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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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schaffe ich … und nimm dir für
heute nichts anderes vor.«
    Sie warf die Zigarette auf den Boden, trat sie mit der Fußspitze aus
und blickte hoch in den ersten Stock des Plattenbaus. Dort stand Bauer hinter
dem Fenster. Valentina wusste nicht zu sagen, ob er sie beobachtete oder einer
weiteren Schmeißfliege den Garaus machte.
    * * *
    Valentina stieg von ihrem Rad und schob es in die Wohnanlage:
Sahulkastraße, zehnter Bezirk, der berüchtigte Karl-Wrba-Hof. Zwischen 1972 und
1982 hatte man hier einen verschachtelten Wohnkomplex von über tausend Wohnungen
auf fünfunddreißig Stiegen gemauert. Man schmeichelte der Anlage hier mit
dem Namen »Senfbauten«. Den verdiente sie sich durch die gelblich beigen
Eternitfassaden, mit denen der Komplex verschalt war. Ein Lego-artiger Wurf aus
zahlreichen Flachbauten, die dem Fremden verschlungen und unübersichtlich
schienen. Deswegen hatten auch einige Bürger und Politiker Kameras in
dunkelsten Winkeln der Anlage gefordert, um mehr Sicherheit zu gewähren.
    Für Valentina war es ein Gemeindebau wie jeder andere auch. Wo wenig
Platz war, wurde die Luft eben enger und das Gemüt heißer.
    Es ging steil hinab. Die Siedlung lag am Wienerberg. Burak wohnte
rechts neben den neuen Ballkäfigen. Es war der luftigste Ort, und wenn die
Sonne schien, knallte sie erbarmungslos. Schatten suchte man hier vergebens.
Aber schattig war es ohnehin. Auf die Sonne wettete heute keiner, zu dicht
mauerte das helle Grau der Wolken.
    »Oynar! Top ver!« , schrie einer der
Fußballer im Käfig. Es war Burak. Er bekam den Ball auf den Fuß und versenkte
ihn im Tor. Man klatschte sich ab.
    »Burak!«, rief Valentina. Die Jungs sahen zu ihr herüber. Es wurden
Witze auf Türkisch gemacht. Gelächter. Burak gab ebenfalls einen Spruch zurück
und kam aus dem Ballkäfig.
    »Kannst du noch zwei Tore warten?«, fragte er.
    »Klar.«
    Burak ging wieder in den Käfig und kickte weiter. Valentina setzte
sich auf den Betonsockel, der um den Käfigplatz gezogen war, und steckte sich
eine Zigarette an. Sie ließ ihren Blick im Rund schweifen. Verflucht viele
Menschen, die hier hausten. Ob in einer der tausend Wohnungen der Mörder
wohnte? Ob er jetzt vielleicht zufällig aus dem Fenster sah und auf sie
starrte? Ob er sie von der Pressekonferenz wiedererkannte? Hatte er sie
überhaupt gesehen? Wenn ja, wie würde er darauf reagieren?
    Valentina versuchte, sich in die Frauen hineinzudenken. Machte ihre
Musketier-Theorie Sinn? Oder sprang sie nur darauf an, weil sie sich selbst als
Musketier empfand? Oder als Musketier-Aspirantin?
    »Fertig«, sagte Burak und wischte sich den Schweiß mit einem
Handtuch von Galatasaray ab.
    »Gewonnen?«, fragte Valentina.
    »Klar. Was denkst du? Ich gewinne immer.«
    »Ich auch.«
    »Dann sollten wir mal gegeneinander spielen.«
    »Haben wir doch schon mal. Und da hast du verloren.«
    »Das war nicht Fußball.«
    »Gewinnen hängt nicht vom Spiel ab, sondern vom Kopf.«
    »Große Sprüche.«
    »Verstehst du was anderes?«
    Hinter Burak verließen die Jungs den Käfig. Sie wechselten noch ein
paar Schmähs auf Türkisch, lachten und schlichen sich. Kleinere Jungs belegten
nun den Platz.
    »Zigarette?«, fragte Valentina und streckte Burak das Etui entgegen.
    »Ich bräuchte eine Dusche, sonst erkälte ich mich.«
    »Ich schrubbe dir aber nicht den Rücken.«
    »Schade.« Er lächelte. Es war ein charmanter Versuch, aber Valentina
lag nicht daran, die Sache mit Burak aufzuwärmen. Er war ein Ganove, und sie
war Polizistin. Es war eine jener einsamen Nächte gewesen, in denen die
Verlorenen der Stadt aufeinanderprallten, sich liebten und wieder
auseinanderdrifteten. Unverbindlich, mit einem Schatten an Erinnerung.
Valentina hatte damals am Rande mitbekommen, dass Burak ein Hacker war und sich
damit sein Geld verdiente. Er beschaffte Informationen, an die man nicht so
einfach rankam, und verkaufte sie für teures Geld. Mit dem Geld versorgte er
seine Eltern und wohl ein halbes Dorf in Anatolien. Familie eben. Valentina
hätte ihn damals eigentlich hochgehen lassen müssen. Aber sie hatte an ihre
eigene Familie gedacht. Sizilien, Corleone, die Mafia. Verdammt. Es war überall
das Gleiche. Gemeinsamkeiten verbanden, ließen Korruptionen zu, wo sie nicht
sein durften. Aber Burak war ihr etwas schuldig. Auch das war ein altes
Prinzip. Wie sollte man sauber bleiben, wenn man Hilfe brauchte?
    Sie rauchte zu Ende und folgte Burak. Er wohnte ebenerdig. In seinem
kleinen

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