Lost Land
den Kopf, als wollte sie die Erinnerung verscheuchen. »Sie haben sie einfach liegen gelassen. Wie Abfall im Regen. Als wäre sie nichts ⦠ein Niemand. Ich war schon hier drauÃen, zwei Tage vorher geflohen, kehrte aber zurück. Heimlich, leise. Um Annie zu holen.Aber ⦠als ich sie fand, war Annie tot. Schon tot. Dann ist sie ⦠zurückgekehrt.«
»Oh Gott, nein â¦Â«
»Wollte beiÃen.«
Weitere Tränen liefen Lilah über die Wangen. Mehr würde sie zu diesem Thema nicht sagen. Nix fragte sie, was sie mit ihrer Schwester gemacht hatte, doch Lilah schüttelte nur den Kopf. Benny erinnerte sich an das, was Tom ihm von dem Mann erzählt hatte, den Lilah immer wieder zu töten versucht hatte. Den Motor City Hammer. All diese langen, frustrierenden Jahre hatte Lilah Männer, die dem Hammer ähnlich sahen, getötet, in der Hoffnung, ihm selbst eines Tages so nahe zu kommen, dass sie Rache nehmen konnte für das, was er ihr und ihrer kleinen Schwester angetan hatte.
»Tut mir leid«, sagte Nix.
Lilah wandte sich ihr mit kalten Augen und eisiger Stimme zu. »Leid? Bringt das Annie zurück?«
»Na ja, nein, aber ich â¦Â«
»Spar dir Worte wie âºTut mir leidâ¹. Spar sie auf für die Toten. Die Lebenden brauchen sie nicht.« Lilah schnappte sich einen Löffel und rührte so heftig in dem Eintopf herum, dass ein paar Gemüsebrocken ins Feuer schwappten.
Schweigend nahm Benny Nixâ Hand.
»Wie kann die Welt nur so grausam sein?«, fragte Nix leise.
Benny war nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten, doch die Wärme und Wirklichkeit der Hand, die er in seiner hielt, war ein Beleg dafür, dass Grausamkeit nicht die einzige Kraft war, die ihre Welt antrieb.
»Lilah, kehrst du mit uns in die Stadt zurück?«, fragte Nix.
Das Verlorene Mädchen schaute auf. »Warum?«
»Damit du in Sicherheit bist«, erklärte Nix.
»Hier bin ich in Sicherheit.«
»In der Stadt ist es sicherer«, sagte Nix.
Doch Lilah lachte nur. »Charlie und der Hammer haben deine Mutter in eurer Stadt getötet.« Sie zeigte auf Benny. »Haben seinen Bruder hier drauÃen getötet. Nirgendwo ist es sicher.« Bevor Benny oder Nix darauf antworten konnten, fügte sie hinzu: »Hier drauÃen töte ich. Wanderer, schlechte Menschen. Ich töte und überlebe. Hier bin ich in Sicherheit.«
Diese Worte beendeten die Unterhaltung, bis der Eintopf fertig war. Lilah teilte das Essen aus. Doch Benny kostete es groÃe Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, denn Kochen war offenbar das Einzige, was dieses wilde Mädchen nicht konnte: Der Eintopf schmeckte wie heiÃes Spülwasser. Er bemerkte, dass Nix so tat, als genieÃe sie das Essen, tatsächlich jedoch kaum etwas davon anrührte.
»Lilah«, setzte Benny an. »Rotaugen-Charlies Lager ist irgendwo doch hier oben, stimmtâs? Auf der anderen Seite des Bergs?«
Lilah nickte.
»Nix, du hast gehört, was er gesagt hat ⦠Er hat Kinder dahin verschleppt, richtig?«
»Ja«, bestätigte Nix schaudernd. »Sie bringen sie nach Gameland. Dorthin wollten sie auch mich verschleppen.«
»Gameland«, zischte Lilah und fletschte dabei die Zähne wie eine Raubkatze. Ihre Finger umklammerten ihre Gabel, bis die Sehnen ihrer Hand so gespannt waren wie die Saiten einer Geige. »Annie.«
»Gameland«, wiederholte Nix mit matter, ausdrucksloser Stimme.
»Charlie und der Hammer haben unsere Familien zerstört. Sie sind bösartiger als jeder Zombie hier drauÃen im Leichenland. Bösartiger als eine ganze Welt von Zombies. Die Zombies wissen nicht, dass das, was sie tun, unrecht ist. Charlie und der Hammer aber wissen es genau. Sie sind böse.«
»Böse«, wiederholte Lilah.
»Worauf willst du hinaus, Benny?«, fragte Nix.
Benny stellte seinen Teller ab und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Hört zu«, sagte er. »Ich bin alles andere als ein Held, aber eigentlich will ich jetzt noch nicht wieder in die Stadt zurück. Ehrlich gesagt, kann ich gar nicht in die Stadt zurück â nicht, solange ich weiÃ, dass diese Kinder dort oben sind.«
»Was schlägst du vor?«, fragte Nix. »Dass wir in sein Lager marschieren und ihn bitten, die Kinder freizulassen?«
»Ich weià es nicht, aber irgendwas müssen wir
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