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Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition)

Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition)

Titel: Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Roth
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gegen das gleißende Licht. Um mich herum brummt es. In meiner Hand halte ich einen Notfallknopf.
    »Falls Sie Panik kriegen«, hat die Technikerin gesagt. »Bleiben Sie nicht stecken!« Sie hat gelacht und auf den Knopf gedrückt, der meine Liege in die MRT-Röhre fahren ließ. Ich habe versucht, den Bauch einzuziehen, als der enge Eingang näher kam. Ich nehme mir vor, später Melanie davon zu erzählen. Wir werden darüber lachen, denke ich und blinzele in das helle Licht. Es ist zu eng, um die Hand vor die Augen zu heben. Wenn das hier geklärt ist. Wenn alles wieder gut ist. Wir werden lachen.
    »Bitte noch einmal die Luft anhalten«, höre ich über den Lautsprecher. Auf dem Rücken zu liegen, ist im neunten Monat nicht einfach, das Gewicht des Bauches drückt mir die Luft ab. Das, was an Atemluft noch übrig ist, ziehe ich ein und hoffe, dass mir nicht schlecht wird. Ein Teil der Röhre dreht sich über mir und ich höre ein lautes Klack, Klack, Klack.
    »Wir möchten Aufnahmen vom Gehirn Ihres Babys machen«, hat ein Arzt vorher erklärt. »Dazu muss es möglichst stillhalten.« Halt still, schicke ich Lotta in den Bauch. Halt still, kleiner Hase, damit der Fuchs dich nicht hört. An meinem rechten Knöchel spüre ich eine Hand, die kurz zudrückt. Harry. An meine Hand kommt er nicht ran, die ist in der Röhre verschwunden. Also drückt er am Fuß.
    Neue Wörter: MRT – Magnetic Radar Transmitter. Vena Galeni – eine Ader, die wir alle haben, eine der Hauptadern im Gehirn. Malformation der Vena Galeni – Lotta. Auf etwa 1:25000 wird das Risiko für ein Kind mit Vena Galeni Malformation geschätzt; das heißt, in Deutschland werden pro Jahr etwa 27 Babys mit dieser Fehlbildung geboren. Bei vielen bleibt sie bis zur Geburt unentdeckt. Einige Kinder haben so einen geringen Schaden, dass sie erst auffallen, wenn sie nach dem Robben nicht Krabbeln lernen. Bei anderen verschlechtert sich der Zustand bald nach der Geburt. Manche sterben.
    Wir wollen die MRT-Bilder selbst sehen. Ein Arzt begleitet uns. Ich sehe ihn zum ersten Mal, den Namen vergesse ich, sobald ich ihn gehört habe. Wir gehen einen langen hellen Flur entlang, dann durch einen Raum voller durchsichtiger Kästen. Sie bilden ein Spalier für uns, einer neben dem anderen. An den Infusionsständern dahinter hängen Spieluhren, neben Beuteln voller durchsichtiger Flüssigkeit. Eine Ente, ein Bär, ein Mond, auf den der Name »Moritz« gestickt ist. Überall piepst es, ein Monitor klingelt wie ein Wecker, auf dessen Alarm keiner reagiert. »Unsere Frühchenstation«, lässt der Arzt fallen, im Vorbeigehen. In den Kästen liegen winzige Wesen, ausgemergelt wie sehr alte Menschen, verkabelt, nackt bis auf Windeln, die riesig sind im Vergleich zu den kleinen Körpern. Sie sehen so anders aus als der dicke Ben kurz nach seiner Geburt. Ich wende den Blick ab. Wir betreten den nächsten Raum. Klein wie eine Besenkammer, eine Wand bedeckt von einem riesigen Leuchtkasten.
    Der Arzt klemmt die Folie mit Lottas MRT-Bild darauf. Es zeigt einen Querschnitt durch ihren Schädel. Solche Bilder kennen wir, aus Zeitschriften, aus dem Fernsehen, aus Emergency Room . Auch ohne den ausgestreckten Zeigefinger des Arztes sähen wir es sofort: ein dunkler, runder Fleck in Lottas sonst grauem Gehirn, etwa so groß wie eine 20-Cent-Münze. Ein Loch im Kopf, denke ich und lege eine Hand auf den Bauch.
    Der dunkle Fleck ist ein Kurzschluss zwischen einer Arterie und einer Vene, erklärt der Arzt. Normalerweise fließt das sauerstoffreiche Blut durch die Arterie zum Gehirn, gibt dort den Sauerstoff ab und fließt danach durch die Vene wieder zurück zum Herzen, bei unserem Baby geht es von der Arterie direkt in die Vene. Das sauerstoffreiche Blut nimmt eine Abkürzung – am Gehirn vorbei. Und weil dieser Weg weniger Widerstand bietet, fließt immer mehr Blut zurück, sackt die Ader weiter aus. Das Herz schlägt schneller und schneller, pumpt und pumpt und pumpt beim Versuch, das Hirn doch noch mit ausreichend Blut zu versorgen, pumpt so lange, bis es kollabiert. Lottas Herz schlägt in der Ruhe des Bauches schon jetzt, als würde sie joggen. Es wird schneller werden, wenn wir nichts unternehmen.

    Ich muss im Krankenhaus bleiben und bitte Harry, mein Nachthemd vorbeizubringen. Er bringt eine Tasche voller Sommerkleider. Zum ersten Mal bin ich länger als ein paar Stunden von Ben getrennt. Abends singe ich ihm sein Schlaflied am Telefon vor.
    Tagsüber spielt Jodi mit Ben. Jodi:

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