Loretta Chase
unglücklich verheiratet?
»Ich kann
mir denken warum«, sagte Mrs. Badgeley.
Eine
unausgesprochene Verwünschung auf den Lippen, wandte er sich ihr wieder zu.
Seine Nachbarn gegen sich aufzubringen, konnte er sich nicht leisten. Und
Pfarrersfrauen verfügten oft über beachtlichen Einfluss – zumal diese
Vertreterin der Spezies, die im Pfarrhaus die Hosen anhaben dürfte. Zu allem
Überfluss war sie auch noch Lord Lithbys Cousine.
»Wie
bitte?«, fragte er nach.
»Wenngleich
ich nicht ernsthaft glaube, dass Ihre Großmutter Sie nicht mag, kann ich mir
doch gut vorstellen, dass Sie ein ernstes Wörtchen mit Ihnen zu reden
hat«, meinte sie. »Wenn Sie mein Enkel wären, wäre ich zutiefst enttäuscht
von Ihrem Mangel an Verantwortungsgefühl – Rizinusöl hin oder her. Traurig,
wirklich sehr traurig, Ihnen erst sagen zu müssen, dass es zu Ihren Pflichten
als Gutsbesitzer gehört, für das Wohl Ihrer Untergebenen zu sorgen.«
»Genau
genommen bin ich gar nicht der Gutsbesitzer«, sagte Darius. »MeinVater ist
der rechtliche ...«
»Verschonen
Sie mich bitte mit juristischen Spitzfindigkeiten«, unterbrach ihn Mrs.
Badgeley. »Beechwood obliegt Ihrer Verantwortung. «
»Und ich
beabsichtige, es so rasch wie möglich wieder auf Vordermann zu bringen«,
versicherte er ihr.
»Aber das
Haus?«, fragte sie. »Wie ich hörte, logieren Sie im Unicorn Inn. Auf
Beechwood soll nur wenig Dienerschaft beschäftigt sein – die noch dazu aus
London kommt. Warum auf einem Landsitz Londoner Dienstboten anstellen, wenn
Familien, die seit Generationen dort gearbeitet haben, händeringend nach Arbeit
suchen? Wissen Sie eigentlich, wie viele junge Leute
gezwungen sind, ihre Familien und ihr Zuhause zu verlassen, weil sie hier in
der Gegend keine Anstellung finden? Das verdanken wir alles diesem unseligen
Gerichtsverfahren.«
Und weiter
ging es mit ihren Ausführungen, wie sehr Mr. Carsington Beechwood und seinen
Nachbarn verpflichtet sei. Sie klärte ihn darüber auf, was andere vor ihm getan
hätten, wie sehr sie sich bemüht hatten, das Anwesen zu erhalten, und versucht
hatten, Arbeit und eine neue Bleibe für jene zu finden, die von einem Tag auf
den anderen ihre Anstellung verloren hatten, als Lady Margaret – Gott hab sie
selig – verschieden war.
Er
versuchte, ihr die Sache vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zu erklären. Nur
mit den Einkünften aus den Ländereien ließe sich das Haus unterhalten. Folglich
hatten die Ländereien Vorrang. Aber Logik lag der Pfarrersfrau so fern wie der
Mond. Verstohlen schaute er zu Lady Charlotte hinüber, die sich zu ihrer Mutter
und Colonel Morrell gesellt hatte, der ein hochgewachsener, dunkelhaariger und
ausnehmend ansehnlicher Bursche war und ungefähr im Alter von Lord Hargates drittem
Sohn Alistair. Von Mrs. Steepleton hatte Darius erfahren, dass Morrells Anwesen
im Süden an jenes Lord Lithbys grenzte. Obwohl seine Familie, ebenso wie die
Lithbys, dort schon seit Generationen ansässig war, hatte der Colonel den
Großteil seines Lebens im Ausland verbracht. Gerade mal ein Jahr war es her,
dass er sich auf dem Besitz seiner Ahnen niedergelassen hatte. Doch schon hieß
es, dass er vermutlich nicht lange bleiben werde, da er damit rechne, demnächst
das Earldom eines betagten Onkels in Lancashire zu erben.
Und ganz
offensichtlich hatte er Lady Charlotte zu seiner Countess erkoren. Obwohl der
Colonel nicht allzu ostentativ zu Werke ging, war er für Darius' geschulten
Blick nicht diskret genug. Nicht umsonst gehörten Balzrituale zu Darius'
favorisierten Forschungsgebieten.
Morrell war
hinter Lady Charlotte her.
Falls sie
es merkte, ließ sie sich nichts anmerken.
Machte sie
das immer so? Reichte es, Gleichgültigkeit vorzutäuschen?
Ausgeschlossen. Ein Männchen stellte einem Weibchen auch ohne sichtliche
Ermutigung nach, manchmal gar trotz offensichtlicher Abweisung. Lady Charlotte wirkte
nicht abweisend. Sie trug lediglich eine Miene friedfertiger, leicht dümmlicher
Sanftmut zur Schau, die Darius mittlerweile als aufgesetzt durchschaute. Lady
Charlotte war weder sanft noch friedfertig und keineswegs so arglos, wie sie
gerade wirkte. Zudem war sie vermutlich längst nicht so nett und gütig, wie
alle behaupteten. Hatte sie ihn nicht – und das schon das zweite Mal binnen
weniger Stunden – einer Frau ausgeliefert, von der sie genau wusste, dass sie
ihn zum Wahnsinn treiben würde?
»Wie das
eben immer so läuft, wenn ein Anwesen in gerichtliche Treuhandschaft
kommt«,
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