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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Schwert in der Bettmitte. »Was meint Ihr?«, fragte er mit U n schuldmiene.
    »Ohne Gewand!«, empörte sie sich.
    »Ich verlange doch nicht, dass Ihr es genauso macht.« Er schloss die Augen. »A u ßerdem bin ich müde von der Reise. Ich wäre Euch also dankbar, wenn Ihr nun ins Bett kommen würdet.«
    Fee blieb ungerührt am Fußende stehen. »Mein Onkel sagte, Ihr seid ein Mann von Anstand.«
    Er drehte sich seufzend zu ihr um und sah sie an. »Was habe ich denn getan, um Eure Empfindsamkeit zu verletzen? Seht!« Er hob beide Hände. »Ich habe Euren Roc k saum nicht einmal berührt.«
    »Ich kann unmöglich mit einem nackten Mann im se l ben Bett schlafen.«
    »Ihr sagt es selbst – schlafen! Was ist so verwerflich daran?«
    »Das wisst Ihr sehr genau.«
    Er seufzte noch einmal. »Um des lieben Friedens wi l len: Würde es Euch also ber u higen, wenn ich mir wieder etwas überziehe?«
    »Das würde es allerdings.«
    Er warf die Decke zurück und sprang auf – splitte r nackt und vom Feuer in Bronze getaucht. Fee stand da wie angewurzelt, während Baan sich abermals den Hemdrock überzog. Dann sank er zurück ins Bett und zog die Decke hoch.
    »Ihr habt nicht weggeschaut«, bemerkte er spitz.
    Fee schnappte nach Luft. »Bitte?«
    »Ihr habt nicht in die andere Richtung geschaut. Ihr habt mich angesehen.«
    »Was fraglos in Eurem Sinne war.«
    Er lachte leise. »Kommt Ihr nun ins Bett, oder wollt Ihr die ganze Nacht dort stehen bleiben? Es dürfte em p findlich kalt werden, wenn das Feuer herunterbrennt.«
    »Wenn Ihr mir versprecht, von Euren kindischen Scherzen abzulassen.«
    »Was immer Ihr damit meinen mögt – ich verspreche es. Zufrieden?«
    »Nein.« Sie legte ihren Umhang ab, nicht verschüc h tert, sondern mit einer Bew e gung, von der sie hoffte, dass sie beherrscht und einer Edeldame angemessen wirkte. »Aber habe ich denn eine andere Wahl?«
    »Der Boden ist groß und leer«, sagte er. »Ihr könnt immer noch dort unten schl a fen.«
    »Und erfrieren, damit Ihr mich am Morgen warmre i ben könnt? Das würde Euch so gefallen.« Sie hob die Decke und schlüpfte darunter, nicht zu hastig, damit es nicht wie eine Flucht vor seinen Blicken aussah.
    Das Bett hätte selbst mehr als zwei Schläfern ausre i chend Platz geboten. Es wurde von einem Baldachin aus grünem Stoff überdacht, in dessen Unterseite das Wa p pen derer von Katzenelnbogen eingenäht war. Fee und Baan lagen auf einer mit Federn gefüllten Unterlage, die mit einer gesteppten Seidendecke und Leinentüchern b e spannt war. Ihre Zudecke war aus mehreren Wollschic h ten gewirkt. Sie hielt wärmer, als es Fee in diesem A u genblick lieb war. Ihr ganzer Körper schien vor Aufr e gung zu kochen.
    Baan blies die Kerzen an seiner Seite des Bettes aus, legte sich auf den Rücken und verschränkte die Hände unterm Hinterkopf. Er schaute seitlich zu Fee herüber. »Euer Haar«, sagte er.
    »Was ist damit?«
    »Es ist hochgesteckt.«
    »Und?«
    »Wenn Ihr es nicht öffnet, werdet Ihr Euch im Schlaf an der Nadel verletzen. Dabei war sie doch eigentlich für mich bestimmt, oder?«
    Sie verzog abfällig das Gesicht. »Wie kommt Ihr nur darauf?«
    »Macht, was Ihr wollt. Aber denkt an den Blutfleck, wenn Ihr Euch stecht. Die Diener – «
    »Ja, das sagtet Ihr schon.« Ungehalten zog sie die la n ge Nadel aus ihrem Haar und schüttelte es wie einen blonden Fächer über das Kopfkissen.
    »Seltsam«, sagte Baan unvermittelt.
    »Was ist seltsam?«
    »Dass ein so scheußliches Ding wie diese Nadel im Dienste der Schönheit steht.«
    »Oh«, machte sie sarkastisch, »Ihr seid ein Phil o soph.«
    Er lachte leise. »Ein wenig.«
    »Klug, anmutig, tapfer – Ihr müsst dort, wo Ihr he r kommt, der Schwarm aller Fra u en sein.«
    »Dort, wo ich herkomme, gibt es nichts als Wälder, Seen und Schafe. Haus Falke n hagen liegt abseits aller Straßen.«
    »So seid Ihr gewiss der Schwarm aller Bäuerinnen und Schäferweiber.«
    »Macht Euch nur lustig.«
    Sie kicherte verhalten. »Was führt Euch überhaupt hierher?«
    »Männerangelegenheiten.«
    »Ah«, säuselte sie gedehnt. »Ihr versteht es, einer Frau zu gefallen.«
    »Tut mir Leid«, sagte er, und zum ersten Mal schien er etwas völlig ernst und au f richtig zu meinen. »Das war dumm. Nehmt Ihr meine Entschuldigung an?«
    »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Ihr seid zu gütig.«
    Sie verschränkte lächelnd ihre Hände auf dem Bauch und stieß dabei mit dem El l bogen an die eiskalte Klinge des Schwertes.

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