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Loreley

Titel: Loreley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Erschrocken zuckte sie zurück. »Ich we r de Euch verzeihen, wenn Ihr mir den Grund Eures B e suchs verratet.«
    »Er würde Euch nur aufregen. Lasst uns bis morgen damit warten.«
    »Überschätzt nicht Eure Wichtigkeit, Ritter Baan.«
    Wieder drehte er den Kopf zur Seite und sah sie an. Sein Gesicht lag fast im Dunkeln, der Schein des Kami n feuers reichte nicht soweit herauf.
    »Ich wollte Euch kennen lernen«, sagte er leise.
    »Aber Ihr kanntet mich doch schon.«
    »Ich kannte nur ein ungezogenes kleines Mädchen. Ich konnte mich kaum an Euer Gesicht erinnern oder an Euer Lächeln.« Er machte eine kurze Pause. »Nun, wenn ich ehrlich bin, weiß ich noch, wie es sich anfühlte, Euch das Hinterteil zu versohlen, aber – «
    »Ihr bittet mich um Verzeihung«, unterbrach sie ihn hastig, »gewährt Eurerseits aber keine. Das ist nicht g e recht.«
    »Dann leiste ich hiermit den Schwur, Euer bezauber n des Hinterteil kein weiteres Mal zu erwähnen.« Er räu s perte sich und grinste im Dunkeln. »Geschweige denn, darauf herumzuklopfen.«
    »Dafür bin ich Euch ewig dankbar.«
    »Oh, das solltet Ihr.«
    »Ihr überschätzt Euch schon wieder.«
    »Mag sein, mag auch nicht sein«, sagte er geheimni s voll.
    »Wie meint Ihr das nun wieder?«
    »Ich sagte doch, ich kam, um Euch kennen zu lernen.«
    »Und?«
    »Ich erwäge, um Eure Hand anzuhalten.«
    Sie fuhr im Bett auf wie der gespannte Schleuderarm eines Katapults. »Ihr erwägt, um meine … ich meine, um meine … meine – « Sie verhedderte sich dermaßen, dass sie es vorzog, den Rest unausgesprochen zu lassen.
    Er schaute seelenruhig zu ihr auf. »Darf ich daraus schließen, dass Ihr eher wenig von diesem Vorschlag haltet?«
    »Ihr müsst nicht bei Verstand sein!«
    »Wie schmeichelhaft.«
    »Ihr seid ein Rüpel. Ein fremder Rüpel noch dazu. Was sollte mich dazu bewegen können, Euch – «
    »Euer Onkel, fürchte ich. Ich wollte ihn um Eure Hand bitten, nicht Euch. Mir schien, das sei der übliche Weg. Aber wenn ich mich getäuscht habe, bitte, sagt mir, wie ich es Eurer Ansicht nach besser machen sollte.«
    »Ihr macht Euch wieder einmal über mich lustig!«
    »Mitnichten.«
    »Mein Onkel will mich nicht verheiraten«, entgegnete sie bestimmt. Aber war das auch wirklich die Wahrheit? Vielleicht war er ganz froh, wenn er nicht mehr für sie sorgen musste. Und erst ihre Tante! Wie eine Erwachs e ne behandeln – von wegen! Es gab nichts, das nicht über Fees Kopf hinweg entschieden wurde. Warum sollten die beiden da bei ihrer Vermählung eine Ausnahme machen?
    Baan sagte nichts, sah sie nur an.
    Ihre Überraschung und Wut wichen leiser Verzwei f lung. »Habt Ihr etwa schon mit ihm darüber gespr o chen?«
    »Ich wollte erst mit Euch reden. Und, wie gesagt, Euch kennen lernen. Ich will ke i ne Frau, die ich im Sattel festbinden muss, um sie an meiner Seite zu halten.«
    Konnte das wahr sein? Lag ihm wirklich an dem, was sie dachte? So sehr die E r kenntnis schmerzte: Das war mehr, als sie erwarten durfte. Vielleicht hatte sie den jungen Ritter falsch eingeschätzt.
    Sicher, höhnte ihre innere Stimme, und wenn du dummes Huhn ihn weiter so anstarrst, kannst du sein A n gebot auch gleich annehmen!
    »Ihr meint«, fragte sie unsicher, »Ihr würdet meinen Wunsch in dieser Sache re s pektieren?«
    Er lächelte erneut, und diesmal kam es ihr wärmer, freundlicher vor, nicht mehr überheblich. »Sagt nein, und ich werde weder Euch noch Euren Onkel jemals wieder mit meinem Anliegen behelligen.«
    Es wäre sehr leicht gewesen zu tun, was er vorschlug. Tatsächlich lag es ihr auf der Zunge, ihn abzuweisen. Und warum auch nicht? Es hätte sie auf einen Schlag all ihrer Sorgen enthoben.
    Aller Sorgen? Nein, bestimmt nicht. Sie war im he i ratsfähigen Alter, daran war nichts zu ändern. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Edelmann auf Brau t schau die Burg beehrte, und die Wahrscheinlichkeit war groß, dass er nicht den Mut aufbringen würde, Fee nach ihrer Meinung zu fragen. Baans Vorgehen war ung e wöhnlich, und sie war ihm – erst insgeheim, dann aber immer offener – dankbar dafür.
    Wiewohl, ein Jawort aus Dankbarkeit? Niemals. Fast war sie geneigt, ihren nächsten Schritt von den oberfläc h lichsten Erwägungen abhängig zu machen: Baan war groß, recht hübsch anzusehen, ein Mann mit Verstand und Vermögen.
    In Zukunft mochte sie es schlimmer treffen. Schon der nächste Anwärter konnte fett, dumm und alt sein, und Fee wusste genau, dass für ihren

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