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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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wurde. Zur Sicherheit legten die Männer noch eine schwere Ke t te um die Stangen und verkeilten sie. Die beiden Fackeln wurden in Halterungen im Vorraum gesteckt, dann zogen sich die Bewaffneten zurück.
    »Immerhin halten sie uns nicht für gefährlich genug, um eine Wache zurückzula s sen«, knurrte Jammrich.
    »Kann mir einer sagen, was hier überhaupt los ist?«, fragte Sankt Suff.
    Springsfeld zuckte mit den Schultern. »Der Ritter hat seinem Weib von dir erzählt, und sie hat ihm gesagt, dass sie fette Männer nicht ausstehen kann.«
    Keiner lachte.
    Buntvogel trat an das Gitter und rüttelte prüfend daran.
    »Ebenso gut hätten sie uns einmauern können«, b e merkte er resigniert.
    »Kommt vielleicht noch, wart’s ab«, spottete Spring s feld unverdrossen.
    »Ich hab gleich gesagt, wir sollen uns nicht mit diesem verdammten Echo anlegen«, fluchte Sankt Suff.
    Ailis holte tief Luft und ergriff das Wort. »Es tut mir Leid. Das alles ist meine Schuld.«
    »Erstmal mit der Ruhe«, beschwichtigte Buntvogel die anderen. »Noch deutet nichts darauf hin, dass sie uns ans Leben wollen.«
    »Na, das beruhigt mich wirklich!«, bemerkte Samuel Auf-und-Dahin, und seine Stimme troff vor Hohn. »Sol l te ich mir etwa die Schwerter, dieses Kerkerloch und nicht zuletzt die unfreundlichen Gesichter dieser Kerle nur eingebildet haben?«
    Buntvogel warf ihm einen zornigen Blick zu, erwide r te aber nichts.
    Sankt Suff seufzte schwer. »Also, ich für meinen Teil setze mich erstmal hin. Ich glaube, das sollten wir alle tun.«
    Die meisten folgten seinem Vorschlag, nur Ailis und Buntvogel blieben stehen und starrten durch das Gitter hinaus in den Vorraum. Der Fackelschein geisterte über die Mauern, schuf Bewegung und den Anschein von L e ben, wo keines war. Der Zugang zur Treppe lag in tie f schwarzem Schatten.
    »Ich habe noch meine Flöte«, sagte Ailis. »Können wir damit nicht ein Tor zu den Spielmannswegen öffnen und von hier verschwinden?«
    Jammrich schüttelte den Kopf. »Einer könnte gehen und noch einen zweiten mi t nehmen. Mehr Macht besitzt ein einzelnes Instrument nicht. Der Rest müsste hier bleiben.«
    »Kommt gar nicht infrage«, sagte Buntvogel. »Entw e der a lle gehen oder keiner.« Und wieder senkte sich Schweigen über die Truppe.
    Sie schienen bereits den ganzen Tag hier unten zu kauern, als plötzlich hastige Schritte auf den Stufen e r tönten. Eine Gestalt trat aus der Dunkelheit ins Licht der Fackeln und kam herüber zum Gitter. Es war Baan. Er kam allein, ohne seine bewaffn e ten Wächter.
    Buntvogel blickte ihm kalt entgegen. »So viel also b e deuten Euch die Gesetze der Gastfreundschaft.«
    Auch einige der anderen begannen zu murren, spra n gen auf und drängten sich ans Gitter.
    Baan beschwichtigte sie mit einer fahrigen Handb e wegung.
    »Wartet«, sagte er, »seid still!« Er wandte das Gesicht zurück zur Treppe und lauschte. Seine Anspannung war nicht zu übersehen.
    »Wenn ihr hier raus wollt, dann verhaltet euch r u hig!«, zischte er ihnen zu.
    »Wovor habt Ihr Angst?«, flüsterte Jammrich zurück. »Seid denn nicht Ihr der Herr dieses Turmes?«
    Er lächelte bitter. »Ich sollte es sein, nicht wahr?« Aus seinem Wams zog er einen Schlüssel und schob ihn in die Öffnung des Vorhängeschlosses. »Ihr müsst von hier verschwinden, auf der Stelle!«
    Er löste die Kette, dann schwang das Gitter auf. Ailis wurde von den nachdrängenden Spielleuten wie von e i ner Wasserwoge in den Vorraum gespült.
    »Leise!«, befahl Baan noch einmal. »Keinen Ton, falls euch eure Freiheit etwas wert ist!«
    Die Gaukler wechselten erstaunte Blicke, doch keiner sprach mehr ein Wort. Ailis war erleichtert und ratlos zugleich. Was, zum Teufel, ging hier vor?
    Baan lief voran, huschte lautlos die Stufen hinauf. Die Spielleute folgten ihm und gaben sich alle Mühe, so leise wie möglich zu sein. Vor allem Sankt Suff war ungeübt im Schleichen, und seine plumpen Schritte schienen Ailis im ganzen Turm widerzuha l len.
    Sie erreichten das Portal des Turms. Es stand einen Spaltbreit offen. Draußen war die Nacht hereingebr o chen, nur ein paar Fackeln rechts und links der äußeren Treppe spendeten Licht.
    Baan blieb an der Tür stehen. »Wenn ihr eure Sachen zurückhaben wollt«, raunte er ihnen zu, »dann holt sie euch. Sie liegen noch alle in der Scheune. Aber beeilt euch. Wenn jemand bemerkt, dass ihr flieht, werde ich euch kein zweites Mal helfen.«
    Es war keiner unter den Spielmännern, der nicht fr ü

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