Loretta Chase
«
»Es war ein
bisschen altmodisch«, sagte Lady Lithby.
»Ein
bisschen?«, fragte Mrs. Badgeley. »Sogar das Pfarrhaus war schon moderner
ausgestattet, als ich dort einzog, und das
will was heißen.«
»Es hat
dennoch einige Jahre gedauert, bis ich nennenswerte Neuerungen vornehmen ließ«,
sagte Lady Lithby.
Was daran
gelegen hatte, dass sie die ersten drei Jahre ihrer Ehe vorwiegend damit
verbracht hatte, ihre Stieftochter vor sich selbst zu retten, und die Jahre
danach damit, Papa vier gesunde kleine Jungs zu schenken.
»Du bist zu
bescheiden«, fand Charlotte. »Vom ersten Tag, da du bei uns warst, hast du für
frischen Wind, für Ordnung und Behaglichkeit gesorgt.«
Trotz
allem, was ihre Stiefmutter ihr Gutes getan hatte, fand Charlotte es ziemlich
dreist von Lizzie, sie ohne Vorwarnung in diese Sache mit Beechwood House
hineingezogen zu haben.
»Behaglichkeit
ist ja schön und gut, aber die jüngsten Renovierungen waren nötig und sind ganz
vorzüglich gelungen«, sagte Mrs. Badgeley. »Sie hätten Lithby Hall mal vor
drei Jahren sehen sollen, Mr. Carsington. Das würden Sie heute nicht mehr
wiedererkennen.«
Da er ein
Mann war, bezweifelte Charlotte, dass er den Unterschied überhaupt bemerken
würde. Was wiederum den Vorteil hatte, dass er wahrscheinlich nicht die
geringste Vorstellung davon hatte, auf was er sich einließ, wenn er Lizzie in
seinem Haus freie Hand ließ. So war es zumindest Papa ergangen.
Aber ihr
hatte es richtig Spaß gemacht.
Vielleicht
hatte ihr Lizzie ja letztlich doch einen Gefallen getan. Eine derart große
Aufgabe wäre ihr eine willkommene Abwechslung und würde Charlotte zumindest
vorübergehend von dem Grauen des bevorstehenden Besuchs heiratsfähiger
Gentlemen ablenken.
Und für Mr.
Carsington würde es eine unwillkommene Abwechslung sein, und auch das könnte
Spaß machen. Zu gern würde sie sein Gesicht sehen, wenn ihm aufging, auf was er
sich mit Lizzie eingelassen hatte.
Charlotte
setzte ihre unschuldigste Miene auf. »Ich habe während der verschiedenen
Stadien der Umbauarbeiten Zeichnungen angefertigt«, ließ sie ihn wissen.
»Wir haben auch noch
die Entwürfe der Architekten und frühere Ansichten des Hauses. Papa bewahrt sie
sehr sorgfältig auf. Vielleicht möchten Sie sich die Unterlagen ja einmal
ansehen? Als Inspiration sozusagen.«
Mr.
Carsington hob eine Braue.
»Sie befinden
sich in der Bibliothek«, sagte sie. »Wenn Sie daran interessiert sind,
kann ich Sie Ihnen gerne zeigen.«
Er warf
einen kurzen Blick auf Mrs. Badgeley. »Nichts lieber als das«, sagte er.
Kapitel 4
Ja,
Darius täte besser
daran, sich an die Gesellschaft der Gentlemen zu halten, wie es sich gehörte.
Ja, Lady Charlotte aus dem Salon zu folgen war gewiss nicht das Klügste.
Aber er
musste es einfach wissen: Was hatte sie jetzt schon wieder vor?
Sie ging
ihm durch die Halle voran in die Bibliothek.
Der große
und behaglich eingerichtete Raum wurde ganz offensichtlich regelmäßig genutzt.
An den Wänden reihten sich dicht an dicht Bücher zu allen erdenklichen Themen.
In der Mitte der Zimmers stand ein mechanisches Modell des Sonnensystems.
Außerdem entdeckte Darius zwei Weltkugeln und ein Teleskop, Lesetische und eine
Leiter, um an die oberen Regale zu gelangen. Mit anderen Worten: die übliche
Ausstattung einer gut ausgestatteten Bibliothek.
Am Kamin
saß schnarchend der Pfarrer, den Kopf auf die Lehne eines Sofas gesunken. Auf
dem Tisch vor ihm lag ein aufgeschlagenes Buch.
»Mir
scheint, ich bin nicht der Einzige, der Mrs. Badgeley zu entkommen
suchte«, flüsterte Darius.
Dafür wurde
er mit einem kurzen Seitenblick aus kühlen blauen Augen bedacht, der zu
flüchtig war, als dass er ihn hätte deuten können.
»Papa
ermuntert seine Gäste seit jeher, sich in den unteren Räumen nach Lust und
Laune zu ergehen«, sagte sie. »Er möchte, dass sie sich wie zu Hause
fühlen.«
Sie hielt
auf einen der Lesetische zu, die bei den Fenstern der Südseite standen. Draußen
hatte der Sommertag unter einer
dichten Wolkendecke ein frühes Ende gefunden. Darius hörte Regen auf die
Terrasse prasseln.
Zwischen
den Fenstern hingen hohe Spiegel, in denen die Kerzenflammen der davor auf
kleinen Konsolen stehenden Kandelaber tanzten. In einem der Spiegel sah er
hinter sich die weit geöffnete Tür der Bibliothek und einige Dienstboten, die
geschäftig durch die Halle eilten.
Lady
Charlotte öffnete die große Mappe, die auf dem Tisch lag.
Darius
gesellte sich nicht sogleich zu
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