Lost Land
einen höchst merkwürdigen Bruchteil einer Sekunde, hätte Benny schwören können, dass darin ein Hauch von Erkennen lag ⦠dass ein winziger Teil des ehemaligen Künstlers in heller Panik aus den Augen dieses toten Wesens schaute, in das Sacchetto sich verwandelt hatte.
»Mr Sacchetto«, wiederholte Benny und dieses Mal überschlug sich seine Stimme und schien gleich vollends zu brechen.
Der Mund des Zombies bewegte sich, versuchte, Worte zu formen, und entgegen aller Vernunft hoffte Benny, dass der Künstler doch noch irgendwie in seinem Körper steckte. Dass er auf irgendeine unvorstellbare Weise in der Lage gewesen war, gegen den Wandel vom Menschen zum Monster anzukämpfen. Doch aus der toten Kehle drang lediglich ein leises Stöhnen, aus dem keine andere Bedeutung sprach als jener Hunger, den das Wesen nie begreifen und nie stillen können würde.
Es brach Benny fast das Herz, die äuÃere Hülle dieser Person zu sehen und zu wissen, dass alles Menschliche an ihr ⦠fort war. Diese Erkenntnis traf Benny so brutal, dass er das Gefühl hatte, ihm würde gleich der Kopf platzen.
Der Zombie trat auf Benny zu, streckte die gebrochenen Finger nach ihm aus, aber Benny war noch immer wie gelähmt undstand wie angewurzelt auf dem regennassen Küchenboden. Erst als die kalten Fingerkuppen des Zombies seine Wange streiften, erwachte Benny ruckartig aus seiner Starre.
Er schrie â vor Angst und vor Wut. Angst vor dem, was nach ihm griff: dieses tote, torkelnde Ding. Und Wut, weil man ihm etwas genommen hatte: einen Freund, einen Menschen, den er gekannt hatte.
Panisch wich Benny vor den zupackenden Fingern zurück, rutschte dabei auf dem FuÃboden aus und taumelte rückwärts, bis er mit dem Rücken gegen die Tür zur Diele stieÃ. Der Aufprall rüttelte ihn endgültig wach und er wirbelte herum und stürmte auf das Wohnzimmer zu. Dabei krachte er gegen einen kleinen Tisch und schleuderte diesen hinter sich, drehte sich aber nicht um, als dieser gegen die Schienbeine des Zombies schlug. Das Monster stürzte zu Boden und Benny hörte das dumpfe Geräusch von aufschlagenden Kniescheiben und Ellbogen, aber keinen Schmerzensschrei â wie er es von einem normalen Menschen erwartet hätte.
Benny stürmte ins Wohnzimmer und hechtete nach der Tasche mit der Trainingsausrüstung. Die besten Waffen lagen in der Küche â Messer, Hämmer, eine Werkzeugkiste. Hier hatte er nur die Holzschwerter. Aber sie würden genügen müssen. Benny zerrte an dem rauen Leinenstoff, fingerte ungeschickt am ReiÃverschluss herum und zog ihn schlieÃlich auf, wobei er sich einen Fingernagel halb einriss. Er fluchte unterdrückt und ignorierte den Schmerz. Endlich ging die Tasche auf und er griff genau in dem Augenblick hinein, als Sacchetto ins Wohnzimmer getorkelt kam. Benny warf einen raschen Blick auf die Vordertür. Sie war verriegelt und er wusste, dass es ihm nicht gelingenwürde, die Schlösser zu öffnen, bevor das Wesen ihn erreichte. Damit war das Gegenteil der Situation eingetreten, die er für Tom befürchtet hatte.
Finger streiften sein Haar und versuchten, sich festzukrallen, doch Benny warf sich über die Couch und zerrte die Tasche mit sich. Polternd fielen die Holzschwerter heraus. Er packte eines und wirbelte auf den Knien herum, während der Zombie sich über die Couch beugte und nach ihm griff.
Benny rammte dem Zombie die Spitze des Schwerts in die Brust. Der Hieb enthielt seine gesamte Angst und Panik und fiel härter aus, als Benny erwartet hätte. Ein heiÃer Schmerz schoss ihm die Arme hinauf. Fast hätte er das Schwert fallen gelassen.
Der Zombie schlug nun nach seinem Gesicht und Benny spürte, wie ihm ein Fingernagel die Wange vom Ohr bis zur Nase aufkratzte.
Rasch wechselte Benny den Griff um das BokutÅ, umklammerte es mit beiden Händen wie einen Schlagstock und rammte es gegen die Schultern des Zombies, um diesen zurückzudrängen und aus dem Gleichgewicht zu bringen. Der Zombie war jedoch kräftiger als erwartet und Benny begriff nun, dass Sacchetto sich erst kurz zuvor verwandelt haben konnte, unmittelbar vor oder während des Gewittersturms. Er war nicht verwest, hatte noch nicht an Masse eingebüÃt. Möglicherweise hatte er noch nicht einmal seinen Verstand vollständig verloren. Vielleicht war er ja deshalb fähig gewesen, den
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