Lost Place Vienna (German Edition)
wollte mit der Strategie eine Reaktion beim Täter hervorrufen.«
»Strategie? Das nennen sie Strategie? Was darf ich dann als Nächstes
erwarten? Einen Striptease?«
Valentina sah auf den Boden und schwieg.
»Was haben Sie sonst noch? Geht Ihre Strategie noch weiter? Was
haben Sie bisher über die Opfer herausgefunden? Bestehen Verbindungen?
Gemeinsamkeiten? Familiäre Beziehungen?«
»Wie sollen wir das wissen, wenn wir noch nicht einmal wissen, wer
die Frauen sind? Wir haben nur Köpfe. Keine Dokumente. Und es hat sich noch
niemand gemeldet, der die Frauen vermisst«, sagte Zirner.
»Hotels?«
»Wissen Sie, wie viele Hotels und Absteigen es in Wien gibt?«,
fragte Valentina genervt.
»Ich weiß, wie viele Frauen es in Wien gibt, die Angst davor haben,
das nächste Opfer zu sein. Und auch der Polizeipräsident hat eine hübsche
Tochter«, sagte Bauer, der sich mittlerweile hinter seinen Schreibtisch
gestellt hatte.
»Heute Abend wissen wir mehr. Die Gerichtsmediziner haben
versprochen, die Ergebnisse der ersten beiden Frauen auf DNA miteinander abzugleichen. Vielleicht gibt es
tatsächlich einen verwandtschaftlichen Bezug«, sagte Zirner.
»Was ist mit den Botschaften? Wenn es sich um Ausländerinnen
handelt, finden wir vielleicht dort einen Hinweis?«
»Sind wir dran«, sagte Zirner.
»Fleischhacker. Warum sagen Sie nichts? Ist das Teil Ihrer
Strategie: erst unkonventionell handeln, dann schweigen? Glauben Sie mir, Sie
verschrecken damit viel mehr Ihre Kollegen als den Täter.«
»Ich glaube, die Toten waren Frauen, die beruflich in
Führungspositionen standen. Frauen, die Verantwortung in irgendeiner Form
übernommen haben. Starke Frauen. Musketiere.«
»Wie bitte?«, fragte Bauer und zog die Brauen so hoch er es
vermochte.
»Frauen, die in Wien waren, weil sie hier ein Geschäft abgewickelt
haben. Was für eine Messe haben wir gerade?«
»Was weiß ich. Recherchieren ist Ihr Job. Meiner ist es, Ihren
Unsinn unseren gemeinsamen Vorgesetzten zu verkaufen. Wie ich das aber mit
weiblichen Musketieren anstellen soll, ist mir schleierhaft.«
»Sie kriegen morgen Abend einen Bericht mit all den bisherigen
Ermittlungen und Vermutungen.«
»Ermittlungen hört sich gut an. Vermutungen will ich nicht hören.
Sondern Fakten. Und noch besser: den Täter.«
»Auf dem Silbertablett.«
»Auf dem Silbertablett.«
Sie schwiegen alle drei. Das Brummen einer Schmeißfliege drang
hinter der Gardine hervor. Dann der dumpfe Ton, der das Anfliegen gegen
Fensterglas hervorrief. Bauer drehte sich zum Fenster und sagte beiläufig. »Da
Sie anscheinend mit dem Fall überfordert sind, wird Parizek Sie unterstützen.«
Er ging auf das Fenster zu, schob die Gardine weiter auf und stierte lüstern
auf das orientierungslose Insekt. »Ich erwarte Ihren Bericht also Morgen
Abend.«
* * *
Valentina stapfte wütend durch den Korridor. Zirner versuchte
mit ihr Schritt zu halten.
»Ausgerechnet Parizek. Ich habe überhaupt nichts gegen Verstärkung.
Aber warum muss es gerade Parizek sein?«
Sie fingerte sich eine Zigarette aus ihrem Etui und steckte sie sich
in den Mund. Dann schnippte sie ihr Zippo auf und wollte sich die Zigarette
anzünden. Zirner nahm sie ihr aus dem Mund.
»Nicht in öffentlichen Gebäuden«, sagte er.
Valentina griff sich die Zigarette wieder und marschierte aus dem
Polizeigebäude. Zirner folgte ihr.
Sie qualmte bereits, als er am Auto ankam.
»Willst du noch auf die Donauinsel?«, fragte er.
»Der Appetit ist mir vergangen. Aber hin muss ich trotzdem. Vorher
muss ich aber noch ein paar andere Hausaufgaben erledigen, damit Bauer bis
morgen Abend einen Bericht hat, der die Zecke Parizek erübrigt.«
»Was hast du vor?«
»Viel telefonieren und herauskriegen, wie unsere Toten heißen und
woher sie kommen.«
»Glaubst du wirklich an die Sache mit den weiblichen Musketieren?«,
fragte Zirner zaghaft. Valentina blitzte ihn an. »War nicht so gemeint«, sagte
er, wissend um Valentinas Temperament.
»Ich gehe zu Fuß. Brauche einen kühlen Kopf. Mach du doch bitte bei
den Leichenfledderern ein wenig Druck. Dich mögen Sie mehr.«
»Wer nicht?«, sagte Zirner trocken und rang Valentina damit ein
schwaches Lächeln ab.
»Treffen wir uns heute Abend in der ›Comtessa‹?«, fragte sie.
Zirner nickte und stieg in den Wagen.
Valentina blies Rauch in die Luft und zückte dann ihr Handy.
»Hier ist Valentina. Burak, können wir uns treffen? Am besten bei
dir. Ich brauche dein Werkzeug. Um zwei? Das
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