Loriot - Biographie
Buchstaben unter der Karikatur, und dieser Schriftzug ist das eigentlich Bedeutende an dieser Zeichnung. Denn mit ihm war eine deutsche Marke geboren, so prägnant wie Tempo oder Nivea. Nur ahnte davon in diesem Moment noch niemand etwas.
Die bitter-heitere Zeichnung blieb ein erster Versuch. Sein Geld verdiente der frischgebackene Absolvent der Landeskunstschule zunächst noch durch Gebrauchsgrafik. Wenn er denn etwas verdiente. Gegen Ende des Jahres 1949 sah es düster aus. In Briefen an seinen Vater schilderte er die schlimme Situation des jungen Paares, natürlich immer mit dem Humor, der Späteres erahnen lässt. Manchmal jedoch war schlichtweg nicht mal Porto in der Kasse. Am 1. Dezember 1949 schrieb er, dass es ihm nicht gelungen sei, auch nur einen Auftrag zu ergattern, und Romi für alles aufkommen musste. Von den 40 D-Mark Romis lebte man und jede Einnahme wurde frenetisch gefeiert. Vicco von Bülow berichtete so von unerwarteten Honoraren in Höhe von 11 D-Mark und von Gläubigern, die er zur Zahlung bewegen wollte: »Ich gehe morgen zu meinem Gläubiger, von dem ich noch DM 40.- kriege, und gehe nicht aus dem Zimmer bis er wenigstens DM 15.- rausrückt.« [58]
Es war also ein schwieriger Herbst 1949, der seinem letzten Semester an der Hamburger Landeskunstschule folgte. Und endlich gab es einen Silberstreif am Horizont des jungen Paars von Bülow/Schlumbom: Er wollte es mit der Komik, dem Heiteren versuchen. Genauer gesagt, lernte er auf einer Party eine Dame kennen, die als Sekretärin bei der damals populären Zeitschrift die strasse arbeitete. Diese forderte ihn auf, möglicherweise im angeheiterten Zustand, doch mal im Verlag vorbeizukommen und ein paar humoristische Zeichnungen anzufertigen. Vielleicht nicht das, was sich ein junger Künstler erhoffte – aber das Geld war knapp genug, es ernst zu nehmen. Die Redaktion der Zeitschrift kaufte ihm, zu seiner großen Verwunderung, zwei Cartoons zu je 25 D-Mark ab.
Noch sind die Knollennasenmännchen allenfalls im Ansatz zu erahnen, immerhin identifiziert man auf einer Zeichnung aber schon einen Hund und einen Stresemann, jenen Anzug, den seine bieder-bürgerlichen Figuren noch oft tragen werden. Der Stresemann-Träger sagt beruhigend: »Keine Angst – er beißt nicht«, während sein Hund den anderen Mann bereits halb verschlungen hat. Auf der anderen Zeichnung sitzen sich zwei Herren in Fauteuils gegenüber, der eine sagt: »… und das Beste – meine Frau hat keine blasse Ahnung!« Besagte Dame kauert derweil, deutlich erkennbar, im Kronleuchter und beobachtet das Ganze. Sicher nichts allzu Besonderes, aber eben ein Anfang. »Der Strich dieser Tuschezeichnung wirkt, wie auch der des ersten Bildes, sehr verkrampft und bemüht. Man erkennt, dass Loriot sich diese Zeichnungen geradezu abgerungen hat«, befand Loriot-Kenner Stefan Neumann. [59]
Reich werden konnte das junge Paar mit den gelegentlichen Arbeiten für das Wochenmagazin oder auch für das Hamburger Abendblatt natürlich nicht und auch wenn Vicco immer wieder als Werbegrafiker Jobs ergatterte, so machte ihn die Zahlungsmoral der Auftraggeber nicht froh. Am 1. März 1950 schrieb er wieder an seinen Vater: »Ich habe von der Kurverwaltung Norderney die Aufforderung erhalten, ein Werbezeichen für das Bad zu entwerfen. Ich soll zunächst ›kostenlos und unverbindlich‹ Skizzen einreichen mit der Aussicht, daß bei Gefallen eine davon erworben würde. Also ein ganz unklares, lächerliches Ansinnen. Entweder sie beauftragen mich oder nicht. Habe in diesem Sinne freundlich geschrieben. Ich gehe doch auch nicht in einen Fleischerladen, hake mir eine Wurst ab, esse sie auf und sage dann, sie schmeckt mir nicht!« [60]
Immerhin tat sich ein neues Betätigungsfeld auf. Am 27. August 1950 erschienen die ersten Zeichnungen für den Stern , fünf Cartoons zum Thema »Hochhaus« mit dem Titel: »Das ist die Höhe. Zeichnungen aus dem Hochhaus-Atelier von Loriot.« Stefan Neumann, der 2000 eine Doktorarbeit über Loriot verfasste, bewertete diese Arbeit als Loriots eigentlichen Karrierebeginn: »Sie markiert den Durchbruch hinsichtlich der künstlerischen Entwicklung, in deren Rahmen sich die Zeichnungen Loriots immer weiter vom eher kläglich zu nennenden Mainstream des gezeichneten Zeitungshumors seiner Zeit entfernen. Zudem nimmt die Popularität und Breitenwirksamkeit der Zeichnungen zu.« [61]
Dennoch blieb wenig zum Leben und auch die Wohnsituation war im Jahr 1950 weiterhin angespannt. Das
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