Loretta Chase
nicht verheiratet war.
Obwohl Mrs.
Steepleton ohne Unterlass geredet hatte, war von ihr nur ein weiteres der
zahlreichen Gerüchte zu erfahren gewesen, die Lady Charlotte umgaben. Diesmal
ging es um eine mysteriöse Erkrankung in ihrer Jugend. Eine Weile hatte es gar
ausgesehen, als würde Lady Charlotte ihrer Mutter früh ins Grab folgen. Doch
ihre Stiefmutter hatte sich rührend um sie gekümmert, sie zu einem längeren
Aufenthalt in den Norden begleitet und war dann mit ihr in die Schweizer Alpen
gereist, wo Charlotte langsam wieder genesen war – weshalb sie auch erst im
reifen Alter von zwanzig Jahren debütiert hatte.
Diese
Krankheit, raunte Mrs. Steepleton, sei auch der Grund, weswegen Lord Lithby dem
Mädchen mehr Freiheiten zugestehe, als gemeinhin als schicklich galt.
Des Rätsels
Lösung war das indes nicht. Ein Debüt mit zwanzig gab immer noch acht Saisons
Zeit, in den Lady Charlotte einen Gatten hätte finden können.
Aber
irgendwann würde Darius die Antwort schon finden. Er fand auf alles eine
Antwort.
»Nicht alle
Veränderungen, die meine Stiefmutter veranlasst hat,
sind ästhetischer Natur«, fuhr sie derweil fort. »Sie hat wichtige
Reparaturen und Modernisierungen vornehmen lassen.«
Er trat
näher und versuchte, sich ganz auf die Pläne und Zeichnungen zu konzentrieren.
»In einigen
der Zimmer wurden neue Dielenböden verlegt«, erklärte sie. »Neue
Lüftungsschächte wurden nachträglich ins Mauerwerk eingelassen ...«
Und so ging
es weiter über Schornsteine und Fenster, Bodenfliesen und Wasserklosetts,
Waschtische und Klingelzüge, übers Maurern und Malern, Schreinern und
Stuckieren.
Bald konnte
kein Zweifel mehr daran bestehen, dass es ein Vermögen kosten würde, Beechwood
House auf Vordermann zu bringen. Selbst das Haus im jetzigen Zustand zu
erhalten wäre kostspielig. Das konnte er sich nicht leisten.
Er wollte
es sich auch gar nicht leisten.
Er wollte
nicht über Geld nachdenken.
Er wollte
nicht über Ofenrohre, Lüftungsklappen und Klingelzüge nachdenken. Er hätte es
auch gar nicht gekonnt, selbst wenn er gewollt hätte. Denn er war ihr zu nah
gekommen und hatte ihre Fährte aufgenommen. Während sie von Belüftung sprach,
nahm er nichts anderes mehr wahr als den feinen Duft von Blumen oder Kräutern,
der sie umgab – von ihrer Seife vielleicht oder Duftkräutern, mit denen sie
ihre Kleider aufbewahrte. Er neigte den Kopf und schnupperte.
Sein Mund
war nur noch eine Handbreit von ihrem weichen, weißen Hals entfernt. Eine
Handbreit trennt dich von ernsthaften Schwierigkeiten, warnte ihn die Logik.
Darius besann sich und wich zurück.
Es gelang
ihm indes nicht, seine Gedanken auf die häusliche Instandsetzung zu konzentrieren.
Als sie von
Daunenfedern sprach, die zunächst erhitzt werden müssten, um Ungeziefer
abzutöten, bevor Bettzeug und Matratzen damit gefüllt würden, konnte er an
nichts anderes denken, als sie in seine Arme zu ziehen und mit ihr auf eine
dieser Matratzen zu sinken.
Er stellte
sich vor, wie sie ihn mit demselben süffisanten Lächeln ansah, mit dem sie ihn
bedacht hatte, als sie ihn Mrs. Steepleton ausgeliefert hatte.
Sie spielt
mit dir, meldete sich die Logik. Unberührt mag sie sein. Naiv ist sie nicht.
Entschieden verbannte er die Bilder aus seinen Gedanken. »Das klingt nach viel
Arbeit«, meinte er. »Ich frage mich, warum Lady Lithby das auf sich nehmen
will. Natürlich werden die tatsächlichen Arbeiten auf Beechwood von anderen
verrichtet, aber sie wird sich dennoch um alles kümmern und alles
beaufsichtigen müssen.« »Nicht, wenn man einen fähigen Gutsverwalter hat.
Oder einen eigenen Hausverwalter.« Lady Charlotte neigte den Kopf zur
Seite und betrachtete einen der Entwürfe mit kritischem Blick. Ihre Ohrringe
bewegten sich leicht. Einer streifte ihre Wange. »Quested könnte Ihnen gute
Leute beschaffen.«
»Er sucht
bereits einen Gutsverwalter für Beechwood«, sagte Darius. Der mich
zweihundert Pfund im Jahr kosten wird, dachte er bei sich. Laut sagte er: »Ich
hatte Quested so verstanden, dass der Gutsverwalter sich sowohl um die Ländereien
als auch das Haus kümmern würde.«
»So hat
Lady Margaret es gehandhabt«, sagte sie. »Und mein Großvater machte es
ebenso. Aber so zu verfahren, ist längst überholt und alles andere als
effizient. Fragen Sie Papa.«
»Bechwood
ist nicht Lithby Hall«, wandte Darius ein. »Es ist ein sehr bescheidenes
Gut, und meine Bedürfnisse sind gleichfalls bescheidener als die
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