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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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Nachlässigkeit trieb, es war ehrliche Zuneigung.
Er hatte die Befehle, Adler und Claudio zu töten, ausgeführt, aber er würde
sich widersetzen, wenn Il Cervello von ihm forderte, Valentina
auszuschalten. Den Auftrag, sie zu beschützen, konnte niemand mehr rückgängig
machen.
    Aber er musste auch auf sich selbst aufpassen. Der Einsatz von
Claudio war unklug gewesen. Wenn Il Cervello wusste, dass Alberto ihn
angeheuert hatte, würde er selbst bald jemanden im Genick sitzen haben. Alberto
hatte gewusst, dass Claudio auch für die italienische Polizei arbeitete.
Genauso wie die italienischen Behörden wussten, dass er gelegentlich Aufträge
für die Mafia übernahm. Claudio war eines jener Janusgesichter gewesen, die
keiner Partei wehtaten, sondern beiden in bestimmten Fällen dienlich sein
konnten. Es war wichtig, dass man Doppelspitzel hatte. Sie waren eine Art
diplomatischer Schnittstelle. Und Claudio hatte seine Position benutzt, um in
jedem Augenblick die Seiten wechseln zu können und dabei für sich den
größtmöglichen Profit herauszuschlagen. Deswegen hatten auch beide Seiten gerne
mit ihm zusammengearbeitet. Er war berechenbar gewesen. Das mochte man.
    Warum Il Cervello ihn plötzlich auf der Liste gehabt hatte, war
Alberto ein Rätsel. Es sei denn, das Hirn hatte spitzgekriegt, dass er ihn auf
eigene Rechnung eingestellt hatte. Und dann war es Alberto, der als Nächster in
den Sack springen musste. Aber noch würde Il Cervello ihn brauchen. Noch
war Valentina nicht mürbe genug, noch brauchte sie Schutz. Und den gab ihr
niemand besser als Alberto.
    * * *
    Endlich hatte Parizek das Krankenhaus ausfindig gemacht, in das
man Adler gebracht hatte. Es lag im dreizehnten Bezirk, ein Privatstift direkt
bei Bauer um die Ecke. Parizek hatte keine Lust, wieder ins Villenviertel zu
fahren. Aber er musste mit Adler reden, falls er überhaupt noch lebte. Die
Krankenschwester hatte am Telefon gesagt, er würde noch atmen, das Herz hinge
aber bereits am Apparat. Was das bedeuten sollte, war Parizek nicht klar. Am
Tatort hatte man ihm gesagt, Adler sei ins Herz getroffen worden. Aber
vielleicht war die Kugel auch knapp danebengegangen? Ärzte machten es manchmal
dramatischer als nötig. Wer wollte es ihnen verdenken? Vor allem wenn sie ins
Burgtheater gerufen wurden.
    Zwei Krankenhäuser an einem Tag, Parizek hatte auch schon goldenere
Zeiten erlebt. Es musste ihm irgendein Coup gelingen, um aus der ganzen Scheiße
rauszukommen. Der ewige Traum von Brasilien keimte in ihm auf. Da war er nicht
anders als all die Bankräuber, die sich Palmen und barbusige Sambatänzerinnen
vorstellten, ehe sie maskiert und hirnlos einen Schalter stürmten.
    Das Krankenhaus lag in der Stoesslgasse, direkt neben dem Hügelpark.
Parizek kannte die Gasse. Hier war auch der Tierarzt ansässig, bei dem er öfter
mit Derrick, der Dogge seiner Frau, gewesen war, um ihn vielleicht doch noch
vor dem Nierentod zu retten.
    Ein älterer Herr, der sich an einem Gehwägelchen festhielt und um
jeden Schritt vorwärts kämpfte, kam Parizek entgegen. Er wich aus und stieg auf
den kurz geschorenen Rasen, in dem die Feuchtigkeit der Nacht saß. Parizek
spürte, wie seine italienischen Lederschuhe, die er seit Wochen nicht mehr
gefettet hatte, die Nässe aufsogen.
    Was hatte der Knacker auch nachts auf der Straße zu suchen? Am
liebsten hätte er dem Alten den Gehwagen geklaut und in die Büsche geworfen.
Seine Laune besserte sich bei dem Gedanken, einem Schwächeren eins
draufzugeben. Das Leben war nun mal so gestrickt. Gegen Stärkere konnte man
vielleicht zwischenzeitlich mal punkten, aber auf Dauer gewinnen, das war
unmöglich.
    Er ging zügig über die Steinplatten zur Pforte des Krankenhauses und
hoffte, dass seine klammen Socken in der warmen Heizungsluft schnell
trockneten.
    Die unverschämt hübsche Brünette an der Information sah ihn
verträumt an, als er sich vorstellte, und löste in ihm sofort niedrige Begierde
aus. Ihre Stimme aber vernichtete Parizeks aufgekeimte Wollust im Nu. Er würde
sie auf die Notfallstation rufen, falls Adler bereits tot wäre; diese Stimme
würde ihn garantiert wiedererwecken.
    Während er auf den Fahrstuhl wartete, sah er sich in der Vorhalle
um. Fein war es hier. Ledersessel, tropische Pflanzen, Kunstgegenstände,
geschmackvolle Designobjekte. Man hätte hier auch in einem mit Sternen
dekorierten Hotel sein können. Hier ließ es sich sterben.
    Der Aufzug kündigte sich mit einem sanften Klingeln an, das

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