Lost Secrets 3
einsame, unentdeckte Insel der Zweisamkeit.
Als er jäh von ihr abließ, schwer atmend und sichtlich erregt, war sie zwar wieder zurück im realen London, doch ein kleines Stück der einsamen Insel sah sie in seinen grellblauen Augen.
„Was war das denn?“ Ihre Stimme war zittrig und uneben.
„Eine Ablenkung.“ Er küsste ihre Stirn und ihren Scheitel. „Für uns beide“, fügte er hinzu.
Heather war zu schwach, um sich gegen seine Umarmung zu wehren. Sie schmiegte sich an seine Brust und atmete seinen Duft ein, der ihr auf so einzigartige Weise Trost spendete.
„Sie ist sehr gelungen. Deine Ablenkung.“
„Dankeschön. Die Ablenkung ist übrigens auch eine prophylaktische Entschädigung.“
Heather sah ihn skeptisch an. „Wofür?“
„Während ich mit Emma bei den Leichen war, hat Nicolai mich angerufen. Er hat die Sicherheitsstufen geknackt.“
„So schnell?“
„Er ist gut.“
„Und was hat er rausgefunden?“
Eric schob sie zum Wagen und öffnete ihr die Beifahrertür. Erst als sie beide saßen, sprach er weiter. „Er hat herausgefunden, wie sie nach England gekommen sind.“
Heather schwieg abwartend. Erics Gesichtsausdruck war mehr als beunruhigend.
„Sie sind illegal eingewandert. Oder vielmehr eingewandert worden . Andrew Bowler hat sie hierhergebracht.“
Heather spürte wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich und sich ihr Magen hob, so dass sie hastig schlucken musste.
Diesen Namen hatte sie lange nicht gehört; hatte ihn verdrängt und mit aller Kraft versucht ihn in den Katakomben ihres Unterbewusstseins für immer verrotten zu lassen. Doch als sie den Namen nun hörte, ausgesprochen und so schmerzhaft wie eine klaffende Wunde, wusste sie, dass es ihr nie gelungen war. Der Name von Jakes Mörder, der Mädchenhändler, den sie mit einer kompletten Magazinladung niedergeschossen hatte, war Säure, die auf ewig ein Loch in ihre Seele gefressen hatte. Sie spürte Erics Blick und seine Unsicherheit. Er wusste ganz offenbar nicht, wie sie reagieren und ob sie zusammenbrechen würde. Doch sie zwang sich zur Ruhe und deutete ein Nicken an.
„Wann war das?“ Ihre Stimme war tonlos und sie vermied es den Blick zu heben.
„Vor knapp fünf Jahren. Bowler hatte fast zweihundert Jugendliche aus Russland mit fiesen Tricks weggelockt, ihnen das Blaue vom Himmel herunter versprochen und sie dann in Bordelle gesteckt. Die russische Geheimpolizei war ihm auf der Spur und hat sämtliche Opfer unter Stufe II gestellt, während die Ermittlungen liefen. Nachdem Bowler tot war, wurden die meisten von ihnen befreit und wieder zu ihren Familien geschickt. Für diese wurde die Sicherheitsstufe aufgehoben, nicht aber für diejenigen, die abgehauen und untergetaucht waren. Wie diese beiden.“
Heather schwieg, während Eric den Motor anließ.
„Wohin fahren wir?“
„Ins Gefängniskrankenhaus. Es gibt da jemanden, den ich gerne verhören würde.“ Sein Tonfall war eisig. Heather konnte sich seine Verhöre gut vorstellen. Dass jemand unter seinem stechenden Blick und der bedrohlichen Gestalt nicht einbrach, konnte sie sich kaum vorstellen.
„Aber diese Jungen waren doch Opfer! Wie -“
„Viele Opfer werden zu Tätern.“
„Und selbst wenn! Diese Jungen sind nicht plötzlich aufgewacht und haben sich überlegt, dass Sie mich heute erschießen könnten. Irgendjemand hat es ihnen befohlen; hat sie bezahlt oder unter Druck gesetzt. Sally sagte doch, dass sie dichthalten. Und Bowler ist tot. Also wer, verdammt nochmal, hat sie zu mir geschickt?“
„Ist es hunderprozentig, dass Bowler tot ist?“
„Eric, ich habe ihn in Stücke geschossen! Diese zwei Minuten meines Lebens werden mich immer verfolgen. Er ist tot! Das ist so sicher, wie die Hölle!“
„Umso besser“, sagte er mit grimmigem Gesichtsausdruck. „Dann müssen wir jetzt nur aus diesem Jungen rausquetschen, warum er dich töten sollte. Und wer ihn beauftragt hat.“
Heather kaute auf ihrer Unterlippe und versuchte sich zu beruhigen. Es gelang ihr nicht. „Denkst du, dass das ein Zufall ist? Dass das jetzt geschieht? So direkt nachdem wir Mills enttarnt haben?“
„Es könnte einer sein.“
„Aber glaubst du es?“
„Nein. Ich glaube, es hängt zusammen.“ Eric bog ab. „Aber ich habe keine Ahnung, wie! Er ist ein Serienmörder, mit Ritualen, mit einem klaren Ziel. Ich weiß nicht, wie diese Jungen und die Entführung deiner Mutter in dieses Schema passen sollen. Für mich sind es zwei Paar Schuhe. Und wenn es
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