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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Ich werde gleich gehen und meinem Weib von eurer Ankunft berichten.«
    Bei diesen Worten kroch Ailis eine Gänsehaut über den Rücken. Vielleicht war es doch falsch gewesen, es auf eine Begegnung mit Fee anzulegen. Es hätte völlig ausg e reicht, wenn die anderen ihr beschrieben hätten, wie sie aussah und wie sie sich verhielt.
    Doch nein, niemand konnte beurteilen, ob Fee sich verändert hatte. Keiner der a n deren kannte sie, und Ailis hätte nie sicher sein können, ob die Schilderungen der Spielleute wirklich zutrafen. Sie musste Fee selbst geg e nübertreten, musste ihr in die Augen blicken und ihre Stimme hören. Dann erst, vielleicht, würde sie Gewis s heit haben!
    Zu ihrem Erstaunen ging Baan nicht zum Turm, in dem sie Fee vermutet hatte, so n dern ließ sich von einem Stallburschen ein Pferd bringen. Augenblicke später g a loppie r te er davon, hinaus in die Ebene.
    Die Spielleute folgten einem anderen Burschen zu e i ner der Scheunen. Er wies i h nen eine windgeschützte, nicht einmal ungemütliche Ecke zu, halb verborgen hi n ter einem Rübenberg vom letzten Herbst. Der Boden war hier hoch mit weichem Heu bedeckt, und in der Nähe stand ein offenes Wasserfass, an dem sie sich waschen kon n ten.
    Ehe der Bursche fortlaufen konnte, hielt Ailis ihn z u rück.
    »Verzeih«, sagte sie, »aber wohin reitet dein Herr? Sagte er nicht, er wolle seinem Weib von uns berichten?«
    Der Knecht, ein Junge noch, nicht älter als sie selbst, druckste einen Augenblick lang unschlüssig herum, dann überwand er seine Scheu. »Wisst ihr«, sagte er, »die He r rin liebt es, in einer heißen Quelle zu baden, nicht weit von hier. Sie verbringt manchmal ganze Tage dort, ganz allein und … nun, ganz nackt.«
    Sein Gesicht war rot angelaufen, und obwohl er sich gleich umdrehte und fortlief, hatte Ailis ihm an der N a senspitze ansehen können, dass er mehr als einmal hei m lich beim Bad seiner Gebieterin zugeschaut hatte.
    Fee war stets sittsam und schüchtern gewesen, nie hä t te sie etwas Derartiges zugelassen. Allein die Möglic h keit, beobachtet zu werden, hätte sie von einem solchen Bad abgehalten. Das Echo hingegen schien weniger Skrupel zu haben, den Leib, den es erbeutet hatte, vorz u zeigen. Ailis schüttelte sich vor Verachtung.
    Den anderen waren ihre Gedanken nicht verborgen geblieben. Sie alle hatten aus Ailis’ Mund genug über Fee erfahren, um auf Anhieb erkennen zu können, dass an diesem Ort trotz des freundlichen Empfangs einiges im Argen lag. Alle wussten genau, weshalb sie hier w a ren, und alle zogen die richtigen Schlüsse.
    »Das Echo macht sich einen Spaß daraus, den Körper deiner Freundin nach seinem Gutdünken zu benutzen«, sagte Buntvogel düster.
    »Wer weiß«, wandte Jammrich ein, »vielleicht hat es auch Gefallen an seinem ne u en Dasein gefunden. Die Frage ist doch: Was ist überhaupt sein Ziel? Irgendetwas muss es doch mit all dem bezwecken.«
    Wirrsang zuckte die Achseln. »Es lässt sich treiben, scheint m ir. Vielleicht wartet es ab, was als Nächstes g e schieht. Warum sonst sollte es an einem so abgeschied e nen Ort wie diesem hierbleiben?«
    Sankt Suffs Kinnfalten zuckten, was bedeutete, dass er nickte. »Ich hätte eher ve r mutet, dass es auf schnellstem Wege zum Königshof reitet, um in einen hohen Würde n träger, vielleicht sogar in den König selbst zu fahren.«
    Jammrich wiegelte den aufbrandenden Aufruhr unter seinen Freunden ab. »Ich glaube nicht, dass es so hoc h gesteckte Absichten hat. Mag sein, dass es irgendwann erkennen wird, wie weit reichend seine Macht tatsächlich ist. Und, ja, vielleicht wird es dann versuchen, den König in seine Gewalt zu bringen. Aber im Augenblick scheint es mir doch recht zufrieden mit dem zu sein, was es hier vorgefunden hat. Warum sonst sollte es sich die Ruhe gönnen, ein Bad zu nehmen – oder gleich mehrere, wie unser junger Freund zu berichten wusste?«
    »Könnte nicht ein Rest von Fee dafür verantwortlich sein?«, fragte Ailis leise.
    Springsfeld wehrte den Einwurf mit einem Kopfschü t teln ab. »Es wird Zeit, dass du deine Hoffnungen fahren lässt, Ailis«, sagte er sanft. »Alles, was noch an deine Freu n din erinnert, ist ihr Körper. Das Echo wird nicht zulassen, dass etwas anderes von ihr am Leben bleibt. Es war in all den Jahrtausenden seiner Existenz immer a l lein. Von dieser Vorliebe wird es nicht ablassen.«
    »Aber wenn gerade diese Einsamkeit es um den Verstand gebracht hat«, entgegnete Ailis, »könnte ihm dann

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