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Lost Land, Der Aufbruch

Lost Land, Der Aufbruch

Titel: Lost Land, Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Maberry
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verwandelt und ihn angegriffen hatte, den Schädel einzuschlagen. Es war eine schreckliche Geschichte, aber Benny glaubte, dass sie der Wahrheit entsprach. Eine Menge Geschichten dieser Art kursierten in der Stadt. Jeder, der die Erste Nacht überlebt hatte, wusste einezu erzählen. Der Bürgermeister und seine Frau waren da, dem Anlass entsprechend gekleidet, und selbst Captain Strunk von der Stadtwache trug einen Anzug.
    Benny besaß zwar keinen Anzug, hatte aber seine beste dunkle Jeans und ein sauberes weißes Hemd angezogen. Nix trug ein sehr schönes Kleid, das Fran Kirsch, die Frau des Bürgermeisters, für sie genäht hatte. Es war einen Ton dunkler als Bennys Jeans und mit Motiven von Wildblumen und Kolibris bestickt. Die Farben ließen Nix’ rotes Haar und ihre grünen Augen noch intensiver leuchten.
    Tom hatte ein schwarzes Hemd zu schwarzen Jeans übergestreift und seine Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt, die er ein paar Tage zuvor bei einem Händler gekauft hatte. Er sagte kein einziges Wort. Chong und seine Familie standen ganz in der Nähe, aber Lilah war nicht bei ihnen. Erst als Benny sich während eines der Trauerlieder umschaute, entdeckte er sie am anderen Ende des Friedhofszauns. Sie trug ein anthrazitfarbenes Kleid, das mit winzigen weißen Blüten bestickt war. Ihre schneeweißen Haare wehten in der leichten Brise und ihre Augen waren überschattet. Sie sah so kalt und schön aus wie ein Geist.
    Benny bemerkte, dass Chong sie unverwandt anstarrte.
    Auch Morgie Mitchell kam zu der Beerdigung, hielt sich aber wie Lilah ein paar Meter abseits.
    Als die Zeremonie vorüber war, begab sich nur eine Handvoll Leute zur anderen Seite des Friedhofs, um der Beerdigung der Familie Matthias beizuwohnen. Nix fasste Bennys Hand und sie bahnten sich gemeinsam einen Weg zwischen den Grabsteinen hindurch.
    Â»Weißt du, wie sich das anfühlt?«, fragte sie ihn.
    Er schüttelte den Kopf.
    Â»Es ist, als wären wir auf unserer eigenen Beerdigung.«
    Benny hielt abrupt inne, aber Nix zog ihn weiter. »Denk doch mal darüber nach … in ein paar Tagen sind wir auch fort. Niemand in der Stadt wird uns je wiedersehen. Jemand anderes wird in eurem Haus wohnen, so wie in meinem bereits jetzt jemand anderes wohnt. Bis Weihnachten sind wir Geschichte. Nächstes Jahr können sich die meisten schon nicht mehr an unsere Namen erinnern. Mich werden sie ›das rothaarige Mädchen, dessen Mutter ermordet wurde‹ nennen. Und du bist ›der kleine Bruder von diesem Kopfgeldjäger‹.« Sie sprach leise, damit nur er sie verstehen konnte, und fuhr mit den Fingern über einen Grabstein. »In zehn Jahren werden sie sich nicht einmal mehr daran erinnern, dass wir hier gelebt haben.«
    Â»Morgie und Chong werden sich erinnern.«
    Â»Woran? Dass wir sie zurückgelassen haben? Dass sie nicht mit uns fliehen konnten?«
    Â»Ist es das denn? Eine Flucht?«
    Nix zuckte die Schultern. »Vielleicht wird es so sein, als würde man in eine andere Welt hineingeboren. Ich weiß es nicht.«
    Benny musterte sie, als sie den Hügel hinunter zum Grab der Familie Matthias gingen, aber Nix erwiderte seinen Blick nicht. Sie war zwar bei ihm, aber tief in ihre eigenen Gedanken versunken.
    Tom und Chong folgten ihnen, Lilah blieb zurück.
    Zaks Familie war katholisch, also hielt Pater Shannon den Trauergottesdienst. Er war ein verhutzelter alter Mann mit Brandnarben im Gesicht und genau wie Pfarrer Kellogg von einer schrecklichen Erinnerung an die Erste Nacht gezeichnet.Er schaute zu den wenigen Trauergästen und ließ dann den Blick über den Friedhof schweifen, als hoffte er, es mögen noch mehr Menschen kommen. Aber es kam niemand. Der kleine Geistliche seufzte, schüttelte den Kopf und verlas das Totengebet, das die Anwesenden nun zum zweiten Mal hörten. Nix hielt immer noch Bennys Hand umklammert und drückte sie so fest, dass er glaubte, sie würde ihm sämtliche Knochen brechen. Es tat weh, aber lieber hätte er sich die Hand abgehackt, als sie in diesem Moment wegzuziehen. Wenn er Nix damit hätte helfen können, hätte er ihr sogar noch eine Zange und einen Schraubstock gegeben.
    Der Priester psalmodierte die Gebete, machte das Kreuzzeichen und sprach viel von Abbüßung der Sünden und Erlösung.
    Benny beugte sich zu Nix hinüber und flüsterte: »Er klingt, als würde er

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