Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe
sein?«
Der Kammerdiener zupfte den Gehrock seines Herrn zurecht und beobachtete Amy argwöhnisch aus den Augenwinkeln.
»Hätten Sie einen Augenblick Zeit, ein paar Schritte mit mir zu gehen? Ich habe Fragen... oder besser Bedenken, die Sie vielleicht ausräumen könnten.« Amy nestelte an ihrem Taschentuch herum und sah wirklich bemitleidenswert aus.
»Wie Sie wünschen, Eure Hoheit. Ich stehe Ihnen zur Verfügung.« Zu seinem Kammerdiener sagte er: »Merrill, du kümmerst dich um alles. Um alles, wie besprochen.«
Für Amy klang diese nachgeschobene Aufforderung seltsam, aber sie hatte jetzt keine Zeit, länger über diese Worte nachzudenken. Stattdessen ging sie, gefolgt von Harrison, in den anderen Flügel des Hauses, in Richtung von Jermyns Schlafgemach. Mit leiser, zitternder Stimme sagte sie: »Ich fürchte, Ihnen ist zu Ohren gekommen, dass Jermyn und ich heute Nachmittag eine Meinungsverschiedenheit hatten.«
»Ja. Wie schade, wenn eine noch so junge Liebe zu scheitern droht.« Mr. Edmondson warf ihr einen forschenden Blick zu.
»Es war nur ein dummer Streit, wirklich. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er sich so aufregen würde und so zornig werden kann. Daher habe ich ihm eine Nachricht zukommen lassen und erhielt darauf eine schändliche Antwort. Schändlich, sage ich!« Sie schwenkte den Brief, den sie von Jermyns Schreibtisch stibitzt hatte ... den Jermyn auch tatsächlich geschrieben hatte, in dem er sich aber an seinen Verwalter in einem anderen Anwesen wandte. »Also nahm ich all meinen Mut zusammen. Ich ließ ihn mein Verlangen spüren, aber, Mr. Edmondson, denken Sie bitte nicht schlecht von mir. Ich liebe ihn doch so sehr!« Sie presste ihr Taschentuch an die Lippen, schluchzte leise und beobachtete Onkel Harrison aus den Augenwinkeln.
»Ganz ruhig, das wird schon wieder.« Er machte eine unschlüssige Handbewegung und schaute sich ratlos um.
Amy hörte auf zu schluchzen, denn sie wollte unbedingt verhindern, dass Harrison sich nun nach einem Bediensteten umschaute. Sie musste mit ihm allein sprechen.
Mutig packte sie seine Hand und drückte sie. »Alles, was ich mir erhoffe, ist die Liebe Ihres Neffen. Ich möchte ihn in jeder Hinsicht unterstützen. Wenn ich das Glück erleben darf, seine Gemahlin zu werden, werde ich mich immer um ihn kümmern und nie zulassen, dass er sich in irgendein waghalsiges Unterfangen stürzt. Mehr als alles andere - ich bitte Sie, denken Sie nicht schlecht von mir, wenn ich so offen spreche -, aber mehr als alles andere wünsche ich mir, ihm Kinder zu schenken, die die Linie der Edmondsons fortsetzen werden.«
Harrisons Miene verhärtete sich; ein deutliches Anzeichen dafür, wie sehr ihm diese Vorstellung zuwider war.
Amy begriff sogleich, dass sie mit der Erwähnung möglicher Erben Harrisons ganze Aufmerksamkeit gewonnen hatte.
»Ich weiß, wie sehr es Sie freut, dass die Kinder Ihres geliebten Neffen die edle Linie fortsetzen werden, aber Jermyn ist so ...« Sie wandte sich halb ab, und ihre Schultern zitterten, als weinte sie. »Sie werden mich für zügellos halten, aber ich ging in sein Schlafgemach, um ihn um Verzeihung zu bitten.«
»Und dann?« Harrison sprach nun nicht mehr mitfühlend. Seine Stimme hatte einen schroffen Ton angenommen.
»Er wollte mir nicht zuhören. Er ... er hatte getrunken, und er war so zornig. Zerstörerisch geradezu. In seiner Wut schleuderte er Dinge an die Wand. Dann balancierte er auf dem Geländer seines Balkons und drohte damit, sich in die Tiefe zu stürzen. Wissen Sie, von welchem Raum ich spreche, Mr. Edmondson?«
»Sicher, ja. Natürlich.« Harrison war ganz Ohr und hing ihr nun buchstäblich an den Lippen.
Sie wandte sich ihm in vollendeter Verzweiflung zu. »Der Balkon ragt unmittelbar über die Klippen.«
»Wenn er von dort springt, stürzt er in den sicheren Tod«, sinnierte Harrison halblaut.
»Selbst sein Kammerdiener konnte ihn nicht dazu bringen, von dem Geländer herunterzusteigen. Auf mich wollte er nicht hören - schlimmer noch: Als ich mit ihm sprach, schien sein Verlangen, sich das Leben zu nehmen, noch stärker zu sein. Bitte, Mr. Edmondson, Sie sind sein Onkel. Auf Sie wird er hören. Nur Sie können ihn jetzt noch davon überzeugen, am Leben festzuhalten, seinen zukünftigen Kindern zuliebe!«
»Meine liebe Prinzessin, ich werde augenblicklich zu ihm gehen.« Ein Glimmen lag in Harrisons Augen. »Ich bin mir sicher, dass ich ihn von seiner Todessehnsucht abbringen kann. Überlassen Sie das
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