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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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aufzufangen, und diese Schmach wäre nun wirklich zu viel gewesen. Aber, durchfuhr es sie, sie w ä re dann ja ohnehin tot – also kam es darauf nun auch nicht mehr an. Ja, dachte sie trotzig, sterben wäre in di e sem Moment wirklich ein guter Ausweg.
    Doch so gnädig war das Schicksal nicht. Stattdessen müsste sie noch immer sein freches Grinsen ertragen. Schlimmer noch: Sie würde eine ganze Nacht lang mit ihm in ein und demselben Bett liegen müssen! Und g e wiss würde er die ganze Zeit von nichts anderem reden als von kreischenden kleinen Mädchen mit gespitzten Kussmündern, die einen schüchternen Jungen durch die Flure der Burg gejagt hatten.
    Sie verlegte sich auf das einzige, das ihr jetzt noch he l fen mochte, das Schlachtfeld einigermaßen aufrecht zu verlassen – auf Spott.
    »Dann seid Ihr also hier, um endlich Rache zu ne h men«, b emerkte sie spitz und hoffte, dass sie nicht ann ä hernd so rot war, wie sie befürchtete. »Wo habt Ihr Euer Schwert, Ritter Baan?«
    Er lächelte noch immer, fing einen Moment lang ihren Blick mit seinen goldfarb e nen Augen ein, dann trat er um sie herum und ging zum Fenster. Darunter lag auf einem Truhendeckel sein Rüstzeug; die Diener mussten es dor t hin gelegt haben, nachdem sie ihn im Badehaus entkle i det hatten. Baan ergriff sein Schwert und zog es mit e i nem schneidenden Geräusch aus der Scheide.
    »Mein Schwert ist hier, Fräulein.« Damit trat er ans Bett, schlug die Decke zurück und legte die Klinge in die Mitte, sodass die Spitze zum Fußende wies. »Ich denke, das ist auch in Eurem Sinne.« Wieder dieses dreiste Grinsen. »In meinem ist es ganz gewiss – schließlich will ich nicht, dass Ihr morgen früh erzählt, ich hätte Euren Rock hochg e zogen.«
    Sie spürte, dass ihre Knie bebten, und hasste sich d a für. »Dann habt Ihr mich also nur wegen dieses kind i schen … Irrtums in Erinnerung behalten?«
    »Wäret Ihr damals schon die Schönheit gewesen, die Ihr heute seid, hätte ich gewiss noch den einen oder a n deren Grund mehr gehabt.«
    »Auch Ihr habt Euch verändert. Schüchtern seid Ihr gewiss nicht mehr.«
    Er zuckte die Achseln. »Täuscht Euch nicht«, sagte er und trug die heiße Bettpfa n ne an ihr vorüber zum Kamin. »Ihr seid die erste Frau, die mit mir das Bett teilt.«
    »Dann wollen wir es doch kurz und schmerzlos hinter uns bringen, nicht wahr?«
    »Schmerzlos … ja, natürlich. Gebt nur acht, dass Ihr Euch im Schlaf nicht an der Schwertklinge schneidet – oder an Eur er scharfen Zunge. Der Blutfleck könnte die Dienerschaft zu falschen Schlüssen verleiten.«
    Sie spürte, dass sie erneut errötete, und wünschte sich, sie könnte endlich zu Bett gehen und sich die Decke über den Kopf ziehen.
    Baan beobachtete sie aufmerksam. Einen Augenblick, bevor sein Starren unhöflich geworden wäre, wandte er sich mit unmerklichem Lächeln ab und hantierte an der Schnürung seiner Lederreife. Trotz ihres Umhangs und des Nachtgewands fühlte sich Fee seltsam nackt und au s geliefert. Sie hatte keine Angst mehr, dass er sich im Dunklen an ihr vergehen könnte, doch die Vorstellung, ihn in der Finsternis so nahe bei sich zu wissen, seinen Atem zu hören, gleich neben ihrem Ohr, und, am schlimmsten von allem, die Befürchtung, sie selbst kön n te im Schlaf die Hand nach ihm ausstrecken und die stä h lerne Grenze des Schwertes missachten, machten ihr zu schaffen. Himmelher r gott, jeder Mensch bewegte sich im Schlaf! Was, wenn sie versehentlich zu ihm hinüberrol l te? Ihn berührte, am Arm, am Bein oder – davor mochte Gott sie bewahren! – an einer Stelle, an der es sich weit weniger geziemte?
    Dann fand sie die Lösung: Sie würde es genauso m a chen wie damals und alle Schuld auf ihn schieben.
    Die Schwierigkeit war, dass sie keine neun und er ke i ne dreizehn mehr war. Ganz gleich, was sie behaupten würde – sie wäre in den Augen aller entehrt und er sein Leben lang gedemütigt. Der Schaden würde sie beide gleichermaßen treffen. Außerdem wollte sie so weit nun auch wieder nicht gehen.
    Verflucht sollten ihre Stiefeltern sein, sie in diese Lage gebracht zu haben!
    Baan machte es sich im Bett bequem und klopfte sein Kissen zurecht. Dann legte er sich im Sitzen die Decke bis über die Lenden und streifte seinen Hemdrock ab. Sein nackter Oberkörper schimmerte im Feuerschein.
    »Ihr wollt so schlafen?«, fragte sie entsetzt.
    Er legte sich hin, zog sich die Decke bis über die Schultern und drehte sich mit dem Rücken zum

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