände auf der Tischkante berührte. »Es ist nicht ungewöhnlich für einen Spielmann, sich an ein bestimmtes Haus zu binden. Und ganz gewiss nicht e h renrührig, wenn es das ist, was du befürchtest. Auch würde ein solches Abkommen deine Freiheiten nicht einschrä n ken, du könntest weiterhin gehen, wohin du willst.«
    »Zu bestimmten Zeiten im Jahr, nicht wahr, Herr? So lauten doch derlei Abko m men. Einige Monde im Jahr zieht der Spielmann durch die Lande und kündet vom Ruhm und der Tapferkeit seines Herrn, und während des Rests sitzt er daheim am Feuer und reimt neue Heldeng e sänge, in denen sein Meister es mit Drachen und Muse l manen aufnimmt.«
    Der Graf lächelte erneut, nun ein wenig unsicher g e worden über die harsche Reaktion des Spielmanns. »S i cher könnte man es freundlicher ausdrücken, aber das ist der Handel, ja.«
    Der Lange Jammrich holte tief Luft, als wolle er Zeit gewinnen, um nach den ric h tigen Worten zu suchen. »Ihr ehrt mich sehr durch Euer Angebot, Herr Graf. Es erfüllt mich mit Stolz, dass gerade ich von Euch erwählt wu r de – «
    »Es heißt, Ihr seid der Beste«, unterbrach ihn den Graf, und es gelang ihm, die l o benden Worte wie eine Drohung klingen zu lassen.
    Auch der Spielmann hatte den gefährlichen Wechsel im Tonfall seines Gegenübers bemerkt. Seine

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