love sheriffs
der du gesprochen hast.«
Deborah, das einarmige schwarze Puppenmädchen, sitzt auf der Wohnzimmercouch. Aber Nancy liegt in meinem Jugendzimmerbett, in dem ich zurzeit schlafe. Ich möchte auf keinen Fall, dass Daniel das sieht. Eine dreißigjährige Frau lebt in ihrem alten Jugendzimmer und schläft unter Take-That-Postern mit einer Puppe im Bett. Auch ich habe eine Schamgrenze, deren Überschreitung ich nicht überleben würde. Also zeige ich auf Deborah und sage: »Das ist sie.«
»Diese eine Puppe? Das ist alles?«
»Das ist alles.«
»Beeindruckende Sammlung«, sagt Daniel.
»Ich meinte, das sind alle Puppen, die ich hier habe. Zu Hause - oder besser gesagt: da, wo ich früher mal gewohnt habe - sind natürlich noch mehr.«
»Du hast zu Hause noch eine Puppe?«
»Noch viele.«
Daniel reibt sich nachdenklich das Kinn. »Und wirst du zu deinen Puppen zurückkehren oder sie zu dir?«
Hilflos zucke ich mit den Schultern. »Wir sollten jetzt wirklich fahren. Ich bekomme langsam Hunger.«
Als wir vor der Haustür wieder auf den Baum und die übrigen Sachen stoßen, kommt Daniel eine Idee.
»Wie wäre es, wenn wir den Baum bei mir pflanzen? Ich habe genügend Platz und ich verspreche dir, mich immer gut um ihn zu kümmern. Es wäre natürlich dennoch dein Baum, und solange er steht, gehört der Platz unter ihm dir. Was hältst du davon?«
»Du schenkst mir einen Platz in deinem Garten?«
»So ist es. Und sollte ich irgendwann das Haus verkaufen - was ich nicht vorhabe -, müsste der Käufer den Baum und dich übernehmen.«
Ich schaue ihn prüfend an. Er scheint es ernst zu meinen. »Du willst mich also in deinen Garten pflanzen wie einen Fliederbusch?«
»Einer, der kommen und gehen kann, wann er will«, sagt Daniel. »Das dürfen nur die wenigsten Fliederbüsche.«
»Ich bin die Königin der Fliederbüsche«, sage ich würdevoll.
»Und eine wunderschöne noch dazu.«
»Na gut, dann pflanz mich.«
Es dauert keine zwanzig Minuten, bis wir bei Daniel zu Hause ankommen. Als wir das große Gebäude betreten, bin ich sofort fasziniert von der offenen, großzügigen Struktur des Innenraums, von der Höhe und Weite und dem rauen Charme des dunklen Gebälks und der Mauern aus großen Feldsteinen, die reizvoll mit den weitflächigen Glasfronten kontrastieren und ... - kurzum: von dem wahr gewordenen Traum jedes modernen Städters von urwüchsiger Gemütlichkeit! Das Erdgeschoss besteht praktisch aus einem riesigen Wohnraum, an den sich im hinteren Bereich eine Küche im Retro-Design anschließt. Eine breite Holztreppe führt in das Obergeschoss, wo sich Schlaf- und Badezimmer befinden. Es ist behaglich warm, ein Feuer brennt im Kamin, Musik schwebt in der Luft, begleitet von einem leichten Duft von Paprika und Fleisch. Offenbar hat Daniel schon mit dem Kochen angefangen.
»Du hättest mich nicht abzuholen brauchen, wenn du mitten im Kochen bist«, sage ich. »Ich hätte auch alleine hierhergefunden. «
»Die paar Minuten zu dir waren kein Problem. Sicher hättest du mich gefunden. Aber ich wollte dir doch das Bäumchen bringen.« Er zeigt auf den liebevoll gedeckten Esstisch, der zwischen Küche und Wohnzimmer steht. »Setz dich schon mal, Pia. Ich habe dir als Aperitif einen Sherry und Pistazien an den Platz gestellt. Ich brauche nur noch kurz, dann können wir essen.«
Ich setze mich auf meinen Stuhl, nippe am Sherry und schaue über die Kerzenflamme hinweg auf eine Glasfront, hinter der sich ein verwilderter Garten im Mondlicht abzeichnet. Mein Garten. Ich meine natürlich, der Garten, in dem mir demnächst ein kleines Plätzchen unter meinem Baum gehört. Aber aus einem kleinen Baum wird ein großer Baum und aus einem kleinen Platz darunter wird ein ganzer Garten. Ein Garten für die Fliederkönigin.
Nach einer halben Schale Pistazien kommt Daniel mit zwei Tellern aus der Küche. Über seinen Arm hat er kellnermäßig ein Handtuch gelegt. Ein verlockender Duft steigt mir in die Nase. Wenn das Essen auch nur halb so lecker schmeckt, wie es riecht, darf Daniel gerne gleich beide Teller bei mir abstellen.
»Voilà, Kalbsmedaillons in Madeira mit Paprikareis und Salat. Der Küchenchef wünscht guten Appetit. Der Salat kommt sofort.«
Er eilt zurück in die Küche und bringt die Salatschalen.
»Stimmt etwas nicht?«, fragt er, als er sieht, wie ich unglücklich auf meinen Teller schaue.
»Das sieht köstlich aus«, sage ich. »Und es riecht auch köstlich und schmeckt bestimmt
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