Lost Land, Der Aufbruch
Chemikalie, die aus verwestem Fleisch gewonnen wurde â und Benny warsich ziemlich sicher, dass dafür tote Tiere und nichts anderes verwendet wurde ⦠wie etwa tote Zombies. Wenn man sich das Zeug auf Kleidung und Haare spritzte, roch man wie ein verwesender Leichnam und war meistens vor Zombies gefeit, weil diese sich nicht gegenseitig angriffen.
Chong roch das Kadaverin und wich zurück. »Entzückend.«
Tom reichte ihnen die Pfefferminzpaste und wandte sich an Chong: »Wenn wir Kadaverin einsetzen, solltest du dir das am besten auf die Oberlippe schmieren. Dann riechst du es nicht.«
Sofort machte Chong sich daran, den Flaschendeckel abzuschrauben, aber Tom hielt ihn davon ab. »Noch nicht. Kadaverin und Pfefferminzpaste nutzen wir nur im Notfall. Im Moment heben wir es auf für später.«
»Warum?«, hakte Chong nach. »Warum kaufen wir nicht ein paar Gallonen von dem Zeug und baden darin?«
Benny beugte sich zu Chong vor und flüsterte ihm zu: »Genau, denn dann findet Lilah dich bestimmt unwiderstehlich.«
Mit unveränderter Miene murmelte Chong: »Von mir aus kannst du tot vom Pferd fallen.«
Benny grinste. Ãberrascht, dass er noch grinsen konnte, drehte er sich um und warf einen letzten Blick auf die Stadt. Kein Morgie. Er schloss die Augen, holte tief Luft und versuchte, sich davon zu lösen. Vom Schmerz, vom Verrat, von der Erinnerung an Morgies letzte Worte. Während er einatmete, hatte er das Gefühl, als würden seine Lungen brennen. Konzentriert atmete er weiter ein und aus, bis sich etwas in seinem Kopf veränderte.
Wir gehen fort, dachte er. Es passiert wirklich. In dem Moment, in dem er das dachte, schoss ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Das Nebeneinander dieserbeiden Gedanken war äuÃerst verstörend, und er erinnerte sich, wie er am Vortag über Nixâ Frage gegrübelt hatte, ob er wirklich fortgehen wolle. Ein Teil von ihm sagte: Ich will mich auf den Weg machen, während ein anderer Teil flüsterte: Ich bin bereits unterwegs. Es waren zwei völlig verschiedene Antworten.
Nix, intuitiv wie immer, schaute ihn an und fragte mit einem stummen Blick, ob mit ihm alles in Ordnung sei. Ohne seine Antwort abzuwarten, drehte sie sich im nächsten Augenblick zu dem menschenleeren Zaun um und lieà die Schultern hängen. Dann wandte sie sich Benny erneut zu und nickte traurig.
Auf Wiedersehen, Morgie, dachte Benny.
»Okay, ich erkläre euch jetzt, wie es läuft«, verkündete Tom. »Ich gehe voran, ihr folgt mir. Wenn ich Anweisungen gebe, hört ihr mir aufmerksam zu. Keine Spielchen.«
Bei seinen letzten Worten warf er Benny und Chong einen scharfen Blick zu, doch die beiden schauten wie Unschuldsengel drein, die man fälschlicherweise einer schweren Sünde bezichtigt hatte.
»Ich meine es ernst«, betonte Tom. »Ich weiÃ, dass wir alle bewaffnet sind und ihr alle eine Art Grundausbildung erhalten habt. Aber im Leichenland bekommt man nur eine einzige Chance â wer sich einen Fehler erlaubt, ist tot.«
Lilah gab einen tiefen, kehligen Laut von sich, und Benny berührte unbewusst die Stelle an seinem Hals, an die sie ihm den Dolch gedrückt hatte, nach dem Kampf mit Zak und Zak junior auf dem Rasen der Familie Matthias. Nix musste dasselbe gedacht haben, denn sie trat einen halben Schritt vor und stellte sich zwischen die beiden. Auf ihrem Gesicht lag nicht der Hauch eines Lächelns.
Tom zog den Riemen fest, an dem er sein Katana um die Schulter trug, und räusperte sich. »Sobald die Zaunwachen die Zombies zum anderen Ende gelockt haben, gehen wir raus und laufen direkt zur Baumgrenze. Einer hinter dem anderen. Ich laufe voran, dann Nix, Benny, Chong und zum Schluss Lilah. Verstanden?«
Alle nickten.
»Lasst eure Waffen umgeschnallt. Im Moment ist Schnelligkeit wichtiger als alles andere. Die Wachen werden versuchen, die Zombies abzulenken, bis wir weit genug weg sind. Danach sind wir auf uns allein gestellt.«
»Was ist, wenn wir einem Zombie begegnen?«, fragte Chong.
»Falls das passiert, sehe ich ihn zuerst und kümmere mich darum. Wenn er von der Seite kommt, übernimmt Lilah ihn.« Tom schaute alle eindringlich an. »Ich will keine Heldentaten. Ich bin noch immer sauer auf euch, weil ihr zu Zaks Veranda marschiert seid. Ihr hättet mich oder Captain Strunk rufen sollen. Das war
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