Lost Land, Der Aufbruch
»Und das bedeutet: bei Anbruch der Dämmerung gewaschen, angezogen und vollständig gepackt am Zaun ⦠und nicht noch einmal unter die Decke kriechen und so tun, als hättest du mich nicht schon seit zwei Stunden rufen hören, dass du aufstehen sollst.«
Benny machte eine Unschuldsmiene, aber niemand glaubte ihm.
»Zieht Wanderklamotten an«, trug Tom ihnen allen auf. Erholte einen Zettel aus der Tasche und reichte ihn Chong. »Hier ist eine Liste mit allem, was ihr braucht.«
Chong überflog die Liste. »Da steht ja nicht gerade viel drauf, Tom.«
»Ihr wollt ja auch nicht viel schleppen, oder?«
»Nein ⦠ich meine, da fehlen ein paar Sachen. Zum Beispiel ⦠Essen.«
»Wir werden selbst Nahrung suchen und jagen. Die Natur sorgt für einen, wenn man weiÃ, wie man fragen muss.«
»Keine Zelte?«
»Ihr werdet lernen, einen einfachen Unterstand zu bauen. Ihr braucht nur einen Schlafsack. Wir kommen ohne Komfort aus.«
»Kein Toilettenpapier?«
Benny grinste. »Das ist mit âºohne Komfort auskommenâ¹ gemeint, Chong.«
»Wir nehmen Grasbüschel oder weiche Blätter«, erläuterte Tom.
Chong starrte ihn an. »Bitte sag mir, dass du gerade einen Scherz gemacht hast.«
»Die Steinzeitmenschen hatten auch kein Toilettenpapier«, warf Benny ein. »Ich wette, das steht sogar in einem deiner Bücher.«
»Ja, die Steinzeitmenschen vielleicht, aber inzwischen haben wir uns weiterentwickelt«, entgegnete Chong eisig.
Tom lachte. »Geht packen.«
Das Schwerste war der Abschied.
Benny hatte nicht viele enge Freunde in der Stadt, bis auf Morgie. Nix hatte sich schon von ihm verabschiedet. Jetzt war er an der Reihe.
Die Hände in den Hosentaschen vergraben, ging er durch die StraÃen der Stadt und sah sich die vertrauten Gebäude und Wohnhäuser an. Da war Laffertyâs Krämerladen, wo er und seine Kumpels immer Cola getrunken und Zombiekarten ausgepackt hatten. Auf der Holztreppe saÃen drei Neunjährige mit mehreren Kartenpäckchen auf dem SchoÃ. Sie lachten und zeigten einander ihre coolen Karten: Helden der Ersten Nacht. Kopfgeldjäger. Berühmte Zombies. Vielleicht sogar eine der superseltenen Bonuskarten.
Benny bog in Morgies StraÃe ein und sah das Haus der Mitchells am Ende des Blocks, wo es im Schatten zweier massiver Eichen stand. Morgie saà auf der obersten Treppenstufe und wickelte die Schnur seiner Angelrute auf. Sein Angelkasten stand geöffnet neben ihm und sein Hund Cletus döste in einem breiten Sonnenstrahl.
Als Benny den gepflasterten Weg hinaufkam, schaute Morgie von seiner Beschäftigung auf.
»Hey«, sagte er zur BegrüÃung.
»Hey.«
Morgie beugte sich über die Angelrute und fädelte eine Angelschnur sorgfältig durch die Ãsen. Es war eine alte Rute aus der Zeit vor der Ersten Nacht, die Morgie liebevoll pflegte. Sie hatte seinem Vater gehört. »Schätze, das warâs dann wohl«, meinte er mit flacher, lebloser Stimme.
»Vielleicht kommen wir zurück«, setzte Benny an, sprach aber nicht weiter, weil Morgie bereits den Kopf schüttelte.
»Lüg nicht, Benny.«
»Tut mir leid.« Benny räusperte sich. »Ich wünschte, du könntest mit uns kommen.«
Morgie blickte auf. Seine Miene wirkte plötzlich verkniffen und kalt. »Wirklich? Du willst wirklich, dass ich mitkomme? Mit dir â¦Â«
»Klar â¦Â«
»⦠und Nix?«
Da war es. So schnell und heftig wie eine Ohrfeige.
»Komm schon, Morgie. Ich dachte, du wärst schon letztes Jahr über sie hinweg gewesen â¦Â«
»Du warst so damit beschäftigt, dich auf dein groÃes Abenteuer vorzubereiten ⦠wie willst du da wissen, was andere fühlen?« Benny wollte etwas entgegnen, aber Morgie schüttelte angewidert den Kopf. »Verschwinde einfach, Benny.«
Benny trat einen Schritt vor. »Sag doch so was nicht.«
Plötzlich warf Morgie seine Angelrute weg und sprang auf. Er war wütend und verletzt und hatte einen knallroten Kopf.»ICH HASSE DICH!«, schrie er. Cletus wachte auf und bellte alarmiert und aus den Eichen stoben vor Schreck mehrere Vögel auf.
»Hey, Mann«, setzte Benny abwehrend an. »Was zum Teufel ist in dich gefahren? Worum geht es hier eigentlich?«
»Es geht darum, dass ihr beide mich ausgebootet habt und dass du mit ihr zu
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