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Lost Girl. Im Schatten der Anderen

Lost Girl. Im Schatten der Anderen

Titel: Lost Girl. Im Schatten der Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Ströle
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zusammen. Sekunden später bin ich eingeschlafen und diesmal träume ich ausnahmsweise einmal gar nichts.
    »Eva, wach auf.« Sean steht über mir. Von weiter weg höre ich Vögel und gedämpfte Stimmen. Von dem gepflasterten Hof draußen? Aus dem Theater unter uns? Wahrscheinlich beides. »Wach auf, Eva, los. Wir haben ein Problem.«
    Selbst damit kriegt er mich nicht richtig wach. Meine Muskeln schmerzen und ich bin noch ganz schläfrig. Mühsam öffne ich die Augen und sehe auf die Uhr. Schon fast Mittag. Ich hätte wahrscheinlich weitergeschlafen, aber Sean kniet jetzt neben mir und seine Augen sind sehr ungeduldig.
    Dann dringen seine Worte endlich zu mir durch. Ich fahre hoch und mein Herz klopft aufgeregt. »Wie bitte? Was für ein Problem? Haben sie uns gefunden?«
    »Nein, das nicht.« Er reicht mir eine mit Hähnchen gefüllten Wrap. »Iss das. Ich bin schon seit einer Stunde auf und habe etwas zum Frühstück geholt. Außerdem war ich in einem Internetcafé. Ich wollte mein Handy nicht anschalten, musste aber nachsehen, wo dein Schließfach liegt, wie ich dort am besten hinkomme, wie die nächste U-Bahn-Station heißt und so weiter.«
    »Und?« Jetzt, wo ich weiß, dass wir vorerst sicher sind, habe ich mich etwas beruhigt. Ich beiße in den Hähnchen-Wrap. Er schmeckt köstlich.
    »Das Fach, in dem dein Zeug liegt, existiert gar nicht mehr. Die Firma ist letztes Jahr bankrottgegangen.«
    Ich höre auf zu essen. »Alles ist weg?«, frage ich erschrocken.
    »Es müsste noch irgendwo sein«, sagt Sean. »Bestimmt haben sie alle Kunden informiert, bevor sie zugemacht haben. Wahrscheinlich hat Erik das Fach geleert und woanders ein neues eröffnet. Wir wissen nur nicht, wo …«
    »Dazu müssten wir ihn anrufen«, spreche ich den Satz für ihn zu Ende. »Aber die Meister rechnen natürlich damit, dass wir uns an Erik oder Mina Ma wenden.«
    »Genau das ist das Problem.«
    Ich kaue auf meiner Unterlippe und versuche nachzudenken, bin aber vom Schlaf noch ganz benommen. Sean geht vor mir auf und ab.
    »Und Ophelia? Sie weiß vielleicht auch Bescheid. Wenn sie seit einem Jahr in London lebt, hat Erik sie vielleicht sogar gebeten, das mit dem Fach für ihn zu erledigen.«
    Sean sieht mich an. »Ophelia wird bestimmt auch überwacht.«
    »Möglich. Andererseits ist sie Adrians Tochter. Er vertraut ihr. Du kennst Ophelia. Sie hat sich immer furchtbar aufgeregt, wenn Mina Ma über die Meisterei schimpfte, denn sie glaubt an Adrian. Sie liebt ihn. Und das weiß er auch.« Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen. »Aber Ophelia hat ihm trotzdem nicht alles über mich erzählt. Sie hat immer zu mir gehalten.«
    »Stimmt.«
    »Meinst du, wir können es wagen, Ophelia anzurufen?«
    »Ich weiß nicht.« Sean überlegt. »Ich glaube, dass sie trotzdem ein Auge auf sie haben.« Er runzelt nachdenklich die Stirn, aber es fällt ihm keine Alternative ein. »Na gut. Vielleicht ist es die einzige Möglichkeit. Aber wir rufen sie von einem Münztelefon aus an, das nicht gleich hier um die Ecke ist. Nur für den Fall.«
    »Red am besten du mit ihr.«
    Ich breche bestimmt in Tränen aus, sobald ich Ophelias Stimme höre. Dabei würde ich so gern mit ihr sprechen. Und mit den anderen.
    Sean bleibt stehen und nickt entschlossen. »Es wäre sowieso besser, wenn du hierbleibst.«
    »Aber …«
    »Es ist sicherer, Eva.« Dagegen kann ich nichts einwenden. »Wir waren uns doch einig, dass ich das Schließfach allein leere. Ich rufe Ophelia an, finde heraus, wo es ist, und fahre hin. Wenn ich wiederkomme, überlegen wir den nächsten Schritt.«
    Ich habe kein gutes Gefühl, muss aber zugeben, dass es viel vernünftiger ist, wenn Sean allein geht. Schließlich bin ich weggelaufen und sie suchen vor allem nach mir. Ich muss mich versteckt halten, solange wir in London sind.
    Ich schlinge die Arme um meinen Oberkörper. Es ist zwar nicht kalt, aber ich fröstele trotzdem. »Sei vorsichtig, Sean.«
    Sean öffnet die Bodenklappe und bleibt neben der Leiter stehen. Er lächelt. »Ich bin nicht du«, sagt er. »Natürlich passe ich auf.«
    Nachdem er gegangen ist, ziehe ich mich an. Dann schleiche ich vorsichtig nach unten, um auf die Toilette zu gehen und mir die Hände zu waschen. Von irgendwoher kommen Stimmen und Geräusche, aber die Umkleideräume scheinen leer zu sein. Ich beeile mich, blicke mich ständig um, um sicherzugehen, dass niemand kommt, und zucke bei jedem Geräusch zusammen. Ich fülle die leeren Trinkflaschen mit Wasser und

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