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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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seinem Einschuss
dreinschaute.
    Parizek ging das Geigengedudel jetzt allmählich auf den Geist. Er
hörte keinen Anfang und kein Ende in den stets wiederkehrenden Loops. Fugen
nannte man das wohl. Er gähnte ausgiebig und streckte die Arme hinter dem
Rücken. Er hatte es satt, auf halb tote Zeugen zu warten. Entweder er würde sich
wieder in den Sessel setzen und ebenfalls ein Nickerchen machen, oder er würde
in die Mariahilfer Straße fahren, um sich eine Hure vom Straßenstrich ins Auto
zu laden. Mit seinem Dienstausweis hatte er mehr als Kredit bei den
Lacklederstiefeln. Er dachte kurz darüber nach und erinnerte sich, dass es
nicht Juni war, sondern Ende Oktober. Da machte es keinen Spaß, im Auto zu
vögeln.
    Er tastete in der Manteltasche nach seinem Handy und überprüfte das
Display. Er hatte keine Nachricht verpasst. Die Kollegen würden sich melden,
wenn sie etwas von Valentina wüssten.
    * * *
    Das große Tor war zugesperrt. Valentina konnte die Klinke noch
so lange hinunterdrücken, es bewegte sich nichts.
    Sie war sich mittlerweile sicher, dass außer ihr niemand in der
Halle war. Es war ihr allerdings noch immer nicht klar, ob sie sich im
Burgtheater oder an einem anderen Ort befand. Und warum der heimtückische
Schläger, der ihr den Brummschädel verpasst hatte, sie hierherverfrachtet
hatte, das wusste sie auch nicht. Sie war darauf gefasst, dass er wiederkehren
würde, und hatte sich mit einer Eisenstange bewaffnet, die sie in der Halle
gefunden hatte. Die Beretta, die sie dem toten italienischen Polizisten
abgenommen hatte, war auch ihr wieder stibitzt worden.
    Immer wieder kam ihr Adler in den Sinn. Der innige Händedruck, der
zärtliche Blick, der Kuss. Dann das verzerrte Gesicht und das blutverschmierte
Hemd. Lebte er noch? Hoffnung war immer. Aber ihre bisherige Erfahrung ließ auf
anderes schließen. Alle um sie herum starben, wieso sollte ausgerechnet Adler
überleben? Nur weil sie es sich wünschte?
    Valentina schüttelte den Gedanken ab und sah sich noch einmal um.
Sie konnte hier nicht viel tun. Am besten wäre es, sich ein Plätzchen zum
Schlafen zu suchen.
    Die Kiste war nicht unbequem, aber etwas eng. Valentina klaubte die
Polster heraus und tastete sich durch die Stellwände und Kulissen. Hinter einer
Heldenstatue aus Pappmaschee bettete sie die Polster, legte sich darauf und
schloss die Augen.
    Doch schlafen konnte sie nicht. Bilder von »Dantons Tod« flimmerten
vor ihren Augenlidern, und Satzbrocken hallten in ihrem Ohr.
    Ihr war klar, dass das Stück, vielleicht sogar die Inszenierung
selbst, mit ihrem Fall zu tun hatte. Die Theaterkarten waren von vornherein für
sie bestimmt gewesen. Der Drahtzieher hatte damit gerechnet, dass Nicola sie
fragen würde, ob sie mit ihr ins Theater ging. Und selbst wenn Nicola nur
erwähnt hätte, dass sie in ihrer Jacke zwei Theaterkarten für das Stück
gefunden habe, wäre Valentina stutzig geworden. Jemand hatte gewollt, dass sie
sich »Dantons Tod« an dem Abend ansah. Und der Zusammenhang zwischen den
abgetrennten Frauenköpfen und der Guillotine konnte nicht der einzige Grund
sein, warum sie es sich hatte anschauen sollen. Ihr unsichtbarer Gegner wollte
ihr noch mehr mitteilen.
    »Saint-Just ist der Souffleur«, hatte der Alte gesagt, der sich auf
dem Stephansplatz als Herr Deutsch vorgestellt hatte. Wessen Souffleur? Dantons
keinesfalls. Der sprach eigene Texte und landete dafür unterm Schafott. Aber
auch Robespierre war stark genug, um sich seines eigenen Hirns zu bedienen.
Oder etwa nicht? Hing der mächtige Jakobiner etwa an den Fäden des windigen
Saint-Just? War auch er unfrei zu handeln? War er gezwungen, Danton und Camille
zu köpfen, weil ihm Saint-Just keine andere Wahl ließ? Und was würde es ihr
bringen, wenn sie darüber Gewissheit hätte? Wie sollte sie mit dieser
Information auf die nächsten Koordinaten gelangen?
    Ihr Kopf glühte, am liebsten hätte sie ihre Hitze herausgeschrien,
bei Don Bernardo um die Lösung gefleht. So wie sie es früher hin und wieder
getan hatte, als er mit ihr mathematische Textaufgaben gepaukt hatte. Aber sie
hätte noch so laut schreien können. Niemand würde ihr antworten. Am
allerwenigsten Don Bernardo. Sie musste selbst darauf kommen.
    Wo waren die Koordinaten versteckt, die den Standort des nächsten
Caches lieferten? Aus Datum und Uhrzeit der Eintrittskarten hatte sie nichts
Brauchbares dechiffrieren können. Sie hatte die Zahlen sogar mit zwei
multipliziert, weil es sich um zwei Billets

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