Love just happens
verkehrt herum einfädeln, sodass die Schleife unten an den Zehen wäre, und den abgewetzten Stoff dazwischen würde ich mit Knöpfen überkleben, aber so, dass genug Platz bleibt, um die Socken durchschimmern zu lassen (gestreifte, denke ich).
Die Knopfidee gefällt mir und die Schleife unten an der Schuhspitze auch, aber ich kann nichts damit anfangen, kann es nicht sehen. Ich habe alles probiert, hab auf »ich selber sein«, auf »normal sein« gemacht, aber die ganze Zeit spielt mein Verstand mir Bilder zu und der Abend bei Ryan läuft tausendmal vor mir ab, eine Endlosschleife, die mich wach hält, sodass ich jetzt hier im Bett sitze. Und grüble.
Und an den Kuss denke.
Gleich werde ich das alles von mir stoßen, ganz bestimmt – nur noch eine winzige Sekunde, einen letzten Moment will ich es festhalten.
Dann werfe ich die Zeitschrift vom Bett herunter und dränge den Gedanken zurück, der gleich dahinter auftaucht:
Vielleicht könnte Ryan jetzt mit dir zusammen sein. Brianna macht doch auch mit einem anderen rum. Also warum soll Ryan dann nicht dich küssen?
Hätte ich doch nur Nein gesagt, als sie mich heute Abend angebettelt hat, zu Ryan mitzukommen. Ich sage nicht oft Nein zu Brianna, aber wenn ich es getan hätte,müsste ich jetzt nicht wach liegen und stumme Streitgespräche mit mir führen, ob und wie schlimm es tatsächlich ist, dass ich Ryan geküsst habe: EINE KATASTROPHE, schreit mein besseres Ich und gleichzeitig protestiert alles in mir: ABER ES WAR DOCH SO SCHÖN, VERDAMMT NOCH MAL!
Ich nehme ein undekoriertes Sneakerpaar, schlichtes weißes Leinen, und betrachte es, überlege mir, was ich damit anfangen könnte. Ich lasse einen Finger darübergleiten, versuche mir eine Zeichnung vorzustellen.
Ich male Würfel mit dem Finger.
Würfel wie die, an die Ryan sich erinnert, über die wir an dem Abend gesprochen haben …
Okay, stopp. Daran denke ich jetzt nicht. Schluss.
Einfach anfangen, ermahne ich mich. Welche Farbe soll ich nehmen?
Weiß. Ich kann keine Farbe sehen. Heute Nacht sehe ich überhaupt nichts, nur den Kuss, und ich kann einfach nicht damit aufhören.
Will nicht aufhören.
Wenn doch nur jemand käme und mir sagen würde, was ich tun soll, wie ich es hinkriege, dass alles gut wird, aber da ist nichts, nur Nacht und Stille und meine eigenen verworrenen Gedanken.
Kapitel 22
Am nächsten Morgen. Ryan taucht bei mir zu Hause auf. Er erzählt meinen Eltern, dass wir Laborpartner seien, und am Ende landen wir in meinem Zimmer oben und sitzen nebeneinander, ganz still, eine prickelnde Stille, und dann küssen wir uns und er sagt, dass er nicht mehr ohne mich leben kann, dass er mit mir zusammen sein will. Und Brianna weiß es schon, weil er gestern Abend mit ihr geredet hat. Weiß es und freut sich für uns, will, dass wir miteinander glücklich sind, weil ich doch ihre beste Freundin bin und …
Ach, vergiss es.
In Wahrheit esse ich Haferflocken und mache mich für die Schule fertig. Ryan taucht nicht auf, und selbst wenn, wüsste ich trotzdem nicht, wie ich meinen dummen Tagtraum mit einem Happy End krönen sollte – glücklich bis an unser Lebensende.
Brianna holt mich ab und erzählt mir auf der Fahrt zur Schule: »Ryan war gestern Abend so süß zu mir. Er hat mich zu meinem Auto begleitet und mir gesagt, wie sehr er mich mag und dass wir reden müssen, und ich wollte ja auch, aber ich musste nach Hause, denn so, wie Mom in letzter Zeit drauf ist, hab ich mich nicht getraut … Na, du weißt schon. Wirklich blöd, aber in dem Momentwusste ich wieder, was ich so an ihm liebe – dass er es wirklich ernst meint, wenn er mir sagt, wie wichtig ich ihm bin und so …«
Liebe. Sie hat Liebe gesagt.
Das hat sie noch nie von einem anderen Jungen gesagt. Nie. Warum dann jetzt?
»Klar mag er dich, wie auch nicht?«, sage ich, aber meine Worte kommen rau heraus, traurig, und sie sagt: »Sarah, du findest schon noch jemand, keine Sorge. Lach dir doch mal ’nen Freshman an oder so. Einfach Spaß haben. Vielleicht kannst du dir einen angeln, der mit dir ausgeht.«
»Ja, vielleicht.« Warum auch nicht? Vielleicht sollte ich mir wirklich einen Freshman angeln. Vielleicht. Ich sacke in meinem Sitz zusammen und Brianna lächelt und singt die Songs mit, die sie laufen lässt.
Jetzt, in diesem Moment, hasse ich mein Leben noch mehr als mich selbst.
Ich warte darauf, dass mein schlechtes Gewissen sich meldet, wegen allem, was ich so mit mir herumschleppe. Jeder weiß doch, was richtig
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