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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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wohnt in Paris.«
    Â»Oh.« Ich erinnerte mich, dass Felix mir von der Scheidung seiner Eltern erzählt hatte, doch auf die Idee, nach seinem Vater zu fragen, war ich dabei gar nicht gekommen. »Aber …«
    Â»Ich weiß, was du fragen willst«, unterbrach er mich und stocherte mit der Gabel in seinem Salat herum, ohne etwas zu essen. »Warum bin ich auf ein Internat gegangen und nicht zu meinem Vater gezogen? Das ist es doch, oder? Aber das war nie eine Option.« Die Zinken der Gabel trafen eine schwarze Olive, erdolchten sie und Felix schob sie sich gedankenverloren in den Mund.
    Â»Mein Vater ist Fotograf, er macht Reisereportagen. Damit ist er ziemlich erfolgreich, seine Bilder verkauft er an bekannte Reisemagazine, deshalb ist er fast das komplette Jahr überall in der ganzen Welt unterwegs. So war es schon, als ich noch klein war, eigentlich war er fast nie zu Hause. Was meinst du, warum meine Eltern sich haben scheiden lassen?«
    Es war klar, dass Felix keine Antwort erwartete. Mechanisch aß er seinen Salat und ich steckte mir ebenfalls eine Gabel voll schokoladiger Crêpe in den Mund. Wir schwiegen eine Weile, dann fuhr er fort zu erzählen.
    Â»Das Apartment meines Vaters liegt hier ganz in der Nähe, aber er ist so gut wie nie da. Anfangs habe ich ihn noch ein oder zwei Mal pro Jahr besucht, aber jetzt habe ich ihn schon seit fast zwei Jahren nicht mehr gesehen.«
    Â»Willst du deshalb in Paris studieren?«, fragte ich und hätte mir im selben Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. Die Frage kam mir plötzlich viel zu persönlich vor.
    Â»Vielleicht«, erwiderte er ehrlich. »Vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht. Was ich vorhin gesagt habe, stimmt schon. Dass ich einfach auf die bestmögliche Uni gehen möchte.«
    Wieder kreiste die Gabel über dem Salatteller, als suchte Felix zwischen dem Grünzeug nach einer überzeugenden Erklärung. Schließlich ließ er das Besteck neben den Teller sinken, dann gab er sich einen Ruck.
    Â»Kurz nach der Scheidung – ich war zehn Jahre alt und mein Vater war gerade erst nach Paris gezogen – habe ich ihn das erste Mal besucht.« Felix’ Blick ging über den Bistrotisch in die Ferne. »Damals ist er mit mir auf den Eiffelturm gestiegen, um mir die Stadt, die mir einfach nur riesig vorkam, von oben zu zeigen. Ich war total beeindruckt.« (Unter Höhenangst schien Felix also schon mal nicht zu leiden.)
    Â»Mein Vater stand an der Brüstung und streckte seinen langen Arm aus, um mir alles zu erklären, was wir sahen. Es war, als würde er mir die Welt schenken und sagen: Hier hast du sie, Junge, jetzt mach was draus!« Felix atmete tief durch. »Aber leider«, schob er hinterher, »weiß ich bis heute nicht so genau, wie ich das anstellen soll.«
    Ich kaute auf meiner Crêpe herum, bis die Schokolade meinen ganzen Mund ausfüllte. Was sollte ich dazu sagen? Felix, der mir bislang so zielstrebig erschienen war, wirkte mit einem Mal verloren. Er nahm die Brille ab und putzte mit seinem T-Shirt ausgiebig über die Gläser. Überrascht stellte ich fest, dass sein Gesicht ohne das dicke Gestell richtig hübsch aussah, die braunen Augen waren viel größer, als ich vermutet hatte, und er wirkte ein bisschen verletzlich. Dann setzte er die Brille wieder auf die Nase und fuhr sich mit der Hand durch die dichten, dunklen Haare.
    Â»Ich habe lange nicht mehr an dieses Erlebnis gedacht.« Er sprach nun leiser, fast wie zu sich selbst. »Erst vorhin, als wir unter dem Eiffelturm standen, ist es mir wieder eingefallen.«
    Â»Wolltest du deshalb nicht hoch?« Auch ich senkte meine Stimme, als würden wir ein Geheimnis teilen.
    Â»Kann schon sein.« Unschlüssig zuckte er mit den Schultern. »Aber das hätte ich Tobias ja schlecht erklären können, oder?«
    Â»Wieso?«, fragte ich, aber eigentlich kannte ich die Antwort.
    Â»Keine Ahnung.« Wieder ein Schulterzucken. »Manche Sachen gibt man halt nicht gerne zu. Ich weiß gar nicht, warum ich es dir erzähle …«
    Ich war auch überrascht davon, zumal ich Felix noch nie so viel am Stück hatte reden hören – vermutlich lag das daran, dass bisher meistens sein Kumpel das Gespräch an sich gerissen hatte. Gleichzeitig konnte ich ihn besser verstehen, als ich zugeben wollte. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, gab ich deshalb ein

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