Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love at Second Sight - Liebe auf den zweiten Blick

Love at Second Sight - Liebe auf den zweiten Blick

Titel: Love at Second Sight - Liebe auf den zweiten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Friedmann
Vom Netzwerk:
schauen auf den Fluss. Mit dem bevorstehenden Ende der Electric Boys habe ich nicht gerechnet. Vor gar nicht mal so langer Zeit hätte ich über diese Aussicht Millionen Tränen vergossen. Nun kann ich ganz gut damit umgehen. Irgendwie ist es so, als hätte ich gerade meinen letzten Milchzahn verloren. Ich schmiege mich an Mike, der seinen Arm um mich legt.
    “Aren’t I too young for you? I’m only fourteen.”
    Mike lacht. “Aren’t I too old for you? I’ll be nineteen next month.”
    Nun müssen wir beide lachen. Ich schließe die Augen. Es geschieht alles zum ersten Mal: Er küsst mich zärtlich und mit viel Gefühl. Wir züngeln mit den Zungenspitzen, Vanillegeschmack mit einem Hauch Schokosoße: Do you know how much I love you ...
    Es sind leider nicht Mikes Worte, nur der neue Klingelton auf meinem Handy. Soll ich es klingeln lassen? Mike rückt ein wenig von mir weg.
    “That’s probably your aunt”, sagt er. “Or your friend.”
    Auf dem Display erscheint Ellen-Jos Nummer. Warum muss sie ausgerechnet jetzt stören?
    “What’s up?”
    “Wo steckst du nur?”, fragt Ellen-Jo im Tonfall einer besorgten Mutter. “Wir warten schon ewig auf dich.”
    “Wer, wir?”
    “Monika und ich, Süße.”
    “Wieso, ist es denn schon eins?”
    “Zehn Minuten habt ihr noch”, sagt Ellen-Jo.
    Es gelingt ihr immer wieder, mich in Erstaunen zu versetzen. Mit allem hätte ich gerechnet, nur nicht damit, dass sie vor mir bei Tante Monika eintrifft.
    “In der Disco war es totlangweilig”, erklärt Ellen-Jo. “Öde Typen und lahme Musik. Und vergiss die Electric Boys! Jeder Junge an unserer Schule ist tausendmal amüsanter. Und wie steht’s mit dir? Wo bist du denn? Ist Mike bei dir?”
    “Mhmh”, nuschele ich.
    “Ach so, er sitzt wohl direkt neben dir. Verstehe. Und, wie küsst er?” Ellen-Jos direkte Art bringt mich ins Schwitzen. Ich spüre, wie ich erröte. Bevor ich etwas sagen kann, hat Tante Monika ihr das Handy aus der Hand genommen und hält mir einen Vortrag über Vertrauen und gegebene Versprechen, die man gefälligst auch einzuhalten habe. Ich solle mir ein Beispiel an meiner Freundin nehmen.
    “Ja, ist ja schon gut. Ich bin gleich bei dir.” Ich beende das Gespräch und möchte zu gerne in die vorherige Schokosoßengeborgenheit und in die Arme von Mike zurückfinden. Er schaut auf seine Armbanduhr und sagt mit einem vorwurfsvollen Unterton: “Do you know what time it is? It’s almost one o’clock. Let’s go and look for a taxi. I’ll take you to your aunt’s, okay?”
    “Okay.”
    Mein Herz möchte die ganze Nacht neben ihm sitzen, ebenso meine Finger, meine Lippen, meine Zunge, aber mein Verstand behält die Oberhand. Und was fühlt er? Er wirkt auf einmal so schrecklich vernünftig: wie der große Bruder, der auf die kleine Schwester aufpasst.
    Im Taxi kuschle ich mich in seinen Arm. Die Fahrt endet viel zu schnell. Mike bleibt im Wagen sitzen.
    “I’ll see you soon in London”, sagt er. “Do you know how much ...” Die letzten Worte werden von einem knatternden Motorrad verschluckt, das gerade um die Ecke biegt.
    “See you soon in London!”, rufe ich dem abfahrenden Taxi hinterher.

Weitere Kostenlose Bücher