Lost Land
tiefe Wunden zugefügt hatten. Und dann lächelte auch sie.
Jeder, der diese drei Teenager auf diese Weise hätte lächeln sehen, wäre vor Angst und Schrecken davongelaufen.
Und genau darauf baute Benny.
Als die Idee erst einmal geboren war, machten sie sich an die Arbeit, feilten daran herum und brachten sie in eine grobe Form. Es wurde sofort klar, dass sie schnell handeln und augenblicklich mit der Umsetzung beginnen mussten. Lilahs Waffenarsenal und Gerätschaften lieferten ihnen alles, was sie brauchen würden. Während sie die Ausrüstung durchgingen, lieà Lilah Benny keine Sekunde aus den Augen, was er mit einem mulmigen Gefühl registrierte ⦠genau wie die Tatsache, dass Nix Lilah nicht aus den Augen lieÃ. Benny fragte sich, ob Nix versuchte, mittels Telepathie eine Botschaft zu übermitteln. In diesem Fall war Lilah entweder immun gegenüber der atomaren Strahlung von Nixâ Gedanken oder sie kümmerte sich einfach nicht darum. Vielleicht besaà sie aber auch, nachdem sie während der gesamten Pubertät allein gelebt hatte, keine klare Vorstellung davon, was sie empfand, welche Signale sie ausstrahlte und wie kompliziert das soziale Miteinander sein konnte. Benny wünschte, Chong wäre hier gewesen, um es ihm zu erklären.
Als sie ihre Ausrüstung zusammengestellt hatten, führte Lilah sie aus der Höhle und durch den Irrgarten ihrer Tretfallen direktzurück in den Wald. Sie bewegte sich schnell und wählte Pfade, die sowohl verborgen als auch zielgerichtet waren. Benny und Nix bemühten sich, mit ihr Schritt zu halten, während sie Bäche überquerten, Felsnasen erklommen, durch dorniges Gestrüpp krochen und im Halbschatten über Wildwechsel huschten. Der Tag schien der heiÃeste des ganzen Sommers zu werden und der Schweià rann ihnen aus allen Poren, doch keiner der drei kümmerte sich darum. Ihr Ziel verlieh ihnen neue Kräfte und das Wissen um die mögliche Chance, sich an Charlie rächen zu können, entfachte ein Feuer, das noch heiÃer brannte als die Sonne.
Das Lager der Kopfgeldjäger befand sich auf der anderen Seite des Bergs und sie benötigten für die Strecke fast zwei Stunden. Lilah führte sie zu einem Felsvorsprung, der von WeiÃem Salbei überwuchert war. Sie krochen bis an die Kante des schmalen Vorsprungs und tarnten sich mit Zweigen. Das Lager wirkte seltsam ungeschützt; Pfade führten durch waldiges Gebiet hinauf zu einem Plateau, so flach wie eine Tischplatte. Drei Handelsfuhrwerke, deren Seiten mit Blech verstärkt waren, standen so positioniert, dass sie jeweils einen der Pfade blockierten. Die Pferde waren in der Mitte des Lagers eingepfercht; selbst in der Nachmittagshitze trug jedes der Tiere eine Teppichdecke. Wortlos zeigte Lilah nacheinander auf die einzelnen Wachen und auf die anderen Männer, die im Lager umhergingen.
Nix fluchte stumm in sich hinein. In dem Lager befanden sich 23 Männer. Sie warf Benny einen Blick zu, doch der verzog keine Miene, sodass sie nicht sehen konnte, dass eine Angstattacke sein Herz wie wild hämmern lieÃ. Die Entschlossenheit, die er noch in der Höhle verspürt hatte â zum Teil Mut, zum Teil Rachsucht, zum guten Teil aber auch nackter Wahnsinn â, gerietnun schlagartig ins Wanken. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so viele sein würden.
Plötzlich blieb sein Blick an dem Pferch hängen, in dem sie die Kinder gefangen hielten. Es handelte sich tatsächlich um einen Pferch â eine Art Koben, wie man ihn zum Halten von Schweinen verwendete. Zwei Männer hielten Wache bei den Gefangenen und der flimmernde Hitzeschleier zwang Benny zu mehreren Versuchen, sie alle zu zählen. Statt einem Dutzend kam er schlieÃlich auf insgesamt 19 Kinder. In den vergangenen Stunden mussten weitere Kopfgeldjäger im Lager eingetroffen sein, was die höhere Anzahl von Wachleuten und Gefangenen erklärte.
19 Kinder. Fünf Jungen, 14 Mädchen. Die Ãlteste sah aus, als wäre sie gerade einmal zwölf, die jüngsten waren ungefähr acht. Sie kauerten auf dem Boden und waren durch Seile aneinandergebunden, die man jeweils durch einen Metallring an ihren ledernen Halsbändern geführt hatte.
Der Anblick dieser wie Tiere im Pferch aneinandergedrängten Kinder beseitigte jeden Zweifel, den Benny gehegt hatte, als er zum ersten Mal auf das Lager hinabschaute. Wäre Nix nicht
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