Lost Place Vienna (German Edition)
aber geschickt.«
»Männer. Guckt nicht immer auf das Äußerliche. Innere Werte zählen.«
»Und trotzdem scheint es unserem Täter die äußerliche Inszenierung
angetan zu haben.«
»Deswegen tippe ich auch auf einen Mann.«
»Hattest du etwa einen Augenblick lang eine Frau im Sinn?«
»Nicht wirklich.«
»Könnte aber sein. Sperma wurde bei keinem Opfer gefunden. Männliche DNA ebenso wenig.«
»Die Schminke und die archaische Ausstellung der Köpfe. Das spricht
für einen Hetero. Und dann diese männlichen Abenteuerfilme. Es ist ganz sicher
ein Mann.«
»Aber du bist doch auch eine Frau? Und benimmst dich derart
übertrieben wie ein Mann, dass die Kollegen schon ihre Witze machen.«
»So? Machen sie das? Du auch?«
»Mir geht es nicht um Witze. Ich möchte damit bloß sagen, dass es
auch Frauen gibt, die sich wie Hetero-Männer aufführen.«
»Da vorne rechts«, sagte Valentina und sah aus dem Fenster. Sie
hatte es satt, sich für ihr burschikoses Wesen rechtfertigen zu müssen. Bei
Polizistinnen war es wie bei Fußballerinnen. Ständig standen sie unter
Verdacht, Lesben zu sein. Und wenn schon. Manchmal wäre es ihr lieber, sie wäre
eine. Dann könnten ihr diese Gockel gestohlen bleiben. Aber wirklich anders
wäre dann auch nichts. Eine Beziehung hatte nun mal nicht nur etwas mit Sex zu
tun. Und sie war ohne Beziehung. Dafür hatte sie einen Beruf, für den sie
bereit war, alles zu geben. Was wollte sie mehr?
»Und?«, fragte Zirner. »Konnte dir der Film irgendetwas anderes
erzählen, außer dass es sich bei unserem Täter um einen Mann handelt?«
»Die Zahl Drei und das Thema der Freundschaft finde ich interessant.
Vielleicht haben unsere drei toten Frauen mehr gemeinsam, als nur ein schönes
Gesicht gehabt zu haben. Darüber wissen wir noch zu wenig. Es muss Verbindungen
zwischen ihnen geben. Vielleicht finden die Kollegen bald Namen, dann lässt
sich bestimmt ein Netz spinnen.«
»Die Kollegen haben versprochen, dass sie bis zum frühen Nachmittag
mehr wissen.«
»Hoffentlich. Weil ich mir sicher bin, dass es eine vierte Leiche
geben wird.«
»Warum? Nur wegen dem Vier-Tage-Rhythmus schließt du auf ein viertes
Opfer?«
»D’Artagnan. Er ist der vierte Musketier. Er ist der, der Musketier
werden will und es am Ende seiner Prüfung geschafft hat. Ein Aspirant.«
»Wir suchen also zunächst den Club, dem die bisherigen Opfer
angehörten, und dann eine Aspirantin, die dazugehören will?«
»Guck mich nicht so an. Es ist eine Theorie. Irgendwo müssen wir ja
anfangen.«
Zirners Handy klingelte. Er nahm den Anruf entgegen. »Ja? … Gut. Wir
sind unterwegs.«
Valentina sah ihn fragend an. Zirner sagte jedoch nichts, steckte
nur sein Handy wieder ein und setzte an der nächsten Ampel einen U-Turn.
»Bauer?«, fragte Valentina.
»Was hast du erwartet?«
* * *
Bauer kratzte sich am spärlichen Haarkranz, der seinen blank polierten
Schädel umkränzte, und sah aus dem Fenster. Beim Eintreten von Valentina und
Zirner drehte er sich nur kurz zu ihnen, lächelte dabei freudlos und sah
wortlos wieder zum Fenster hinaus. Ob er nach den richtigen Worten suchte oder
nur so tat, damit Valentina und Zirner die Wichtigkeit des Moments bewusst
wurde, war nicht klar. Valentina ging es jedenfalls entschieden zu lang.
»Wir sollten hierherkommen«, sagte sie und wartete darauf, dass
Bauer sich zu ihnen drehte. Er starrte auf eine fette Schmeißfliege, die
unentwegt gegen die Fensterscheibe knallte und sich stets aufs Neue wunderte,
wieso der Weg zum Licht so schmerzhaft sein sollte. Endlich schoss sein Daumen
gegen das Fensterglas, Chitin knackte, Eiweiß kroch aus dem schwarzen Körper
der Fliege. Bauer nahm die Fliege an einem Flügel zwischen Daumen und
Zeigefinger und warf sie in den Papierkorb neben seinem Schreibtisch. Dann
wischte er sich die Finger mit einem Papiertaschentuch sauber, das er
anschließend zerknüllte und ebenfalls im Papierkorb versenkte. Erst jetzt sah
er zu Valentina und Zirner auf.
»Sehr beeindruckend, Ihr Auftritt heute Morgen. War so aber nicht
abgesprochen«, sagte er.
»Sollte er abgesprochen sein?«, fragte Valentina und wusste wohl,
dass sie ihre Strategie vorher hätte darlegen müssen, ehe sie sich so
inszeniert vor den Journalisten präsentierte.
»Sie sind Polizistin, keine Moderatorin frivoler Verkaufssender.
Außerdem stehen wir ziemlich dämlich da, wenn wir eingestehen, dass wir nach
zwei Wochen noch immer nicht wissen, wie die erste Tote heißt.«
»Ich
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