Lost Land
Fleischstücke und Gemüse hinein. »Ich selbst. Wer sonst?«
»Wie viele dieser Bücher hast du gelesen?«
»Alle.« Liliah lächelte zum ersten Mal, seit sie losmarschiert waren. Sie beugte sich vor und rührte im Topf. »Ich ⦠lese, äh, besser als ich rede. Tut mir leid.«
»Tut dir leid?«, stieà Benny begeistert hervor. »Lilah, du bist unglaublich! Ist sie nicht unglaublich, Nix?« Fasziniert wandte sich Benny Nix zu, doch deren Miene war mehr als unterkühlt. In dem Moment begriff Benny schlagartig, dass es dringend notwendig war, die Ereignisse der letzten Sekunden noch einmal neu zu bewerten. Vom weichen Licht des Kochfeuers beleuchtet, beugte Lilah sich vor und lächelte. Die wenigen, noch übrig gebliebenen Fetzen ihres Hemdes bedeckten ihren Körper äuÃerst unzureichend. Diese Tatsache war Benny bisher überhaupt nicht aufgefallen  â das musste man ihm zugutehalten â, doch nun bemerkte er sie sehr wohl. Und er bemerkte auch, dass Nix sie beide beobachtete. Benny hätte sich ohrfeigen können und er betete um ein Erdbeben oder um einen zeitlich gut passenden Angriff einer Horde Zombies. Hastig versuchte er, die Situation zu retten, indem er seine letzte Frage ergänzte: »⦠dass sie so viele Bücher gelesen hat?«
Aber wie bei allen lahmen Versuchen zeigte auch dieser kaum Wirkung. Das Lächeln, das er Nix schenkte, sollte ernsthaft und literarisch interessiert wirken und vollkommen blind gegenüber dem offenherzigen Dekolleté, das Lilah zeigte. Doch Nixâ Grinsen war so eisig, dass jede Zimmerpflanze einen sofortigen Kältetod gestorben wäre.
Und Chong wirft Morgie vor, er wäre begriffsstutzig, dachte Benny, während er spürte, wie sein Lächeln zu bröckeln begann.
»Hat George dir das Lesen beigebracht?«, wandte Nix sich schlieÃlich an das andere Mädchen.
Lilah, die zu unerfahren im Umgang mit Menschen war, um die Situation richtig deuten zu können, nickte und lehnte sich zurück. »Ja. Wir mussten lesen. Ständig. âºWissen ist Macht⹠«, zitierte sie mit einer Stimme, die eindeutig versuchte, George nachzuahmen.
Nix und Benny nickten und Benny ergriff die Gelegenheit, um Lilah ein paar Fragen zu stellen. »Hast du die ganze Zeit hier allein gelebt? Ich meine ⦠seit Gameland?«
Sie nickte. »Allein.«
»Wie hast du es geschafft, all die Jahre zu überleben?«, hakte Nix nach.
Lilah wandte sich ihr mit kaltem Blick zu. »Was ich sehe«, sagte sie, »das töte ich.«
»Mein Gott«, murmelte Nix.
»Was ist mit den Raststättenmönchen?«, fragte Benny. »Helfen sie dir denn nicht?«
»Mönche ⦠Wir reden nicht. Sie machen ihre, äh, Sachen. Ich mache meine.«
»Tom hat erzählt, er hätte dich zweimal gesehen.«
»Tom«, wiederholte sie und schüttelte den Kopf.
»Er sah aus wie ich. Aber er war älter. Dunkleres Haar, dunklere Haut. GröÃer. Trug ein Schwert.«
Das Gesicht des Verlorenen Mädchens hellte sich auf und sie lächelte auf eine Art und Weise, die darauf hindeutete, dass sie nicht nur wusste, wer Tom war. Ihr Lächeln verriet mehr mals reines Erkennen. »Der Schwertmann«, sagte sie. »Sehr, äh, hübsch.« Dann schaute sie Bestätigung suchend in Nixâ Richtung. »Hübsch?«
»Attraktiv«, korrigierte Nix. »Scharf.«
Das Wort gefiel Lilah. »Scharf.« Sie wandte sich Benny zu. »Aber ⦠tot?«
Er nickte. »Der Hammer hat auf ihn geschossen und daraufhin ist er den Zombies in die Hände gefallen.«
Lilahs Lächeln verblasste. »Dann ist er ein Wanderer.«
Benny konnte diesen Gedanken nicht ertragen und wechselte abrupt das Thema. »Lilah, Tom meinte, du könntest Leuten zeigen, wo das neue Gameland steht.«
»Was für Leuten?«
»Leuten in unserer Stadt. In Mountainside.«
Sie zuckte die Achseln. »Warum?«
»Ich glaube, Tom hat gehofft, dass Charlie verhaftet wird. Verstehst du, was das bedeutet? Verhaftet?«
»Hab davon gelesen. Sache aus alter Welt. Nicht unserer Welt.«
»Stimmt«, bestätigte Nix bitter und berührte dann vorsichtig Lilah am Arm. »Erzähl ⦠Was ist passiert, nachdem die Männer dich und Annie entführt ⦠euch George weggenommen hatten?«
»George«, murmelte Lilah mit
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