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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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gewesen.
    Adler zog sie zu sich und küsste sie auf den Mund. Sie genoss es für
einen Moment, rückte dann aber sanft von ihm ab und deutete mit dem Kopf zur
Bühne. Sie konnte nicht reden, aber sie wusste, dass sie das Stück zu Ende
sehen musste. Noch hatte sie keine Vorstellung, wie das Spektakel sie zum
nächsten Cache bringen sollte.
    * * *
    Parizek war es egal, ob sie seinen Wagen abschleppten. Er musste
ins Burgtheater. Er wollte Valentina Fleischhacker endlich in Handschellen. Die
Kaspereien von Alberto und den Mafiaschergen gingen ihm mächtig auf den Senkel.
Bauer hatte ihm unmissverständlich Druck mit der Dienstaufsicht gemacht. Er
musste sich jetzt entscheiden. Und da Alberto ihn offensichtlich nicht mehr
brauchte und ihn auch nicht mehr mit nötigen Informationen versorgte, lag es
nahe, sich nun für Recht und Ordnung zu entscheiden. Fleischhacker stand
offiziell auf der Fahndungsliste, sie zu schnappen besaß jetzt Priorität.
    Über Funk hatte er Verstärkung angefordert. Er selbst war wieder
einmal der Erste vor Ort. Ob es daran lag, dass er die
Geschwindigkeitsbegrenzung auch ohne Blaulicht ignorierte, oder daran, dass die
Kollegen ebenfalls Gehälter von der anderen Seite bezogen, interessierte ihn
augenblicklich nicht.
    Er stürmte ins Burgtheater und wurde sofort von zwei Männern in
Uniform aufgehalten. Parizek verdrehte die Augen. Niemand besaß mehr Macht als
die Platzanweiser des Burgtheaters.
    »Sie können hier nicht einfach rein. Es ist Vorstellung. Gleich
kommt die große Rede von Danton vor dem Revolutionstribunal. Ich bitte um
Respekt vor der Kunst«, ereiferte sich der ältere der beiden Chargen und hob
dabei so bedeutungsvoll seine Augenbrauen, dass sie ihn fast vom Boden lupften.
Parizek befürchtete, dass der Wichtigtuer gleich selbst aus dem Stück zu
rezitieren begann, und hielt ihm einfach nur den Dienstausweis unter die Nase.
    Sofort bekam die Körperhaltung des Kunstdieners einen Kratzbuckel,
und ein imaginärer roter Teppich wurde vor Parizek ausgerollt.
    »Entschuldigen Sie vielmals, Herr Inspektor. Bitte sehr, Herr
Präsidialrat, Herr Minister …«
    Parizek ließ die beiden mit großen Schritten hinter sich und war
längst im ersten Rang angelangt, ehe der Platzanweiser ihn zum Kaiser ernannt
hatte.
    * * *
    Danton zum Henker: »Willst du grausamer sein als der Tod? Kannst
du verhindern, dass unsere Köpfe sich auf dem Boden des Korbes küssen?«
    Albertos Handy brummte. »Jetzt« stand auf dem Display. Il Cervello
hatte die Textstelle geändert. Bei ihm musste man auf alles gefasst sein. Wer
nicht im Moment reagieren konnte, war verloren.
    Er drehte das Fernrohr herum, visierte das Herz Adlers an und
drückte ab. Dann schraubte er sein Instrument rasch zusammen, verstaute es in
dem Klarinettenkoffer und schob ihn unter einen freien Sitz. Mit wenigen
Schritten verließ er den oberen Rang.
    * * *
    Valentina spürte, wie Adlers Hand sich so fest um ihre krallte,
dass es zu schmerzen begann. Sie drehte sich zu ihm, sah seinen offenen Mund,
das blutverschmierte weiße Hemd und spürte, wie die verkrampfte Hand plötzlich
und für immer losließ. Adler rutschte vom Stuhl und blieb leblos liegen.
    Die Tür der Loge öffnete sich, Parizek stürmte herein.
    Von der Bühne drang die Stimme Luciles: »Es ist doch was wie Ernst
darin. Ich will einmal nachdenken. Ich fange an, so was zu begreifen. Sterben –
Sterben –«
    Valentina versuchte, Parizek zur Seite zu schieben und durch die Tür
zu entkommen. Aber er stand da wie ein Fels. Sie drehte sich um, sah über die
Brüstung hinab auf Bühne und Zuschauerraum. Es war zu hoch, um zu springen. Die
einzige Möglichkeit war, sich an den nächsten Balkon zu werfen und über die
Zuschauerreihen des ersten Ranges zu entkommen.
    Sie setzte zum Sprung an. Parizek schnappte nach ihr, erwischte sie
an der Schulter. Sie entglitt ihm, verlor aber das Gleichgewicht.
    Ihr Sprung verunglückte, doch es gelang ihr noch, mit einer Hand die
Balustrade des ersten Ranges zu erwischen. Unter den Zuschauern dort entstand
Unruhe. Sie wussten nicht, ob sie sich dem Finale auf der Bühne oder der
turnenden Frau widmen sollten.
    Valentina schaffte es, sich an der Balustrade emporzuziehen und in
den ersten Rang zu klettern. Einige Zuschauer kicherten, ein Mann empörte sich:
»Hauptsache modern. Was hat das jetzt mit Büchner zu tun?«
    Valentina achtete nicht auf ihn, sondern drehte sich zur Führerloge
um, aus der Parizek ihr nachsah. Er machte

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