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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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versteckt.
    Sie würde Adler das Geld bald zurückgeben, das sie ihm aus dem
Jackett gestohlen hatte, während er den Notarzt für Nicola gerufen hatte.
Sobald die Sache erledigt war, käme sie auch wieder an ihr eigenes Geld ran.
Sie hatte Diebstahl schon immer gehasst. Anderen Menschen Besitz zu nehmen war
das kleinste und größte Verbrechen zugleich.
    Sie überlegte, wohin sie sich zurückziehen konnte, ehe der
Theaterabend begann. Am besten irgendwohin, wo sehr viele Menschen waren. Zwar
waren dort auch Überwachungskameras nie weit, aber die Massen und der rasche
Wechsel an Figuren halfen, den Einzelnen untertauchen zu lassen. Sie entschied
sich, über die Kärntnerstraße zum Graben zu laufen. Dort würden sich Einwohner
und Touristen tummeln, dort würde sie nicht auffallen.
    Vor dem Stephansdom verkauften Mozarts in weißen Perücken,
Kniestrümpfen und Schnallenschuhen Konzerttickets an Touristen. Ein golden
geschminkter Straßenmime verharrte eine gefühlte Unendlichkeit in Starre und
bewegte sich erst dankend, wenn ihm jemand eine Münze in den Spucknapf warf.
Drei biedere Mädels musizierten auf Querflöte, Violine und Cello einen
klassischen Gassenhauer, den Valentina mitsummen konnte: Beethovens »Ode an die
Freude«. Beethoven. Auch er ein Klassiker. Wie Büchner.
    Sie kramte das Buch aus der Einkaufstasche hervor. Auch das hatte
sie gestohlen. Ein schlechtes Gewissen schickte einen kurzen Schauder bis zu
ihrer Kopfhaut. Ein Blick zum Stephansdom ließ in ihr die katholische Prägung
erwachen. Nein, beichten würde sie deswegen nicht. Das tat sie schon lange
nicht mehr. Der Letzte, dem sie alles anvertraut hatte, was ihre Seele
bedrückte, war Don Bernardo gewesen. Und der war lange fort. Er war
verschwunden, wie er gekommen war. Das nahm sie ihm noch immer übel. Und
deshalb würde es keine Beichten mehr geben. Sie hatte nur sich selbst gerecht
zu sein und dem Gesetz.
    Sie steuerte eine Steinbank an, die vor dem Stephansdom neben dem U-Bahn-Schacht
stand, und drückte sich neben einen farbigen Amerikaner, der seiner Frau aus
dem Reiseführer vorlas. Die Gesamtausgabe Büchners war dick, gespickt mit den
drei Stücken, die er hinterlassen hatte, der Erzählung »Lenz« und Briefen und
Gedanken des widerborstigen Dichters. Auch er war ein Verfolgter gewesen, der
an die Rechte des Menschen glaubte und daran zugrunde ging, weil die korrupten
Mächtigen sich seine Rebellion nicht gefallen ließen. Ein Einzelner war eben
verlassen, wenn er sich aufbäumte. Aber wenn es der Einzelne nicht wagte, wie
konnten dann aus einem viele werden?
    Valentina blätterte, bis sie zu »Dantons Tod« kam. Warum hatten die
Entführer Nicola die Karten zugesteckt? Es waren zwei; Nicola hatte also nicht
allein gehen sollen. Es war offensichtlich, dass die zweite Karte für sie
bestimmt war. Sie sollte sich das Stück ansehen. Es hatte etwas mit ihr zu tun,
womöglich würde sie darüber den nächsten Cache ermitteln. Oder war die
Aufführung im Burgtheater bereits der nächste Cache? Was war Weg, was war Ziel?
    Valentina begann zu lesen und war von Anfang an von Büchners Text
gefangen. Sie hatte schon viel darüber gehört; gelesen aber hatte sie das Stück
nie. Halblaut murmelte sie Dantons Text, den er zu seiner Frau Julie spricht:
»Die Leute sagen, im Grab sei Ruhe, und Grab und Ruhe seien eins. Wenn das ist,
lieg ich in deinem Schoß schon unter der Erde. Du süßes Grab, deine Lippen sind
Totenglocken, deine Stimme ist mein Grabgeläute, deine Brust mein Grabhügel und
dein Herz mein Sarg.«
    Valentina musste tief Luft holen.
    * * *
    Das Zischgeräusch eines sich öffnenden Dosenbiers ließ
Parizek hinter dem Monitor aufschauen.
    »Achtzehn Uhr«, sagte der fettleibige Angestellte in seiner blauen
Wachuniform und schnaufte. »Früher war um achtzehn Uhr Feierabend. Mittlerweile
haben sie bis zwanzig Uhr offen. In der Landstraße sogar bis um neun. Ich trink
mein Bier trotzdem um achtzehn Uhr, da kenn ich nichts.«
    Parizek nickte und sah wieder auf den Monitor. Er hatte bis zu der
Stelle zurückgespult, als Valentina Thomas Maier in die Eier getreten hatte.
»Tritt dem Maier in die Eier«, sagte er. »Was soll einem bei dem Namen auch
anderes einfallen?« Er lachte schadenfroh, als er sah, wie der Student sich vor
Schmerz krümmte. »Der saß.«
    Der Wachmann gab einen Rülpser von sich. »Bring den Parizek ums
Eck.« Grinsend nahm er einen weiteren Schluck.
    Parizek blickte zu ihm auf. »Der Paul kriegt gleich aufs

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