Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
dem braunen Haar und den goldbraunen Augen Judiths.
»Heutzutage wohnt niemand mehr in Mooshäusern. Die sind zu einfach und zu primitiv. Dieses Haus hier«, erklärte sie energisch, »sieht aus wie eine Negerhütte.«
»Wir haben sechzehn Räume!« widersprach Judith.
»Aber sie sind eng und klein. Und sie haben Wände aus rotem Lehm und liegen alle in einem Geschoß. Wir können hier keine wirklich vornehmen Gesellschaften geben.«
»Man baut jetzt die Häuser aus Zypressenholz«, warf David ein.
Rita lachte verschmitzt. »Weißt du, welchen Eindruck dieses Haus auf mich macht, Mutter? Ich muß immer an Pioniere denken, die in diese Gegend kamen und meinten, sie hätten nun etwas ganz Besonderes.«
»Ja, liebes Kind, so war es auch wirklich«, gab Judith zu.
»Siehst du nicht ein, was wir meinen?« fragte David hartnäckig. »Die Leute achten auf uns. Jeder weiß, daß auf unserer Plantage zuerst Zucker raffiniert wurde und daß Ardeith die erste Baumwollmaschine aufstellte. Aber dieses Haus – nein, das ist wirklich nicht mehr angemessen. Man erwartet von Leuten wie den Larnes etwas anderes.«
Obwohl Judith es nur ungern zugab, erkannte sie doch, daß er recht hatte. Auf fast allen Plantagen ringsum sprach man davon, neue Herrenhäuser zu bauen. Auf einigen Farmen war auch schon mit der Arbeit begonnen worden. Die Häuser aus Lehm und Moos waren ebenso plötzlich aus der Mode gekommen wie der Indigo.
Judith verstand diese neue Entwicklung, aber sie hörte den Plänen ihrer Kinder doch bedrückt zu. Kaum etwas von den Möbeln und anderen Sachen, die ihr so lieb geworden waren, würde in das großartige neue Gebäude mit den beiden Veranden passen, das die Kinder planten. Ihr stattlicher Eßtisch, dessen Platte durch den Gebrauch bei unzähligen Festessen glattgerieben worden war, die Stühle mit den geflochtenen Sitzen und die aus Rohr geflochtene Wiege, in der ihre Kinder geschlafen hatten, selbst das Bett, in dem sie mit Ausnahme von David geboren worden waren – all das würde jetzt zu altmodisch für die Einrichtung einer reichen Pflanzerfamilie sein. Als das Haus aus Zypressenholz dann wirklich gebaut wurde, wanderte sie einsam und niedergeschlagen in den alten Räumen umher. Liebevoll strich sie mit der Hand über Möbelstücke und Vorhänge, als ob sie Freunde wären, denen sie Lebewohl sagte.
»Was wollen wir mit all diesen Dingen anfangen?« fragte sie.
»Ach, die werfen wir einfach fort«, erwiderte David. »Vielleicht können wir einen Teil davon gebrauchen, um die neuen Sklavenhäuser einzurichten«, meinte Philip.
»Nun ja«, gab Judith zu. Die Unternehmungslust, mit der Philip und sie in diese Wildnis ausgezogen waren, konnte nicht eingedämmt werden. Sie war zu stark. Judith war darüber froh. Ihre Kinder wußten nicht, und Philip war zu eifrig bei der Sache, um zu erkennen, wie leicht es gewesen wäre, so weit zu gehen und nicht weiter. Sich zu begnügen mit dem, was bereits erreicht war, und in Frieden und Wohlstand auszuruhen. Judith sprach zu keinem Menschen darüber. Dieses Land war dauernden Veränderungen unterworfen, hier hatte man keine Achtung vor Dingen, die durch Alter geheiligt waren. Jeder regte und rührte sich, die Entwicklung ging schnell voran, und alles Veraltete wurde beiseite geworfen.
Das neue zweigeschossige Herrenhaus wurde weiß gestrichen. Die stattliche Vordertür hatte einen Griff und einen Klopfer aus Messingbronze. Sie führte in eine geräumige, weite Halle. Im Hintergrund war unauffällig eine Treppe angebaut, die man bei Nacht und schlechtem Wetter benützen konnte. Im übrigen waren die beiden Stockwerke durch zwei Treppenläufe verbunden, die zu beiden Seiten des Haupteinganges begannen und in Form eines V nach der oberen Galerie hinaufführten. Äußere Treppen waren für dieses heiße Klima nach der modernen Auffassung ganz besonders geeignet, da man doch die meiste Zeit auf der Veranda zubrachte. Es war daher unbequem, wenn man jedesmal erst ins Haus gehen sollte, um nach oben zu kommen.
Die Hallen im oberen und unteren Geschoß liefen von der Vorderfront bis zur Rückseite durch, damit ständig frische Luft zuströmen konnte, und die Räume, die an beiden Seiten lagen, waren groß und hoch und hatten viele Fenster. Gestärkte weiße Vorhänge und Gardinen gaben ihnen ein freundliches Aussehen, und die Kerzenarme an den Wänden waren mit Unterteilen aus Glas oder blankem Zinn versehen, die den Lichtschein verstärkten. Im Wohnzimmer hing das
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