Lost Land

nicht hinzuschauen. Ihm war bereits aufgefallen, wie grotesk verkrümmt die Hände des Künstlers waren. »Irgendjemand hat Sacchetto das angetan«, erklärte er. »Als er noch lebte.«
    Tom nickte. »Seine Rippen sind ebenfalls gequetscht und es sieht so aus, als habe ihm jemand ein paar Zähne ausgeschlagen. Jemand hat ihn so lange gefoltert, bis er starb, Benny. Und als Sacchetto dann als Zombie wiedererwacht ist, wurde er hierhergebracht.«
    Â»Hierhergebracht? Warum sollte jemand einen Zombie hierherbringen?«, fragte Benny skeptisch.
    Tom betrachtete ihn mit kalten und gefährlichen Augen. »Um uns umzubringen, natürlich.«

»Wer will uns denn umbringen?«, hakte Benny nach.
    Tom gab keine Antwort und fragte stattdessen: »Hast du draußen jemanden gesehen oder gehört?«
    Â»Nein, nur das Gewitter«, erklärte Benny. Aber dann zögerte er. »Na ja … eigentlich hab ich doch was gehört. Irgendetwas hat gegen die Hauswand geschlagen. Ich glaube, es war eine Kugel. Du hast doch gesagt, dass Kugeln eine lange Strecke zurücklegen können, daher ging ich davon aus, dass es sich um eine verirrte Kugel von den Wachleuten handelte. Dann begann jemand, am Türknauf zu rütteln. Ich dachte, du würdest versuchen, wieder reinzukommen. Du hattest ja keinen Schlüssel mitgenommen, also glaubte ich …«
    Sanft berührte Tom Bennys Schulter. »Schon gut. Ich verstehe, warum du die Tür geöffnet hast – und es ist meine Schuld, dass ich keinen Code mit dir ausgemacht hatte. Zum Beispiel erst dreimal und dann zweimal klopfen.«
    Â»Oder einfach durch die Tür hindurchbrüllen?«, schlug Benny vor.
    Sein Bruder grinste. »Richtig. Tut mir leid. Ich war ein wenigüberrumpelt. Aber zurück zum Türknauf: Du hast gesagt, jemand hat daran gedreht?«
    Â»Ein paarmal.«
    Gemeinsam warfen sie einen Blick auf den Leichnam. »Theoretisch könnte das Rob gewesen sein.«
    Â»Mit gebrochenen Fingern?«
    Â»Zombies empfinden keinen Schmerz.«
    Â»Aber … einen Türknauf drehen? Zombies können nicht …«
    Â»Es kommt zwar nur selten vor, aber man hat schon davon gehört. Normalerweise können sie so etwas nur in den ersten Minuten nach der Wiederauferstehung, denn je länger jemand ein Zombie ist, desto unkoordinierter werden seine Handlungen. Das Hirn stirbt langsam, aber kontinuierlich ab.«
    Â»Ist Mr Sacchetto denn schon lange tot?«
    Tom kniete sich hin und legte die Fingerspitzen auf die Haut des Künstlers. »Hm, schwer zu sagen. Heißer Tag, kalter Regen. Aber ich bezweifle, dass er länger als ein oder zwei Stunden tot ist. Also befinden wir uns in einer Grauzone.«
    Â»Was wäre die Alternative?«
    Â»Na ja, falls nicht Rob diesen Türknauf gedreht hat, muss es jemand anderes gewesen sein. Derjenige oder diejenigen, die Rob auch hierhergebracht haben. Mag sein, dass Rob noch genug Intelligenz besaß, um einen Knauf zu drehen. Aber ich glaube nicht, dass er zum Zombie mutierte und dann den ganzen Weg durch die Stadt marschiert ist, um speziell auf uns loszugehen. Abgesehen davon, dass Zombies so etwas nicht tun, gibt es Hunderte von Menschen, die zwischen uns und dem Stausee leben. Nein. Das war Absicht … so als würde jemand eine Schusswaffe gegen uns richten und den Abzug betätigen.«
    Â»Aber … warum?«
    Toms Lippen verzogen sich zu einer wütenden Grimasse. »Das ›Wer‹ beantwortet in diesem Fall das ›Warum‹.«
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Ich dachte, das läge auf der Hand, Kleiner. Wer auch immer das hier getan hat, will nicht, dass wir das Verlorene Mädchen finden.«
    Mehr brauchte Benny nicht zu wissen. Die Puzzleteilchen fügten sich wie von selbst zusammen. »Charlie?«, fragte er ungläubig.
    Â»Charlie. Und Marion Hammer.«
    Â»Das heißt, sie waren gar nicht zufällig vor Mr Sacchettos Haus, oder? Wahrscheinlich ist ihnen klar geworden, dass ein neues Set Zombiekarten herausgekommen ist. Zak Matthias hat ein Dutzend Päckchen gekauft. Auch er muss eine der Karten mit dem Verlorenen Mädchen gefunden und sie seinem Onkel gezeigt haben.«
    Â»Darauf kannst du wetten.«
    Â»Zak war im Laden, als ich meine Karte mit dem Mädchen ausgepackt habe. Vielleicht ist er nach Hause marschiert und hat seinem Onkel davon erzählt. Aber selbst wenn, warum